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Zu teuer? Das vor dem Reichstagsgebäude geplante unterirdische „Besucher- und Informationszentrum“ könnte eine halbe Milliarde Euro kosten.

© dpa

Bauvorhaben gefährdet: Infocenter am Reichstag zu teuer?

Vor dem Reichstag soll bald ein unterirdisches Besucherzentrum entstehen, doch das Vorhaben wird aus Kostengründen zunehmend in Frage gestellt. Von bis zu 500 Millionen Euro Baukosten ist die Rede

Die Schockwellen aus der Baukostenexplosion beim Berliner Großflughafen haben die Bundesregierung erreicht und gefährden nun auch andere Berliner Bauvorhaben von Regierung und Parlament: Das vor dem Reichstagsgebäude geplante unterirdische „Besucher- und Informationszentrum“ wird aufgrund geschätzter Kosten von einer halben Milliarde Euro infrage gestellt.

Wie aus Regierungskreisen zu hören ist, befürchtet Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU), dass sich die Kosten des einmal fertiggestellten Besucherzentrums mit einer Bruttogeschossfläche von nur etwa 6000 Quadratmetern Nutzfläche auf einen solchen Betrag summieren könnten. Eine offizielle Berechnung der Baukosten gibt es noch nicht. Zurzeit arbeitet das nachgeordnete Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im Auftrag des Bundestags an einer „Machbarkeitsstudie“ für das Zentrum. Doch die Angst vor unkalkulierbaren Risiken scheint groß zu sein, denn auch halb so hohe Kosten werden im Zusammenhang mit dem Zentrum ebenfalls kolportiert.

Beim Bundesbauministerium hieß es auf Anfrage, dass „an der Kostenschätzung derzeit noch gearbeitet wird“. Wie aus Regierungskreisen weiter zu hören ist, weisen die Experten auf eine ganze Reihe baulicher Probleme des Projektes hin: Wärme- und Geothermie-Anlagen des Reichstages liegen zum Teil im Untergrund vor dem Reichstag, die neue Trasse der „Kanzler-U-Bahn“ führt dort ebenfalls entlang, außerdem gibt es die berlintypischen Probleme mit Grundwasser und Sandboden.

Als Vorbild für das geplante Berliner Besucherzentrum gilt eine ähnliche unterirdische Einrichtung vor dem Capitol in Washington, und auch die kostete nach Fertigstellung viel mehr als ursprünglich geplant – knapp eine halbe Milliarde Euro. Allerdings ist das US-amerikanische Projekt mit 54 000 Quadratmetern auf drei Etagen mehr als fünfmal größer als das geplante Berliner Pendant. Kernstück des unterirdischen Zentrums vor dem Reichstag, das für 1500 Besucher konzipiert ist, soll ein großes Forum mit Filmräumen, Konferenzbereich und Seminarräumen sein. Es wird Repräsentationsbereiche für den Bundespräsidenten geben und Raum für Kinder. Ausstellungsflächen gehören ebenfalls zum „Raumprogramm“ wie Sicherheits- und Röntgenschleusen. Denn das Besucherzentrum soll auch mit den bestehenden unterirdischen Wegen zwischen Regierungs- und Parlamentsgebäuden verbunden werden. Das Zentrum ist zweigeschossig geplant, eines davon soll im Bereich des U-Bahn-Tunnels entstehen.

Mit dem Bau des Zentrums reagiert der Bund auf den unerwarteten Erfolg eines der spektakulärsten Parlamentsprojekte im Regierungsviertel: dem Reichstag und seiner öffentlich begehbaren Kuppel. Berliner und Besucher warten fast täglich in langen Schlangen, um ihren Parlamentariern „auf den Kopf zu steigen“ – und nur ein Container wurde behelfsmäßig aufgestellt, um die mit dem Andrang verbundenen Probleme zu bewältigen.

Belastbare Zahlen über die Kosten des Besucherzentrums werden Regierungskreisen zufolge in der Machbarkeitsstudie spätestens Ende Oktober dem Ältestenrat des Bundestages vorgelegt. Dass das Projekt an dem schwierigen Berliner Baugrund scheitern könnte, gilt als ausgeschlossen.

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