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Berlin: Baustelle des Gedenkens

Die Fundamente für das Holocaust-Mahnmal werden schon gelegt: Wir erklären, was auf dem Gelände passiert

Von Lothar Heinke

Nach jahrelangem Stillstand ist jetzt kräftig Bewegung in den Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas gekommen. Baufahrzeuge fahren auf eigens für sie angelegten provisorischen Baustraßen über das 19000 Quadratmeter große Gelände am Rande des Tiergartens zwischen Ebert-, Wilhelm- und Behrenstraße. Eine architektonische Komposition der ungewöhnlichen Art wird hier begonnen. Passanten schauen am Rande zu, doch wenige wissen, was auf Berlins ungewöhnlichster Baustelle nun passiert.

Deshalb geben wir auf dieser Seite einen ersten Überblick: Schon stehen Kräne bereit, um die schweren Stelen an ihre Standorte zu hieven. Zuvor wird das Gelände terrassiert, am hinteren südwestlichen Rand sind schon die ersten Fundamente für die Stelen fertig. Aufgestellt werden sie ab Ende September im Uhrzeigersinn in Richtung Behren- und Wilhelmstraße.

Auf der linken Seite des Fotos erkennt man die Baugrube für den künftigen „Ort der Information“. Hier liegt bereits ein Teil der Bodenplatte für den Gedenkort, in dem in vier Räumen dargestellt wird, wem das Mahnmal gewidmet ist. Der Gedenkort befindet sich, durch zwei Treppen und einen Fahrstuhl erreichbar, direkt unter dem Stelenfeld. Er wird also überbaut, und das bedeutet: Er muss fertig sein, bevor die Stelen darüber aufgestellt werden können.

Der Bau-Koordinator der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Günter Schlusche, beschreibt das Areal als „etwas absolut Besonderes“: Dies sei eine „horizontale Baustelle“, ganz anders als die üblichen Bauplätze, bei denen man vor einem Gerüst steht und nicht weiß, was dahinter passiert. „Wir haben hier eine unglaubliche Transparenz, wo man von allen Seiten zugucken kann, wie das Mahnmal wächst, bis es zum 8. Mai 2005 fertig ist.“ Einen Überblick gibt eine Aussichtsplattform an der Ebertstraße mit zehn Infotafeln. Sie erläutern das architektonische und inhaltliche Konzept, die Geschichte und Entwicklung des Geländes und die Aufgaben der Stiftung.

Von dieser Plattform aus lässt sich sehr gut beobachten, dass zurzeit viele unterschiedlich hohe Terrassen angelegt werden, auf denen die Fundamente für die Stelen stehen. Diese Terrassen, die teils bis zu 2,4 Meter tief im Boden liegen, geben den unregelmäßigen, aber stufenlosen Verlauf des Stelenfelds wieder, das der Besucher später erleben kann. Jede Stele hat eine andere Höhe und Neigung – etwa ein Jahr wird es dauern, bis die 2700 Stelen aufgestellt sind. Jede ist 0,95 Meter dick und 2,38 Meter breit, die Höhen variieren zwischen 0,2 und 4,8 Metern, wobei die niedrigsten Stelen an den Außenrändern des Mahnmals stehen.

Das Gelände wird sanft, aber unregelmäßig geneigt sein und kann von allen Seiten begangen werden. Seine wellenförmige Gestalt wird von jedem Standort anders wahrgenommen. Der Effekt eines wogenden Kornfeldes oder plätschernder Wellen entsteht durch die Unebenheit des Bodens und die verschiedenen Höhen der Stelen.

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