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Berlin steuert auf eine Verkehrschaos zu.

© picture alliance / dpa

Baustellen in Berlin: Dem Norden droht ein Verkehrschaos

Die Autos: im Stau. Die Piste: marode. Der Tunnel: undicht. Die U-Bahn: baufällig. Wie Berlin auf einen Verkehrskollaps zusteuert und Bürger und Wirtschaft erzürnt.

Dauerstau gibt es oft genug auf der A 111 – in naher Zukunft aber droht die komplette Abkoppelung von Tegel, Frohnau und dem Rest des nördlichen Berlins vom U-Bahn- und Autobahn-Netz. Für die Nutzer dieser viel befahrenen Einfallschneisen in die Stadt wäre das der Gau. Der Senat könnte das zwar verhindern, zumal Geld vom Bund für die Trassensanierung vorhanden ist. Aber die Bauverwaltung hat anderes zu tun – und diesen Job einer Tochterfirma übertragen. Und weil die BVG nach Tagesspiegel-Informationen in zwei Jahren außerdem die U6 zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Borsigwerke vom Netz nimmt, droht der Kollaps im Norden.

BVG-Sprecherin Petra Reetz bestätigte auf Anfrage, dass die „gesamten Gleis- und Erdanlagen der U 6 erneuert werden müssen“. In diesem Zuge würden auch die Bahnhöfe erneuert. Der genaue Termin stehe noch nicht fest, „aber das muss gemacht werden, 2017 oder 2018“. Für den CDU-Abgeordneten Tim-Christopher Zeelen „besteht deshalb die Gefahr, dass die Berliner aus Frohnau, Hermsdorf, Borsigwalde und Heiligensee kaum noch in die Stadt kommen“. Zeelen erlebt seit Jahren immer wieder den Stau auf der Autobahn und das Gedränge in der U-Bahn, weil er selbst auch von Tegel aus zum Parlament muss.

Die Vorboten sind schon da

Und die Berliner in seinem Wahlkreis liegen ihm deswegen in den Ohren. Zwei Anfragen stellte Zeelen dazu an den Senat, wollte wissen, wann denn wenigstens der ständig gesperrte Autobahn-Tunnel Ortskern Tegel saniert wird. Einen Termin dafür gibt es nicht. Anders war das bei der Avus, die eine ähnliche Bedeutung im Süden für Pendler und Warenverkehr hat wie die A111 – sie wird seit Jahren saniert.

Dagegen wird der drohende Verkehrsinfarkt rund um Tegel wohl erst Ernst genommen, wenn er eintritt. Die Vorboten sind schon da: Laut Senat kam es in den vergangenen drei Jahren zu 150 „kurzzeitigen Teilsperrungen für Sofortmaßnahmen“, etwa Schlaglochbeseitigungen.

Geld für die Sanierung ist da

Das Bauwerk zwischen Holzhauser Straße und Waidmannsluster Damm ist alt und marode: Grundwasser dringt in die Gemäuer und beschädigt die Fahrbahn; und im Winter ist seit Jahren stets die Rede von „überfrierender Nässe“ im undichten Tunnel, weshalb dee Fahrbahn gesperrt wird. Die Verkehrslenkung bremst Autofahrer auf Tempo 60 ab, dauerhaft.

Das Geld für die Sanierung ist zwar da, in Angriff nimmt es der Senat aber erst mal nicht: „Die Benennung eines Beginns der Instandsetzungsarbeiten setzt einen bestimmten Planungsstand voraus, der noch nicht erreicht ist“, so die Bauverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage im – März. Deshalb „kann derzeit kein konkreter Baubeginn genannt werden.“ Auf Tagesspiegel-Nachfrage hieß es außerdem: „Das Land Berlin hat die Deges mit der grundhaften Erneuerung der BAB A 111 einschließlich der bau-, betriebs- und verkehrstechnischen Instandsetzung sämtlicher Tunnelanlagen auf diesem Abschnitt beauftragt“. Die Tochter-Firma von Bund und Ländern habe mit „der Erarbeitung von Verkehrskonzepten begonnen“. Sanierungsbeginn? Unklar.

Personelle Verstärkung in den Verwaltungen

Für Berlins Wirtschaft ist die Sache klar: „Mit ihrer aktuellen personellen Ausstattung können die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die Verkehrslenkung Berlin und die Straßen– und Grünflächenämter der Bezirke die anstehenden Herausforderungen nicht bewältigen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von IHK, Handwerkskammer, Bauindustrieverband und Fachgemeinschaft Bau. Weil die Stadt rasant wächst, fordern sie dringend „personelle Verstärkung“ in den Verwaltungen, damit die „Straßen-, Schienen und Leitungsnetze“ zügig ausgebaut werden können.

Der Aufschub der Arbeiten am Tunnel Tegel-Ortskern wäre vermutlich zu verschmerzen, wenn die BVG nicht außerdem noch Teile der U-Bahn-Linie 6 vom Netz nehmen würde. 2017 muss die BVG Bautrupps auf die Trasse schicken, weil das dort oberirdisch verlaufende Gleisbett saniert werden muss.

"Staus bis nach Stolpe"

Unter der Last der Züge sackt der 1958 aufgeschüttete Damm ab. Viele Pendler müssten dann wieder ins Auto umsteigen und sich durch den Tunnel Tegel quälen. Falls der dann geschlossen ist, wegen Überschwemmung oder – schlimmer noch – weil dann tatsächlich der Tunnel Tegel Ortskern grundlegend saniert wird, wäre das Chaos komplett. Denn dann müssten sich die weit über 90000 Autos täglich über die parallel verlaufende Berliner und Seidelstraße quälen.

Zumal eine andere Umfahrung, nämlich über den Autobahnstummel zwischen Eichborndamm und Kurt-Schumacher-Damm außerdem still gelegt und „entwidmet“ wird, sobald der Flugbetrieb in Tegel eingestellt wird. Auch das steht 2017 an. „Dann gibt es Staus bis nach Stolpe raus“, sagte Zeelen voraus. So wie es zurzeit laufe, würden „die Menschen im Nord-Westen mit dem Problem allein gelassen“.

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