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Berlin: Bauherr durchkreuzt Pläne fürs Mauergedenken

An der Bernauer Straße haben Bauarbeiten für ein Wohnhaus begonnen. Genau auf dem Gelände wollte Kultursenator Flierl eine Gedenkstätte schaffen

An der Bernauer Straße gibt es neuen Ärger um das Mauergedenken. Am Dienstag haben auf einem Eckgrundstück an der Ackerstraße Bagger damit begonnen eine Baugrube auszuheben – exakt in der Mitte des ehemaligen Todesstreifens und in der Sichtachse zwischen dem Mauer-Mahnmal und der Kapelle der Versöhnung. Hier soll ein neues Wohnhaus entstehen. Wenn es fertig ist, würde es die von Kultursenator Thomas Flierl in der letzten Woche vorgestellten Pläne für das Mauergedenken konterkarieren.

Aber: Die Bauarbeiter tun nichts Verbotenes. Der Grundstückseigentümer hat eine gültige Baugenehmigung. Er zeigte dem Bezirksamt Mitte am 27. Juli an, dass er nunmehr mit den Bauarbeiten beginnen werde. Es seien Tatsachen geschafen worden, sagte Flierl. Er hat also sein Mauerkonzept vorgestellt, ohne zu prüfen, ob einige der Grundstückseigentümer eine Baugenehmigung haben. Die hat das Bezirksamt in diesem Fall vor knapp drei Jahren erteilt – zu einem Zeitpunkt, als von einer größeren Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße keine Rede war.

Zur gleichen Zeit, als die Bagger auf dem Grundstück Ackerstraße 41 loslegten, beschloss der Senat am Dienstag auf seiner Sitzung im Roten Rathaus, das er das Planungsverfahren für die Bernauer Straße an sich zieht. Der Auftrag an Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) lautet: Die Errichtung der Mauergedenkstätte nach Flierls Plänen planungsrechtlich zu sichern. Dem ist jetzt der Bauherr an der Ackerstraße zuvor gekommen.

Die Konsequenz ist allen beteiligten Behörden klar: Das wird teuer. Flierl hatte in der vergangenen Woche ausgerechnet, dass es 13 Millionen Euro kosten werde, sein Mauergedenken umzusetzen. Geplant ist, das bestehende Mauergedenk-Ensemble aus der bestehenden Gedenkstätte, der Kapelle der Versöhnung und dem Dokumentationszentrum Berliner Mauer zu einer Erinnerungslandschaft zu erweitern. Noch erhaltene Spuren der Grenzanlagen sollen sichtbar gemacht und Schicksale von Maueropfern an Gedenktafeln erläutert werden.

Wichtigster Bestandteil dieser Landschaft ist aber die freie Sicht zwischen dem Denkmal und der Kapelle. Die würde durch das neue Haus gestört. Wie viele weitere gültige Baugenehmigungen es in dem Bereich der künftigen Erinnerungslandfschaft gibt, konnten die Behörden gestern nicht sagen. „Den Bezirk trifft aber keine Schuld“, sagt die Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, Petra Rohland. Er habe die Baugenehmigung erteilen müssen, weil die Grundstückseigentümer darauf ein verbrieftes Recht haben. Eine Baugenehmigung könne erst versagt werden, wenn wichtige Gründe dagegen sprechen – wie die Pläne für eine Mauergedenkstätte, die im gesamtstädtischen Interesse liege. Doch diese Planung habe erst gestern begonnen – viel zu spät.

Bislang sind die Ämter allerdings davon ausgegangen, dass an der Ackerstraße nicht gebaut wird. Das Bauschild steht nämlich schon seit Jahren, getan hatte sich bisher aber nichts.

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