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Klaus Hoffmann hat die meisten seiner neuen Chansons zu Hause in seiner alten Villa in Kladow geschrieben.

© Kitty Kleist-Heinrich

Begegnung mit Klaus Hoffmann: Ein wohlerzogener Hippie

Klaus Hoffmann hat eine neue CD herausgebracht: „Leise Zeichen“. Auch ein Liebeslied für seine Heimatstadt gehört dazu: "Berlin, du bist Musik, die Mutter meiner Lieder". Ein Besuch bei dem Chansonnier in Kladow.

Jetzt noch mal schnell den jungen Hoffmann im Auto hören. „Ich will Gesang, will Spiel und Tanz will, dass man sich wie toll vergnügt . . . wenn man mich unter'n Rasen pflügt." Draußen gleiten die Wiesen am Kladower Ritterfelddamm vorüber. Die Erde dampft, Frühnebel hängt in der Luft. Links tauchen im Dunst die Zinnen des Tores zum Gutspark Groß-Glienicke auf. Ja, so sang er schon damals, in den späten Siebzigern und den Achtziger Jahren, Kraft und Leidenschaft in der Stimme. Riss uns mit, berührte, wühlte auf, mit seinen poetischen, mal lauten, mal leisen Liedern. Uns, die heutige Generation 50 plus.

Nun aber runter vom Damm auf einen Fahrweg, hart an der Kante einer jungen Einfamilienhaus-Siedlung. Es geht noch ein paar Meter weiter zu einigen älteren Häusern, einen letzten Klaus Hoffmann-Refrain aus früheren Zeiten im Ohr: „Zwei ... schwimmen gegen einen Strom, aus Spott und Hass und Hohn.“

Seit vierzig Jahren steht er auf der Bühne

Hier also wohnt er seit gut dreieinhalb Jahrzehnten: Klaus Hoffmann, der unermüdliche große Chansonnier. Vierzig Jahre lang steht er bereits auf der Bühne, schreibt die meisten seiner Texte selbst, ist Schauspieler, schreibt Romane. Im März dieses Jahres ist er 65 geworden, hat seit den ersten Erfolgen als junger Mann Mitte zwanzig über 40 CDs besungen und soeben ein weiteres Album mit 16 Chansons herausgebracht. „Leise Zeichen“ heißt es.

Die neuen Songs, ein Mix aus Jazz, Pop, Folk und Rock, kann man live am Montag, dem 12. Dezember, bei seinem Auftritt im Friedrichstadtpalast hören. Sie sind leiser geworden, aber nicht weniger stark.

„Ich wollte endlich ein Haus zum Krachmachen haben"

Ein junger Briefträger kommt vorbei. „Hallo, kennen Sie Klaus Hoffmann?“ - „Nee, aber ich weiß, wo er wohnt.“ Ein Generationenproblem? Aber da steht er schon auf dem Treppenabsatz vor der Haustür. Schwarze Jeans, schwarzes Hemd, blond-braune Haare. „In meinem Herz ist kein graues Haar“, sagte er mal in einem Interview. Das trifft auch auf seinen leicht verwuschelten Haarschopf zu. Gerade bricht die Sonne durch, funkelt auf den, mit Raureif bedeckten, Grashalmspitzen.

„Gehen wir gleich mal in den Garten“, sagt Hoffmann. Es ist eine große verwunschene Oase an der betagten Villa, deren Putz blättert. Alte kahle Bäume, verstreute Tonkrüge. Seine Frau Malene Staeger, mit der er seit mehr als 30 Jahren zusammenlebt, hat hier den grünen Daumen. In diesem Garten hat er mal Hilde Knef zur Kaffeetafel eingeladen, wollte als Sänger ihren Segen holen in ihren letzten Lebensjahren. Sang ihr mit der Gitarre einige ihrer Lieder vor. „Aber das fand sie nicht so gut“, erinnert sich Hoffmann.

Anfangs lebte er hier zusammen mit einem Musikerkollegen, noch ohne Malene. Zog mit einer „Riesenmatratze und einem Kofferradio“ ein. „Ich wollte endlich ein Haus zum Krachmachen haben", lacht Hoffmann. Er blieb in Kladow, damals ganz nah am Grenzstreifen und am Flugplatz Gatow der Royal Air Force. Mit deren Angehörigen spielte er manchmal hoch zu Pferd Polo. Überhaupt, „die Havel, die Natur hier, das ist schon toll“, sagt Hoffmann. „Im Sommer schwimme ich im Glienicker See, spaziere am Ufer entlang und brabbele meine Liedtexte."

Durch die Terrassentür geht's in den kleinen Salon. Zwei Gitarren stehen einladend bereit, auf dem Flügel verstreute Noten und Bücher. Neben Sofa und Kamin überwintert ein Weihnachtskaktus, im Regal jede Menge CDs, der Plattenspieler, ein Adventskalender.

Die Bohème lebte er in Charlottenburg voll aus

Klaus Hoffmann ist zwar am äußersten westlichen Stadtrand zu Hause, hat aber eine enge Beziehung zu Berlin. In Charlottenburg wuchs er auf, Sohn einer Arbeiterin und eines Beamten. „Danckelmannkiez, Klausenerplatz, Schlosspark, die haben mich geprägt“, sagt er. Der Park war für den Jungen die „große Freiheit“ in der engen Freiheit von West-Berlin.

