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Berlin: Beim Fach Ethik sind die Gräben unüberwindbar Gesetz soll im März verabschiedet werden. Befürworter und Gegner konnten sich nicht nähern

Die Mehrheiten sind klar, das Schulfach Ethik ist so gut wie eingeführt, doch der Streit um seine Prägung und seine Inhalte ist so heftig wie zu Beginn der jahrelangen Debatte und eine Annäherung nicht in Sicht. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Bildung des Abgeordnetenhauses.

Die Mehrheiten sind klar, das Schulfach Ethik ist so gut wie eingeführt, doch der Streit um seine Prägung und seine Inhalte ist so heftig wie zu Beginn der jahrelangen Debatte und eine Annäherung nicht in Sicht. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Bildung des Abgeordnetenhauses. Von Georg Kardinal Sterzinsky über den Integrationsbeauftragten Günter Piening bis zu Mehmet Yorgun vom Kulturzentrum Anatolischer Aleviten kam zu Wort, wer etwas von Religion, Ethik, dem Mit- oder Gegeneinander der Kulturen versteht.

Sie änderten nichts an den Meinungen der Politiker, die über die Einführung des Faches zu entscheiden haben. Die Schulpolitiker von SPD, Linkspartei und Grünen wollen es und haben hohe Erwartungen an das „Miteinander“, das dieses Fach lehren soll. Die CDU und FDP lehnen das Fach ab – dann zumindest, wenn es als Pflichtfach eingeführt werden soll. Nach gut zwei Stunden voller Meinungs- und Wunschbekundungen der Fachleute sagte die Liberale Mieke Senftleben, mit der Einführung des Faches betätige sich der Staat als „Sinnstifter“. Das lehne sie ab – zumal dann, wenn mit dem Pflichtfach Ethik das Grundrecht zur Wahl beschnitten werde: Schüler sollten sich zwischen Ethik und Religion entscheiden können. Alles andere sei „undemokratisch“. So weit waren in der Anhörung nur Ulrich Seelemann als Vertreter der Evangelischen Kirche und ein Sprecher der Oberstudiendirektoren gegangen. Seelemann ahnte, dass der Staat durch Rahmenpläne und inhaltliche Vorgaben an das Fach doch über den Umgang mit der „Gottesfrage“ entscheide. Damit aber verstoße er gegen das Gebot weltanschaulicher Neutralität. Oberstudiendirektor Harald Mier warnte die Politik vor der Annahme, „sie kenne den Königsweg“ bei der Vermittlung von Werten. Warum fürchte sie die Konkurrenz der Kirchen? Es sei „fast eine Entmündigung der Schüler“, zu sagen: „Wir wissen, was für euch richtig ist.“ Vorsichtiger formulierte der Kardinal: Im Religionsunterricht würden Kenntnisse und etwa die christlichen Werte „mit der Einladung zur Identifikation“ vermittelt. Das könne „nicht nur“ in einem Fach geschehen, „das gleichsam neutral über den Dingen steht“.

Die Befürworter des Faches glauben um so genauer, zu wissen, was das Fach Ethik leisten kann und soll. Zwei Drittel der Berliner lebten „konfessionsfrei“, bemerkte für den Humanistischen Verband Wilfried Seiring. Da sei Ethik das geeignete Schulfach, um Toleranz, Gleichberechtigung, Gewaltfreiheit als Grundlagen der Demokratie zu vermitteln. Der Integrationsbeauftragte Piening empfahl die Menschenrechte als Bezugsrahmen des Faches.

Über solche Fragen werden die Abgeordneten noch diskutieren. In zwei Wochen soll der Schulausschuss eine Beschlussempfehlung geben. Frühestens Ende März könnte das Abgeordnetenhaus eine Entscheidung treffen. Eingeführt wird das Fach im neuen Schuljahr nur in den siebten Klassen. In der Grundschule bleibt dagegen alles, wie es ist. Bis zum Sommer sollen die Lehrer fortgebildet werden; das werden vornehmlich Lebenskunde- und Religionslehrer sein, die schon im Staatsdienst sind und gern Ethik unterrichten wollen. sve/wvb.

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