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Berlin: „Beim nächsten Mal dann gerne Käsesahne“

Ex-Verteidigungminister zu Guttenberg wird in Friedrichshain Opfer einer Tortenattacke.

Die Brille hat er abgelegt, die Haare sind kurz geschnitten. Nun erhielten auch Nase, Kinn und Wangen von Karl-Theodor zu Guttenberg einen neuen Look – allerdings kurzzeitig und unfreiwillig. Der Ex-Verteidigungsminister wurde am Donnerstagabend Opfer einer Tortenattacke: Schwarzwälder Kirsch, auf einem Tablett serviert.

Guttenberg, gestürzt über die Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit, ist mittlerweile Berater für Internetfreiheit von EU-Kommissarin Neelie Kroes. Er nahm die Einladung des Berliner Netzaktivisten und Piraten Stephan Urbach zu einem Fachgespräch unter vier Augen an – in einer Friedrichshainer Bar.

Auf einer Internetseite bekennen sich die „Digitalen Konditoren“ der Hedonistischen Internationale dazu, Karl-Theodor zu Guttenberg die Torte ins Gesicht gedrückt zu haben. Aktivisten dieser Protestgruppe haben in Berlin schon nackt Wohnungsbesichtigungen gestürmt, um gegen steigende Mieten zu protestieren – und sie gingen auch gegen Guttenberg auf die Straße, als er noch Minister war. Für die Tortenattacke habe man mit der Hackergruppe Anonymous kooperiert. Woher die Tortenwerfer den Ort des Treffens, den Urbach in seinem Blog nicht nannte, kannten? Urbach sagt, er wisse es nicht.

Zu Guttenberg nahm den Angriff gelassen, lächelte – und schleckte in aller Ruhe ein paar Sahnereste von den Fingern, wie Videoaufnahmen des Vorfalls zeigen. Im Nachgang ließ er sich die Gelegenheit nicht entgehen, sich souverän und humorvoll zu präsentieren. „Hurra, eine Tortenattacke! Ich dachte schon, ich würde in Friedrichshain verhungern. Zwei Aktivisten hatten gottlob mit mir erbarmen“, schrieb er, orthografisch nicht ganz korrekt, auf Facebook, und äußerte einen Wunsch: „Eine wunderbare Schwarzwälder Kirschtorte. Beim nächsten Mal dann gerne Käse-Sahne!“

Mehr als 1100 Benutzer kommentierten diesen Eintrag bis zum Freitagnachmittag – und waren überwiegend voller Lob für den Ex-Minister. Eine Benutzerin sprach eine persönliche Einladung aus: „Lieber Karl-Theodor, wenn Sie mal wieder in Ihrer Heimat sind, schauen Sie doch mal bei mir in Stanich vorbei, dann gibt's eine lecker Buttercremetorte – und ich verspreche auch, sie nicht zu schmeißen!“ Ein weiterer Benutzer schrieb: „Einfach nur perfekt, dieser Politiker und die Reaktion von ihm.“ Kritik gab es deutlich weniger – teils aber in drastischer Form. „Bei den vielen schleimigen Liebeserklärungen an einen Hochstapler wird es einem ja übel!“, schrieb ein Mitdiskutant.

Die Tortenwerfer selbst bezeichnen zu Guttenberg als „Lügenbaron“ und „bis heute uneinsichtigen Betrüger“, der „die Rechnung ohne den Konditor gemacht“ habe. Aber auch die selbst ernannten Konditoren haben sich als nicht völlig tortenfest erwiesen: In Schwarzwälder Kirschtorte nämlich steckt viel Biskuitteig – für eine wahrhaft sahnige Attacke ist die Torte deshalb die falsche Wahl. Umgekehrt blieb die Torte aus diesem Grund verhältnismäßig intakt – per Twitter verkündete Stephan Urbach, er habe die Reste verspeist.

In Berlin ist zu Guttenberg nicht das erste prominente Opfer einer Lebensmittelattacke. Unvergessen ist der Eierwurf auf Edmund Stoiber und Frank Steffel, den damaligen CDU-Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl 2001. Steffel suchte Schutz hinter Stoibers Rücken – und brauchte hinterher für den Spott nicht zu sorgen. Karin Christmann

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