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Berlin: Bei Anruf Rad

Ein Münchner Modell kommt nach Berlin:  Die Bahn verleiht 2000 knallrote „Callbikes“ für drei bis fünf Cent pro Minute

Von Doris Näger

Mal schnell mit einem geliehenen Rad zur S-Bahn fahren, die Taxikosten sparen, oder durch den Tiergarten gondeln – das lässt sich in Berlin nach den Plänen der Deutschen Bahn AG bald leicht verwirklichen. Schon in den kommenden Wochen will die Bahn an Kreuzungen, Bahnhöfen und Plätzen 2000 knallrote Leihfahrräder abstellen, die jedermann kurzentschlossen mieten kann. Ein ausgetüfteltes Leihverfahren soll das ermöglichen. Das System heißt „Call-a-bike“ und funktioniert in München nach Angaben der Bahn seit Herbst 2001 erfolgreich. Berlin soll nun als zweite deutsche Stadt die Räder erhalten.

Erstmals in ihre Pedalen treten können die Berliner am kommenden Mittwoch auf dem Wittenbergplatz. Dort präsentiert die Bahn von 11.30 bis 15.30 Uhr ihr Projekt und stellt rund 200 Leihräder zur Verfügung. Wer eines ausprobieren will, muss seinen Ausweis vorlegen. „Wir wollen die Reisekette vor und hinter dem Zug schließen“, erklärt Bahn-Chef Hartmut Mehdorn die Initiative. Die Idee zu „Call-a-bike“ stammt von dem Münchner Christian Hogl. Er dachte sich Ende der 90er Jahre das Leihsystem aus, gründete seine „Call-a-bike-AG“ und stellte im Frühjahr 2000 nahezu neben jede Telefonzelle der Stadt eines seiner in knalligen Farben lackierten Leihräder ab. Das auffällige Äußere sollte Diebe und Vandalen abschrecken. Diese Hoffnung ging auf. Die finanziellen Erwartungen erfüllten sich aber nicht. Christian Hogls AG ging Pleite, obwohl tausende Münchner ihre Räder nutzten.

Das Leihsystem sei zu kompliziert und die Organisation zu teuer gewesen, sagen rückblickend Mitarbeiter der AG. Aber das macht die Bahn inzwischen anders. Sie kaufte Hogls Räder und Patente für ihr Pilotprojekt in München ab Herbst 2001, perfektionierte das System und schafft jetzt 2000 weitere optisch auffällige Acht-Gang-Trecking-Bikes mit Gabelfederung für Berlin an. Wer eines nutzen will, muss sich beim ersten Mal per Handy über die Telefonnummer 0800-522-5522 im Call-Center für München und Berlin anmelden und seine Kreditkarten- oder Kontonummer angeben. Fortan ist er als Call-a-Bike-Nutzer registriert und muss künftig nur noch die spezielle Nummer des jeweiligen Rades in sein Handy tippen. Vollelektronisch erhält er danach den Öffnungscode für das Radschloss. Und die Rückgabe erfolgt ähnlich. Wo der Mieter sein Rad abstellt, bleibt ihm überlassen. Er muss nur das Callcenter über den Ort informieren und sich abmelden. Auf diese Weise haben sich die Leihräder in München weit über die Stadt verteilt und sind noch schneller verfügbar. Hin und wieder holen sie allerdings Bahnbedienstete zu zentralen Orten zurück. Die Miete beträgt in München 5 Cent pro Minute, 15 Euro pro Tag und 60 Euro pro Woche. Vielfahrer zahlen bei einer Jahresgebühr von 20 Euro nur 3 Cent pro Minute. Zumindest auf Kurzstrecken sind die Leihräder damit billiger als Busse und Bahnen.

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