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Berlin: Beisheim-Center: Herr der Traufhöhen - Hans Stimmann hat das neue Gesicht der Stadt geprägt

Mit dem Beisheim-Center wird der Potsdamer Platz fast vollendet. Einer, der sich darüber freut, ist Senatsbaudirektor Hans Stimmann.

Mit dem Beisheim-Center wird der Potsdamer Platz fast vollendet. Einer, der sich darüber freut, ist Senatsbaudirektor Hans Stimmann. Ihn freut auch, dass der Neubau die Sicht auf den Sony-Komplex ein wenig verdecken wird. Das gläserne Center unterhalb des Hochhauses ist nicht nach seinem Geschmack. Aber sonst ist Stimmann zufrieden. Er hat das neue Gesicht der Stadt am Potsdamer Platz und an der Friedrichstraße geprägt, das Beisheim-Center mit auf den Weg gebracht und ist überzeugt, in seiner Amtszeit "keine richtigen Flops gelandet" zu haben.

Der Staatssekretär hat in dieser Woche einen weiteren Grund zur Freude: Am Freitag feiert ihn der Senat mit einem Empfang. Zum einen wird Stimmann sechzig. Zum anderen bewegt er seit zehn Jahren entscheidende Planungshebel. Er hat Neubauprojekte der Stadt seit dem Mauerfall geprägt. In der Bevölkerung und bei Architekten ist sein Geschmack nicht unumstritten: Stein statt High-Tech, Rückkehr zu traditionellen Traufhöhen, Blockkanten und Straßenstrukturen, steinerne, "solide" Diszipliniertheit statt Formenexperimente, kritische Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses.

Das von Stimmann, der in zahlreichen wichtigen Bauwettbewerben das Sagen hatte, propagierte "steinerne Berlin" entfachte in den neunziger Jahren den Berliner Architekturstreit: Junge Planer mit innovativen Ideen fühlten sich eingeengt, warfen Stimmann vor, mutigen Entwürfen keine Chance zu geben und dem Aufbruch Berlins baulich nicht Rechnung zu tragen. Das Wort "Traufhöhe", das viele Neubauprojekte bis zur sichtbaren Dachkante auf 22, höchstens 30 Meter stutzte, wurde erstmals populär: vor allem als Synonym für eine gewisse Provinzialität, die der frühere Daimler-Benz-Chef Edzard Reuter mit dem Begriff "Posemuckel" titulierte.

Der Architekturstreit konzentrierte sich fast ausschließlich auf Stimmann und seine "rationalistische Linie", seine Strenge, die sich nicht mit der "demokratischen Öffnung" einer Architektur der klasssichen Moderne vertragen wollte. Josef-Paul Kleihues hatte als Vorbild Stimmanns keine Schwierigkeiten, sich etwa am Pariser Platz mit strengen, historisierenden Lochfassaden (Haus Liebermann, Haus Sommer) zu verwirklichen. Günter Behnisch aber musste für seinen Entwurf einer gläsernen, licht-modernen Akademie der Künste kämpfen, fand die Unterstützung der Berliner Architektenkammer und ihres Präsidenten Cornelius Hertling. Auch Peter Conradi, der Präsident der Bundesarchitektenkammer, konnte mit Stimmanns Architekturbild nichts anfangen, entwickelte sich zu einem führenden Kritiker.

Eine Vorliebe für Hochhäuser hat Stimmann nicht, und wenn sie ihm gefallen, dann sollten sie wenigstens so aussehen wie das Backstein verkleidete, gestufte 25-stöckige Bauwerk des Architekten Hans Kollhoff am Potsdamer Platz. Dort habe er, so Stimmann, die ursprünglich von den Investoren geplanten, in die Höhe ragenden "Mega-Maschinen" verhindert. Für Experimente sah er auch an der Friedrichstraße keinen Platz. Viele ihrer Neubauten sind streng genommen Hochhäuser, denn zahlreiche Etagen wurde in die Tiefe oder zurückgesetzt als Staffelgeschosse errichtet. Der äußere Schein, der die Häuser an der Traufkante enden läßt, trügt, aber erinnert zumindest an die Bauhöhe von einst.

Es ist die "Idee der Stadt", die den Senatsbaudirektor fasziniert, einer europäischen Stadt mit Tradition. Barcelona, Madrid, Paris, Rom und Mailand hat er vor Augen, auch München. Es sind Städte mit dichter Bebauung, so wie er sie sich wieder für Berlin wünscht.

Er sagt, er habe Architekten "domestiziert", aber keineswegs zurecht gestutzt. Wer ihm vorwerfe, grundsätzlich etwas gegen Hochhäuser zu haben, sei daran erinnert, dass allein neun 150 Meter hohe Gebäude am Alexanderplatz vorgesehen sind. "Alles genehmigt, aber keiner baut".

Christian van Lessen

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