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Berlin: Behörden erwarten Klagen von Sozialhilfeempfängern

Die Sozialämter rechnen mit einer Klagewelle. Sie wurden vom Senat angewiesen, bisher unbearbeitete Anträge von Sozialhilfeempfängern auf Einzelfallhilfe jetzt abzulehnen.

Die Sozialämter rechnen mit einer Klagewelle. Sie wurden vom Senat angewiesen, bisher unbearbeitete Anträge von Sozialhilfeempfängern auf Einzelfallhilfe jetzt abzulehnen. Betroffen sind Tausende, deren Anträge im vergangenen Jahr nicht mehr bearbeitet wurden, weil die Behördenmitarbeiter mit der Eingabe der Hartz IV-Daten ausgelastet waren. Unter den Sozialstadträten in den Bezirken gibt es eine parteiübergreifende Koalition gegen diese Entscheidung der Hauptverwaltung. Eine bundeseinheitliche Regelung existiert nicht, in den Bundesländern wird unterschiedlich verfahren.

Bisher konnten Sozialhilfeempfänger Einzelfallhilfe beispielsweise für die Ersatzbeschaffung von Kleidung, Möbeln oder Haushaltsgeräten beantragen. Im neuen Arbeitslosengeld II ist dieser Anspruch durch einen 50-Euro-Zuschlag abgegolten. Die Betroffenen sollen davon für den Kauf solcher Gegenstände „ansparen“. Weil der Gesetzgeber keine Übergangsregelung vorgesehen hat, müssen unbearbeitete Altanträge jetzt abschlägig beschieden werden, so die Vorgabe des Senats. „Wir hatten die Bezirke noch einmal darauf hingewiesen, alle berechtigten Anträge noch zu bearbeiten und zu bescheiden“, so die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Regina Kneiding.

„Schreiend ungerecht“, findet das Charlottenburg-Wilmersdorfs Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer (B90/Grüne). Sie schätzt die Zahl der Betroffenen in Berlin auf „etliche tausend“. Einige hundert dürften es allein in Reinickendorf sein, schätzt dort Sozialdezernent Frank Balzer (CDU). Seit Oktober seien die Mitarbeiter mit der Eingabe der Hartz-Daten ausgelastet gewesen, zumal es keine personelle Verstärkung gab. Dafür könnten die Antragsteller nichts, sagt Balzer. „Mir sträuben sich die Haare“, kommentiert seine Spandauer Kollegin Birgit Bialkowski (SPD). Auch Neuköllns Sozialdezernent Michael Büge (CDU) bezeichnet die Regelung als „verkehrt“. Regina Kneiding von der Senatsverwaltung sagt, in Notfällen könne man über die Sozialämter Darlehen gewähren. Dorothee Winden vom Sozialverband Deutschland meint: „Maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung. Wir gehen davon aus, dass dieser Anspruch in der Regel nicht verwirkt ist.“

Rainer W. During

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