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Berlin: Beim Wasserholen plötzlich Bombenfall

„Im Wald, gegenüber unserem Haus, lagert eine Kampfgruppe, die sich nach dem Westen durchschlagen will. Ob ich mich da anschließen kann?

„Im Wald, gegenüber unserem Haus, lagert eine Kampfgruppe, die sich nach dem Westen durchschlagen will. Ob ich mich da anschließen kann? – Vergrabe meinen Schmuck im Garten. Als ich nachmittags zu einem echten Kaffee zu Haeberleins wollte, sprach ich mit den Soldaten. Sie hatten Zivilpersonen bei sich, aus bereits besetzten Berliner Gebieten Geflohene, die schauervoll schildern konnten, was ihnen zugestoßen war. Ein junges Mädel war ganz apathisch, hatte kaum Zeug am Leibe, und die Soldaten organisierten aus einem leer stehenden Haus Kleider für sie. “

Bericht eines Arztes : „Erhängte Soldaten in Berlin, mit Schildern um den Hals: ,Ich war zu feige, meine Frau und meine Kinder zu verteidigen.’ Die Hysterie, die aus diesen Texten abzulesen ist.Tote Menschen, wenn die hängen, sind das keine Menschen mehr. Durch den Knick am Hals, durch den schräg abstehenden Kopf und die entspannt herunterhängenden Gliedmaßen wird das, was ein Mensch bedeutet, aufgehoben.“

(Beide Texte aus: Walter Kempowski: Das Echolot. Abgesang ’45. Ein kollektives Tagebuch. Albrecht Knaus Verlag, München 2005)

Bericht eines Dänen: „Als wir über den Lützowplatz gehen, sind deutsche Artilleristen damit beschäftigt, zwei schwere Geschütze in Stellung zu bringen. Das eine Rohr weist gen Nordwest, das andere gen Südost.“

(Aus: Reisen ins Reich 1933 bis 1945. Ausländische Autoren berichten aus Deutschland. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main)

Tagebuch einer Berlinerin: „Ich ging gleich nochmals Wasser holen. Auf dem Rückweg plötzlich Bombenfall. Aus dem Rasenplatz vor dem Kino stieg eine Säule aus Rauch und Staub. Zwei Männer vor mir warfen sich platt in den Rinnstein. Frauen rannten in den nächstbesten Hausflur, treppab. Ich hinterdrein, abwärts, in einen völlig fremden Keller, der nicht die Spur von Beleuchtung hat. Die vollen Eimer schleppte ich mit, sonst werden sie einem geklaut. Drunten im Stockfinstern ein aufgescheuchter Haufen, unheimlich. Eine Frauenstimme ächzt: ,Mein Gott, mein Gott…’ Und wieder Stille.“

(Aus: Anonyma. Eine Frau in Berlin. Eichborn Verlag. Frankfurt am Main)

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