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Bausünden: Am Spreedreieck wächst ein dunkler Klotz

Im Modell wirkt das Spreedreieck-Hochhaus luftig transparent, doch nach der Montage erster Fassaden kommen Zweifel auf: Sie wirken viel düsterer als das Modell.

Als KIaus Wowereit kürzlich bei einem Besuch des Alexanderplatzes über dortige Neubauten wetterte, setzte er eine lebhafte Stadtbild-Debatte in Gang. Vielleicht wird der Regierende Bürgermeister künftig auch die Umgebung des Bahnhofs Friedrichstraße näher betrachten. Das umstrittene Hochhausprojekt „Spreedreieck“ erhält gerade erste Fassadenteile, und die wirken ausgesprochen düster. Anders, als auf dem Bauschild. Wird Wowereit wieder meckern müssen?

Der geschwungene zehnstöckige Bürobau, derzeit noch weitgehend ein Betonskelett, wächst gegenüber dem Melia-Hotel und dem Admiralspalast langsam von unten mit doppelseitigen Fassadenteilen zu. Er dunkelt nach oben. Auffallend sind anthrazitfarbene Lüftungslamellen aus Aluminium unter den Fenstern, die das Haus und die Friedrichstraße verdüstern. Passanten schauen auf das erste Stockwerk und stellen sich vor, wie das Bürohaus erst aussieht, sollten die Mieter einziehen. Wenn das große Bauschild auf dem Gelände nicht wäre, kämen sie vielleicht nicht ins Grübeln.

Aber dort ist ein elegantes Bauwerk abgebildet, das licht und luftig transparent wirkt, in der Sonne glänzt, fast blendet und wie eine weiße Wolke schwebt. Es erinnert in abgespeckter Form an jenen gläsernen Hochhausbau, den einst Ludwig Mies van der Rohe hier errichten wollte; an den mit seinem Spreedreieck auch der inzwischen verstorbene Architekt Mark Braun erinnern wollte.

Hat sich zwischen abgebildetem Entwurf und der praktischen Planung etwas geändert, hat die Kontrolle versagt, kann jeder bauen wie er will? Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sagte, der Bezirk habe die Fassade im Detail geklärt, Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) ließ sich wegen einer Dauersitzung nicht sprechen, ebenso der Hamburger Bauherr Harm Müller-Spreer, in den USA unterwegs.

Aber das beauftragte Büro für Planung und Controlling war ansprechbar und meinte, es bestehe kein Grund zur Aufregung. Alles werde in Form und Farbe so installiert, wie es genehmigt worden sei. Die Farbe der Fassade sei zuvor „x-fach bemustert“, eine Musterfassade aufgestellt und dann entsprechend bestellt worden. Kritische Betrachter der Fassade müssten auch bedenken, dass es in der ersten Etage noch keine Reflektion gebe und hinter den Fenstern alles zappenduster sei, möglicherweise grauer Himmel alles dunkler erscheinen lasse.

Auch beim Sony-Center sei das so, wenn man dort nur die unteren Etagen betrachte, dann wirke auch das Hochhaus recht düster. Der Projektleiter gab allerdings zu, dass die Abbildung des Spreedreiecks auf dem Bauschild ein helleres Bild zeichnet. Das sei eben das schwierige an Computerzeichnungen. „Vielleicht hat da jemand zu heftig auf die Lichttaste gedrückt“. „Auf Bildern sieht immer alles anders aus“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser, dem das Spreedreieck ohnehin nicht geheuer ist und der den Untersuchungsausschuss über die Bau-Hintergründe mit initiierte. Die Genehmigungsbehörden müssten Pläne genau lesen und einschätzen können, zumal es nicht einfach sei, Modelle und Abbildungen richtig zu interpretieren. Auch beim Einkaufszentrum Alexa hatten Modelle und Zeichnungen nicht oder nur annähernd die spätere Farbe des Baus wiedergegeben. Die Senatsbehörde meinte später, der Investor habe diese Farbe unbedingt gewollt.

Wowereit hat sich über das Rot am Alexanderplatz sehr geärgert. Vielleicht schimpft er bald über einen dunklen Klotz an der Spree.

Christian van Lessen

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