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BBI: Flughafenplaner lassen sich nicht stoppen

Am neuen Flughafen in Schönefeld wird weitergebaut – dieses Mal auch im Winter und ungeachtet der neuen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Die Terminalbaustelle ist nach dem Einbau der letzten Scheiben winterdicht, so dass die Arbeiten weitergehen, die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Selbst bei einem Erfolg der Kläger wäre es ungewiss, ob es dann noch zu einem Baustopp käme. Juristen schließen aber nicht aus, dass es weitere Auflagen für den Betrieb geben könnte – bei den Flugrouten etwa oder beim Nachtflugverbot.

Der Berliner Anwalt Philipp Heinz, der wie sein Kollege Christian von Hammerstein die Kläger, darunter die Gemeinde Kleinmachnow, in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vertritt, hat Erfahrungen im planerischen Umgang mit Großprojekten. Im nordrhein-westfälischen Datteln schaffte er es, dass der Bebauungsplan für ein Steinkohlekraftwerk vom Gericht aufgehoben worden ist – kurz vor Abschluss der Bauarbeiten des Milliardenprojekts. Heinz war es gelungen, den Planern gleich mehrere Verfahrensfehler nachzuweisen. „Die Stadt Datteln ist ihrer planerischen Verantwortung in keiner Weise ausreichend nachgekommen“, fasst Heinz den Richterspruch zusammen. Das sei umso erschreckender, als es sich um ein gigantisches Vorhaben handele, welches eine Region über Jahrzehnte prägen werde.

Ähnlich sieht es für ihn bei der Flughafenplanung in Schönefeld aus – auch ein Milliardenprojekt, bei dem es nach Heinz’ Ansicht Fehler im Genehmigungsverfahren gegeben hat. Der Flughafenausbau in Schönefeld habe immer auf der Kippe gestanden, auch vor Gericht, sagte er dem Tagesspiegel. Ein Hauptargument für die Richter, die dem Ausbau nach einem langen Verfahren im März 2006 unter Auflagen für den Nachtflugbetrieb zugestimmt haben, sei gewesen, dass rund 200 000 Menschen in Berlin vom Fluglärm entlastet würden, wenn Tempelhof und Tegel geschlossen sind. Dafür könnte man in Kauf nehmen, dass in Schönefeld 59 000 Menschen den Krach am Himmel abbekommen, habe das Gericht argumentiert. Bei dieser Berechnung habe man aber angenommen, dass die Flugzeuge nach dem Start geradeaus fliegen. Weil sie jetzt abknicken sollen, wären durch diese neuen Routen insgesamt rund 120 000 Menschen betroffen, schätzt Heinz. Die exakte Zahl wollen die Kläger von Gutachtern ermitteln lassen. Bei so vielen Neubetroffenen treffe die Abwägung von 2006 nicht mehr zu, folgert Heinz. Rechtlich sei dies als Ermittlungsfehler zu werten.

Prognosen, die Basis einer Planfeststellung waren, könnten sich zwar als falsch erweisen, ohne dass deshalb die Genehmigung zurückgenommen werden müsse – anders sehe es aber aus, wenn unsauber gerechnet worden sei, sagt Heinz. Und dies gelte für Schönefeld.

Grundsätzlich ist an einem gültigen Planfeststellungsbeschluss nur noch schwer zu rütteln. Die erste Hürde ist, dass das Gericht die Klagen für zulässig erklärt, obwohl die Fristen längst abgelaufen sind. Deshalb haben die Anwälte zunächst die „Wiedereinsetzung der Kläger in den vorigen Stand“ beantragt, weil die jetzt Betroffenen im ersten Verfahren nicht wissen konnten, dass auch sie betroffen sein könnten. Lässt das Gericht die Klagen zu, kann das Verfahren lange dauern. Ob es dann noch einen sofortigen Baustopp geben würde, müssten ebenfalls die Richter entscheiden.

Der Flughafen hält am derzeitigen Eröffnungstermin – 3. Juni 2012 – jedenfalls fest. Auch die Kosten blieben im Rahmen, sagte gestern Flughafensprecher Ralf Kunkel. Der Ausbau soll rund 2,5 Milliarden Euro kosten; bisher seien Aufträge im Wert von etwa zwei Milliarden Euro vergeben worden. Dabei habe man die Kalkulation einhalten können, sagte Kunkel.

Beim künftigen Regierungsbereich auf dem neuen Flughafen haben sich die Kosten gegenüber der ursprünglichen Planung mit jetzt 310 Millionen Euro allerdings fast verdoppelt.

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