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Berlin: Beim Staatsbesuch kein Gedenken am Mahnmal

Israels Außenminister legt heute einen Kranz amBahnhof Grunewald nieder. Eberhard Diepgen: DasStelenfeld sagt nichts aus

Das neue Holocaust-Mahnmal muss seine Bestimmung erst noch finden. Bevor das nicht der Fall ist, wird sich wohl auch die Frage nicht abschließend klären lassen, inwieweit es vor Stelenspringern geschützt werden soll oder ob gerade die oft beschworene „Offenheit“ das Besondere sein wird. Eine „Kranzabwurfstelle“, wie viele Kritiker während der Entstehungsphase befürchtet hatten, wird es jedenfalls nicht. Der israelische Außenminister Silvan Shalom geht bei seinem Staatsbesuch in Berlin am heutigen Donnerstag zum Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Grunewald, um der Ermordung der europäischen Juden zu gedenken. Dort und nicht am Stelenfeld in Mitte wird er einen Kranz niederlegen und eine Rede halten. Und wenn der israelische Staatspräsident Moshe Katsav Ende des Monats kommt, wird er einen Kranz zum Denkmal in der Großen Hamburger Straße bringen. Von dort wie auch vom Bahnhof Grunewald wurden tausende Juden in die Vernichtungslager deportiert.

„Die Vergangenheit, die Gefühle, sind an den authentischen Orten deutlicher zu fassen“, sagt Amit Gilad, der Sprecher der Israelischen Botschaft. Außerdem gebe es im neuen Stelenfeld in Mitte gar keinen Ort, um einen Kranz niederzulegen und eine entsprechende Zeremonie abzuhalten. Außenminister Shalom werde zwar auch das Stelenfeld besichtigen, aber als Kunstwerk. „Im Laufe der Zeit wird das Denkmal seinen Platz in der Stadt finden“, sagt der Botschaftssprecher, „ich hoffe, nicht nur als Hundeauslaufplatz“.

Die Offenheit des Stelenfeldes, die von Architekt Peter Eisenman, der Denkmalstiftung und dem Förderkreis um Lea Rosh beabsichtigt war, schreibt den Besuchern keine feste Wahrnehmung vor. Etliche sagen, dass sie der Ort kalt lasse. Viele überspringen quasi die emotionale Leere, indem sie von Stele zu Stele hüpfen. „Dieses Stelenfeld kann für alles oder nichts stehen“, kritisiert der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), der sich schon früher ablehnend zum Mahnmal geäußert hat. „Einsamkeit, Verlassenheit, Bedrücktheit, selbst diese Gefühle werden durch Straßenlärm und schnell erreichbare Sichtachsen wieder aufgehoben“, schreibt Diepgen in der kommenden Ausgabe der CDU-Monatszeitung „Berliner Rundschau“. Das Stelenfeld bleibe eine monumentale Abstraktion, die für sich weder stille Trauer, noch Erinnerung oder eine Botschaft für die Zukunft vermittle. Nach Diepgens Meinung liege das auch daran, dass sich die Initiatoren nicht gefragt hätten, wie sich das Mahnmal in die bestehende Gedenkstättenlandschaft einordnen soll. Er fürchtet, dass „die Zahl der Erinnerungsstätten die Erinnerung eher relativieren wird“.

Um dem Mahnmal eine klare Bestimmung als Erinnerungsort zu geben, plädiert Diepgen wie auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dafür, die Besucher zuerst durch den unterirdischen Ort der Information zu schleusen. „Das Mahnmal ist bewusst offen konzipiert, das sollte auch so bleiben. Dennoch ist ein würdiger Umgang anzustreben. Das kann durch Ansprache von anderen Besuchern oder durch die Sicherheitskräfte geschehen, am besten aber dadurch, dass man zuerst das Informationszentrum besucht“, sagt Wowereit.

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