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Berlin: Beauty, Bands, Berufsberatung

Die Jugendmesse „You“ erwartet am Wochenende 160000 Besucher. Die wollen nicht nur Shows, sondern auch Tipps für die Karriere

Wenn im Bonner Büro der „You“ in diesen Tagen das Telefon klingelt, weiß Projektleiter Markus Welb meist schon vorher, wer am anderen Ende der Leitung wartet. „Zu 95 Prozent sind das Fans von ,Tokio Hotel’. Die wollen Autogrammkarten und Backstage-Treffen.“

Der Auftritt der Madgeburger Teenie-Band Tokio Hotel gilt als einer der Höhepunkte der diesjährigen Jugendmesse You, die von Freitag bis Sonntag in den Messehallen stattfindet. Die Veranstalter rechnen zur siebten Auflage der Messe mit 160000 Besuchern, die meisten im Alter zwischen 14 und 22 Jahren. Wie in den Vorjahren stehen Trendsportarten, Gewinnspiele und Musikshows im Vordergrund – immer größer werde aber der Bereich „Zukunft und Karriere“, sagt Projektleiter Markus Welb. An vielen Ständen könnten sich die Jugendlichen über Berufsbilder und Ausbildungsmöglichkeiten informieren und vielleicht darüber klar werden, was am besten zu ihnen passe. „Diesen Hallenbereich meiden die Jugendlichen nicht – eher im Gegenteil.“

Eveline von Arx weiß auch, warum. Die promovierte Pädagogin gehört zum vierköpfigen „Dr.-Sommer-Team“ der Jugendzeitschrift Bravo und kümmert sich als solche um die seelischen Probleme ihrer Leser. Jede Woche bekommt sie hunderte Briefe und Anrufe, in denen sie um Rat gebeten wird. Und auffallend viele dieser Briefe handelten mittlerweile von der Angst, nach der Schule keinen Job oder Ausbildungsplatz zu finden. Natürlich dominierten immer noch „die klassischen Themen wie Liebeskummer oder Angst vor dem ersten Mal“. Der Aspekt der Arbeitssuche sei neu hinzugekommen, und manchmal würden die Probleme sogar höchst überraschend gekoppelt: „Zum Beispiel haben Jugendliche Liebeskummer und bekommen dann Angst, deswegen in der Schule abzusacken und später keinen Ausbildungsplatz zu bekommen.“ Diesen Freitag ist Eveline von Arx mit dem „Dr.-Sommer-Mobil“ auf der You zu Gast und beantwortet einen Tag lang alle Fragen der Jugendlichen.

Stella Knapp aus Charlottenburg sagt, sie brauche keine Sorgenberatung wegen ihrer beruflichen Zukunft. Die 18-Jährige hat ihren Ausbildungsplatz nach nur einer Bewerbung bekommen – „ziemlich im Gegensatz zu meinen Freunden“, wie sie sagt. Auch sonst hat Stella Glück: Im vergangenen Jahr war sie „nur zum Gucken“ auf der You – und ließ sich von ihrer Freundin überreden, an einem Model-Wettbewerb teilzunehmen. Den gewann sie und ist nun überall in der Stadt auf Werbeplakaten für die Messe zu sehen. „Meine Kumpels entdecken mich in der U-Bahn, bei McDonalds, an Häuserwänden. Nur ich selbst bin bisher immer dran vorbeigelaufen.“ Angst, am Wochenende auf der You von den anderen Besuchern um Autogramme gebeten zu werden, hat Stella Knapp aber nicht: „Da gibt’s doch so viel Interessanteres zu sehen.“

Tatsächlich soll die You diesmal noch lauter und bunter werden als in den vergangenen Jahren. Dutzende Unternehmen von Coca-Cola über Nokia bis zu Pro Sieben sind mit eigenen Werbeständen vertreten. You-Projektmanager Bodo Stüve kann das große Interesse der Firmen leicht erklären: Wer nicht schon die 12- und 13-jährigen Jugendlichen an seine Marke gewöhne, müsse wenige Jahre später die fünffache Summe für denselben Effekt ausgeben. Umso größer sei daher die Verantwortung der You, die werbenden Unternehmen sorgfältig auszuwählen: „Kein Alkohol, keine Zigaretten.“ Und auch nichts, „was durch kindliche Unbedarftheit zum Schaden anderer eingesetzt“ werden könne. Das sagt Stüve nicht nur so daher, denn er hat schlechte Erfahrungen gemacht: Auf einer früheren You-Messe hatte eine Firma kostenlos Deosprays verteilt. Da hätten die jungen Leute sofort „ihre Feuerzeuge gezückt und die Deos in mobile Flammenwerfer verwandelt“.

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