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Wer ausgelassen feiert und abtanzt, will nicht automatisch auch angebaggert und begrapscht werden. Ist wirklich so!

© imago

Belästigungen auf Partys: Ich will doch nur tanzen

Ausgelassen feiern, inmitten einer schwitzenden Masse in die Musik eintauchen – das kann so schön sein. Wären da nicht die hemmungslosen Grapscher, die sich jeder Abwehr widersetzen. Unsere Autorin möchte rechtzeitig vor den Silvester-Feten einen Merksatz vermitteln: "Nein, danke!" heißt wirklich "Nein, danke!".

Eine Tanzfläche mitten in Berlin, sehr spät, ziemlich früh, wie man’s nimmt. Zwei Frauen, ein Ziel: tanzen. Die Musik stimmt, der Pegel auch. Ganz in der Nähe zwei Männer, ihr Ziel: Diese beiden Frauen – natürlich könnten es auch beliebige andere sein – dem spontanen Grabbelcheck zu unterziehen. Die Musik ist ihnen egal, der Pegel viel zu hoch. Eine subtile Absage wird missachtet, eine freundliche, aber deutliche ebenfalls. Am Ende ist Abwehr nicht nur mit Worten, sondern mit Taten vonnöten. Und selbst das wird ignoriert.

Irgendwann brach ich einfach nach Hause auf und jammerte einer Taxifahrerin in einem Anfall selbstbemitleidender Übertreibung vor, man könne in dieser doofen Stadt nicht mal in Ruhe seinen Spaß haben. Einfach nur tanzen, das wär’s. Ein paar Tage später sah ich bei Twitter den Eintrag einer Bekannten – und fühlte mich verstanden: „Zeit, bis der erste Creep Blickkontakt aufnimmt: 2 min. #clubskala #berlin“.

Schlechte Laune

Klar, das, was meinem Taxigejammere vorausging, war ein eindeutiger Fall. So geht’s einfach nicht, und ein solches tumbes Gegrabbele passt in seiner ganzen Dorfdiskohaftigkeit doch sowieso nicht nach Berlin. Aber manches, was man beim Feiern an Annäherungsversuchen erlebt, ist zwar nicht so eindeutig daneben wie diese Szene – aber doch geeignet, für schlechte Laune zu sorgen.

Zeit also für eine kleine Handreichung: Wer die Pfoten ausfährt, tut das bitte nur entweder auf (verbale oder nonverbale) Einladung oder in Form eines vorsichtigen Testlaufs, der im Falle von Abwehrreaktionen einzustellen ist (und für den sich jede Menge Körperregionen NICHT eignen).

Humorlos? Spießig? Verklemmt? Da erlaube ich mir die Gegenfrage: Wer geht eigentlich verbissen an die Sache ran – der Grapscher, der sich einfach nicht abhalten lässt, oder der Begrapschte? Welche Art von total oberlockerem Balzbetrieb soll das sein, bei dem völlig egal ist, was das Objekt der Begierde von dem Angebot hält?

Weder Fisch, noch Fahrrad

Denn das ist doch genau der Punkt: dass Berlin so wunderbar viele Angebote parat hat. Für die, die feiern und sich überraschen lassen wollen, was sich so ergibt. Für die, die feiern und sichergehen wollen, dass sich etwas ergibt. Vielleicht wäre es sogar eine Idee, jenen ein Angebot zu machen, die feiern wollen, aber bitte, ohne dass sich etwas ergibt. Motto: Bin kein Fisch, brauche kein Fahrrad.

Vermutlich wäre das am Ende öde, kann schon sein. Das Schönste am Ausgehen ist schließlich, in eine schwitzende, möglichst besinnungslose Menge einzutauchen und alles zu vergessen, was nicht genau hier und genau jetzt stattfindet. Da gibt’s nun mal Parallelen zu anderen schwitzorientierten Freizeitaktivitäten.

Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich

Aber so lange es ums Anbahnen und Andocken geht, geht’s auch darum, Signale zu deuten. Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich. Auf genau diesem halben Quadratmeter, Freundchen, da ist gerade nur für mich allein Platz. Das soll keineswegs heißen, dass freundliche Offerten verboten wären. Und der Spielraum, der für Freundlichkeiten zur Verfügung steht, ist natürlich immer von der Situation abhängig. Eine kleine Testberührung, die im morgendlichen S-Bahn-Gedränge kein bisschen okay wäre, ist im nächtlichen Tanzflächen-Gewusel vermutlich ganz richtig. Aber in beiden Situationen ist ein „Nein, danke“ ein „Nein, danke“. Wer ein solches rüberbringt, ob armwegziehender, kopfschüttelnder oder sich umdrehender Weise, meint das auch so. Wirklich. Wenn er es sich anders überlegt, wird er das ganz von allein kundtun. Und wer das nicht versteht, dem gehören die Tanzschuhe strafverschnürt.

Bald gibt’s eine gute Gelegenheit zum Üben. Drei Tage noch bis Silvester. Tanzt und feiert ins Jahr hinein. Trinkt euch in die Glückseligkeit, nehmt, was ihr für eine gute Party braucht. Baggert, fummelt, knutscht, mit sämtlichen denkbaren Fortsetzungen. Aber investiert ein paar Minuten mehr in die Suche nach jemandem, der auch Bock drauf hat. Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich. Wer in meinen reinkommt, das entscheide ich selbst.

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