Später kostete er hier die Bohème voll aus, lebte in einer feuchten WG, stritt sich um Fidel Castro, „obwohl ich den gar nicht so gut kannte“. Sang zur Klampfe in Szenekneipen der Insel West-Berlin, diesem „gemütlichen Elend“, während andere zu ihren Sehnsuchtsinseln in der Ägäis reisten. „Ich sah klasse aus“, erzählt er, „war scheu und völlig besoffen von meinem Bezirk.“

So ging's los. Jung-Liedermacher Klaus Hoffmann in den frühen Siebzigern.
So ging's los. Jung-Liedermacher Klaus Hoffmann in den frühen Siebzigern.

© imago/United Archives

Auch er wollte ein Hippie sein, war dafür aber „zu gut erzogen“. Er war auch kein Rebell, ähnelte nur einem, „mit lockigem Haar“. Gleichwohl waren die Sechziger und Siebziger Jahre seine „turbulenteste, farbigste Zeit“. In vielen Liedern hat er dies verarbeitet, sensibel mit der Sprache umgehend, niemals überheblich. Den „König der Kinder“ hat er besungen, den „Kreuzberger Walzer“. Sogar im Osten, bei einem FDJ-Fest im Friedrichshain, durfte er auftreten. Dort sang er: „Stehst du vor ’ner Mauer, reiß sie ein.“

All dem hat er auf der neuen CD etliche Chansons gewidmet, begleitet von seiner Band am Piano, Bass, Schlagzeug und an der Gitarre. Auch sein jüngstes Liebeslied für Berlin gehört dazu: „Du machst mich immer noch verrückt . . . Du bist Musik, die Mutter meiner Lieder.“ Und dann schaut er auf die heutige Stadt, für ihn die reinste Aufputschpille. „Dein Bild fällt täglich aus dem Rahmen und wer dich liebt, der kommt lebenslang nicht mehr zur Ruh.“ Klar, der Berliner Jazzmusiker Till Brönner ist bei diesem Chanson auch dabei, am Flügelhorn. Brönner hat schon für Hilde Knef komponiert.

"Ich sah in den Augen eines Kindes das, was mir mein Herz erzählt"

Über die neue CD plaudert es sich in der der kuschelig-kleinen Küche am besten. Da fühlt er sich wohl. Er ist nun mal kein funkelnder-mondäner Künstler, eher einer zum Anfassen trotz mancher Kantigkeit. Malene schäumt den Latte Macchiato. „Die CD heißt ,Leise Zeichen', warum?" Hoffmann tippt auf der CD-Rückseite auf den gleichnamigen Titelsong. „Ich sah in den Augen eines Kindes das, was mir mein Herz erzählt“, so beginnt die erste Strophe. Es ist auch eine Rückschau auf 65 Lebensjahre.

Es geht um Symbole, Gerüche, kleine Erlebnisse, Bilder aus Kindheit und Jugend aber auch späteren Tagen, die in der Seele versenkt sind, aber irgendwann wieder auftauchen als kostbare Erinnerungen. Belebt durch eine Geste, einen Blick, eine ähnliche Szene.

"Träume deinen Traum, egal ob Moslem, Jude oder Christ"

Aber seine neuen Chansons – er hat sie in Kladow geschrieben – sind auch ein Aufbruch, machen klar, was ihn aufwühlt in dieser Zeit. „Gesichter hart, kaum ein Lachen, wohin es geht, hat man sie nicht gefragt“, singt er über die Flüchtlinge aus Syrien. Und: „Träume deinen Traum, egal ob Moslem, Jude oder Christ.“

Klaus Hoffmann greift zum Füller und zum legendären Moleskin-Notizbuch. Er mag kreative Gespräche, schaut seinem Gegenüber in die Augen, neugierig, ständig auf der Suche nach Ideen. Die Lachfältchen spielen. Der Mann brennt noch immer, er bleibt sich treu, seinem Alter, seiner Herkunft, seinem Schalk und bescheidenen Gestus, seinen Selbstzweifeln, seiner Melancholie und Lebenslust, kurz, dem ganzen Hoffmann-Kosmos mit all seinen Widersprüchen. Vielleicht ist er ja deshalb so jung geblieben.

Will er denn ewig singen? Klaus Hoffmann schaut über die Brille, sein Kater Julius balanciert gerade übers Fensterbrett. „Na ja, du brauchst was, das dich am Leben hält.“ Die Bühne sei für ihn die beste Situation im Leben. Überschaubar, klar strukturiert, zum Festhalten. Vielleicht stehe der Hoffmann noch „als alter Sack“ vor seinem Publikum. Und dann hat er noch einen Einfall. Ja, das wäre doch ein prima Titel für das nächste Album: „Der singt noch immer!“

Klaus Hoffmann & Band, , „Leise Zeichen“, Friedrichstadtpalast, Montag, 12. Dezember um 20 Uhr, mehr Infos unter: www.klaus-hoffmann.com.

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