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Ich bin’s, das Erste. In Pankow steht dieses Windrad. Im Gericht ging es am Donnerstag nun um Berlins zweites, das ebenfalls in Pankow steht. Klagen gab es bei beiden.

© picture-alliance/ dpa

Behördenwahnsinn in Berlin: Windrad in Pankow gefährdet Fledermäuse nicht

Berlin hat nur zwei Windräder. Und um die gibt es seit Jahren Streit. Jetzt hat das Verwaltungsgericht entschieden: Das Windrad in Pankow darf sich weiter drehen.

Von Fatina Keilani

Die Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus ist kaum schwerer als ein Stück Würfelzucker und passt in eine Streichholzschachtel. Der Senat hat Sorge, dass sie von den Flügeln des zweiten Berliner Windrads in Pankow getötet werden könnte. Er verfügte deshalb, dass das Windrad in den Dämmerungszeiten von Sommer und Herbst morgens und abends abgeschaltet werden muss. Doch damit stieß er beim Berliner Verwaltungsgericht am Donnerstag auf taube Ohren. Der Betreiber hatte geklagt – und gewann. Auch um das erste, ebenfalls in Pankow stehende Windrad war gestritten worden. Es durfte aber schließlich 2008 in Betrieb genommen werden.

Elf Auflagen, unter anderem zum Schutz von Fledermäusen und Greifvögeln

Elf Auflagen - unter anderem zum Schutz von Fledermäusen und Greifvögeln

Brandenburg hat 3316 Windräder, Berlin zwei. Das zweite Berliner Windrad steht auf einem Acker in Pankow, nur wenige Meter entfernt von zahlreichen Brandenburger Windrädern. Doch während diese sich friedlich drehen und weder Staub noch Rechtsfragen aufwirbeln, gibt es um das in Pankow seit Jahren Streit – auch vor Gericht. Ergebnis vom Donnerstag: Das zweite Berliner Windrad darf jetzt einfach weiterbetrieben werden.

Das klingt dröge, ist aber interessant. Die Behörde hatte für die Genehmigung Jahre gebraucht. Sie erging im Oktober 2013 und enthielt elf Auflagen, unter anderem zum Schutz von Fledermäusen und Greifvögeln, außerdem ging es auch um Lärm. Allerdings hatte die Behörde die konkrete Gefahr, die von dem Windrad ausgeht, nicht erforscht. Das Windrad ist 189 Meter hoch und seine Rotorblätter enden 90 Meter über dem Boden. Pipistrellus fliegt aber nur 15 Meter über dem Boden. Dennoch seien Schlagopfer „nicht völlig auszuschließen“, begründete die Behörde ihre Auflage.

Der Vorsitzende Richter der zehnten Kammer, Michael Richter, ließ das nicht durchgehen. „Es kommt vieles mit Verve aus Ihrer Behörde, aber keiner setzt einen Fuß vor die Tür“, sagte Richter. Es gebe technische Möglichkeiten, etwa per „Batcorder“, Flugbewegungen zu erfassen und Gefahren zu berechnen. Das sei nicht geschehen: „So reicht das nicht, zumal wenn gar nicht ermittelt wird“, sagte Richter. Im Naturschutzrecht seien die Anforderungen streng. Es müsse schon eine signifikante Steigerung des Risikos vorliegen. Man sei nicht im Wasserrecht. Nur mal so zur Illustration: „Einen Bootssteg können Sie sofort entfernen, wenn dadurch die Sumpfdeckelschnecke gefährdet ist.“

0,277 tote Fledermäuse pro Windrad

Eine signifikante Risikosteigerung konnte das Gericht nicht erkennen. Im letzten Messzeitraum habe es in Brandenburg 920 Totfunde gegeben, das seien 0,277 tote Fledermäuse pro Windrad. Dass diese Zahl in Berlin viel höher wäre, lasse sich nicht belegen, so das Gericht. In Sachen Greifvögel sollte der Betreiber das Windrad nach Meinung der Behörde während der Erntezeit ganz abstellen, damit Greifvögel die zu jagenden Tiere leichter finden können. Da es sich zumeist um Mäuse auf dem Acker handelt, war auch hier für das Gericht nicht ersichtlich, inwieweit ein Rotorflügel in fast 100 Metern Höhe den Jagderfolg behindern könnte.

Beim Lärm sah es ähnlich aus. Die Behörde hatte die Einhaltung bestimmter Grenzwerte zur Auflage gemacht, dabei ist das Windrad viel leiser. „Es wird uns niemals gelingen, mit dieser Anlage die Lärmwerte zu erreichen“, sagte Rechtsanwalt Michael Rolshoven, der den Windrad-Betreiber Frank Vach vertrat. Rolshoven ist ein Spezialist auf dem Gebiet; er berät auch den Bundesverband Windenergie juristisch. „In Berlin ist es das zweite Windrad, in der Bundesrepublik das 25 000.“, sagte Rolshoven. Viele Fragen seien mittlerweile einfach geklärt.

Die Energiewende mag politisch gewollt sein, aber ein seltener Vogel kann sie immer noch behindern.

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