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Reich an Geschichte. Die Stadtentwicklungsverwaltung überlegt, leer stehende Flächen im Flughafengebäude Tempelhof für Behörden zu nutzen.

© Thilo Rückeis

Bausenator prüft Umzug ins Flughafengebäude: Polizei soll Platz für Wohnviertel in Kreuzberg machen

Bausenator Andreas Geisel prüft einen Umzug der Polizei vom Kasernengelände am Columbiadamm ins Flughafengebäude. Auf dem altem Gelände könnte ein Wohnviertel entstehen. Die CDU will den Airport lieber für die Kreativbranche nutzen.

Das zur Hälfte leer stehende und vor sich hin bröckelnde Airportgebäude am Tempelhofer Feld könnte nach Plänen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Sitz von Ämtern, Verwaltungen und Polizei ausgebaut werden, die schon heute dort wichtigste Mieter sind. Der Charme dieser Strategie liegt darin, dass die frei werdenden Amtssitze in Mietshäuser umgebaut werden und zur Bekämpfung der dramatischen Wohnungsnot in Berlin dienen könnten. Im Visier der Planer aus dem Haus von Bausenator Andreas Geisel (SPD) ist das dafür besonders geeignete historische Kasernengelände an der Friesenstraße, mit direktem Anschluss an Kreuzbergs begehrten Bergmannkiez.

Ein 110000 Quadratmeter großes Quartier könnte entstehen

Berliner kennen den von roten Backsteinbauten geprägten Block zwischen Columbiadamm, Friesen- und Jüterboger Straße, weil fast jeder dort schon mal mit den Kfz-Kennzeichen unterm Arm seinen neuen Gebrauchten angemeldet hat. Und dahinter erstreckt sich ein rund 110000 Quadratmeter großes Quartier mit 32 Gebäuden. Darin untergebracht sind ein Landesamt, eine Polizei-Direktion und die -Motorradstaffel, die Staatsgäste begleitet. Geprägt ist der Block von den historischen, zinnenbekrönten Backsteinbauten, die ab 1895 als Kaserne für das vierte Königin-Augusta-Garde-Regiment entstanden. Von dort ritten deren Grenadiere auf das Tempelhofer Feld, das als Übungsplatz diente.

Baudenkmäler wie die frühere Kaserne an der Friesenstraße sind begehrt am Immobilienmarkt: Gleich um die Ecke, im Schultheiß-Areal am Kreuzberger Viktoriapark, wurden Wohnungen für über 4000 Euro je Quadratmeter verkauft. Solche Baudenkmäler sind für Projektentwickler Preziosen, „weil es dafür große Steuervorteile bei Bauinvestitionen gibt“, sagt Entwickler Willo Göpel. Der besondere Kick der Idee besteht darin, dass das Land Berlin durch den Verkauf der Flächen Millionen einnehmen würde, die es dringend zur Sanierung des maroden Flughafengebäudes benötigt.

Evers fürchtet, dass die Verwandlung des Airportgebäudes zum Verwaltungsstandort das Aus bedeuten könnte

Evers fürchtet, die Verwandlung zum Verwaltungsstandort wäre das Aus

„Ich warne davor, neue Nutzungspläne für das Flughafenareal hinter den verschlossenen Türen der Stadtentwicklungsverwaltung zu entwickeln“, sagte der CDU-Fraktionsvize Stefan Evers, der an die Lehren aus dem Tempelhof-Volksentscheid erinnerte. Von den Ideen in Geisels Verwaltung hat er ebenfalls Wind bekommen. Evers fürchtet, dass die Verwandlung des Airportgebäudes zum Verwaltungsstandort das Aus bedeuten könnte für die bisher geplante Entwicklung zum „Kreativquartier“ mit Sitz junger innovativer Hightech-Firmen und Start-Ups. Seine Fraktion halte an diesem Entwicklungsschwerpunkt fest und setze sich für die notwendigen Investitionen ein. Jedes Nutzungskonzept für Tempelhof müsse sich daran messen lassen.

Schildbürger. Auch die Kfz-Zulassungsstelle in der Jüterboger Straße soll umziehen, allerdings wohl nicht in das denkmalgeschützte Gebäude am Columbiadamm. Die Container mit den Versicherungsbüros würden dann auch fortziehen.
Schildbürger. Auch die Kfz-Zulassungsstelle in der Jüterboger Straße soll umziehen, allerdings wohl nicht in das denkmalgeschützte Gebäude am Columbiadamm. Die Container mit den Versicherungsbüros würden dann auch fortziehen.

© Kai-Uwe Heinrich

Für Kreative sind die Büroflächen im Airport-Gebäude allerdings bedingt geeignet: Viele sind verwinkelt und duster, bieten keine zeitgemäße Netzwerk- und Kommunikationstechnik und müssten für viele Millionen aufgepeppt werden. Ein Zuschussgeschäft, denn diese hohe Kosten sind Experten zufolge nicht wieder hereinzuholen durch die begrenzte Zahlungskraft junger Firmen, zumal auch Heizungs- und andere Betriebskosten des verwitterten Gebäudes sehr hoch sind. Wie berichtet hatten zwei übereinstimmende Gutachten den Sanierungsstau am Airport-Gebäude mit fast einer halbe Milliarde Euro beziffert.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es zu den Plänen ausweichend, dass „große Teile des Flughafengebäudes seit langer Zeit von öffentlichen Institutionen genutzt werden“. Dazu gehören der Polizeipräsident (rund 46 000 Quadratmeter), die Verkehrslenkung Berlin (5500 Quadratmeter) und das Zentrale Fundbüro (rund 1600 Quadratmeter). Wichtigste Mieter aus der „Kreativwirtschaft“ sind die Agentur Exozet (2000 Quadratmeter), die „Social Return“ Stiftung (1300) und die Gesellschaft für Stadtentwicklung (600). Nicht antasten will die Senatsverwaltung das Unterhaltungsprogramm am Airport: „Veranstaltungen, Messen, Kongresse und Events finden in den sieben Hangars, der Haupthalle sowie auf dem betonierten Vorfeld statt. Diese Flächen kommen für eine Behördennutzung nicht infrage“.

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