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Frank Henkel und Michael Braun bei der Vereidigung des neuen Berliner Senats.

© dpa

Belastungsprobe für Rot-Schwarz: Henkel spricht Braun Vertrauen aus

Frank Henkel stellt sich hinter seinen Justizsenator. Dennoch wächst in der Koalition die Nervosität. Am Mittwoch muss Michael Braun seine Rolle bei den Immobilien-Geschäften im Rechtsausschuss erklären.

Von Sabine Beikler

Die Stimmung in der Berliner CDU ist auf dem Tiefpunkt. Die Vorwürfe gegen neuen Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) wiegen schwer. „Braun genießt mein Vertrauen“, sagte zwar am Dienstag  CDU-Parteichef und Innensenator Frank Henkel vor Beginn der Fraktionssitzung im Raum 311 des Abgeordnetenhauses. Doch die Unruhe in der CDU ist deutlich zu vernehmen. „Wir haben Bauchschmerzen“, sagte ein hochrangiger CDU-Politiker. „Die Sache ist moralisch schwierig.“

Braun antwortete auf die Frage, ob er Stellung nehmen wolle zu den Vorwürfen, er habe selbst auch Geschäfte mit Schrottimmobilien beurkundet, mit einem knappen „Nein“. Am Mittwoch will er sich im Rechtsausschuss erklären.

Auch der Koalitionspartner wird allmählich nervös. Von „moralischen Grundsätzen, die bei Notargeschäften einzuhalten sind“ ist in der SPD zu hören. Man wolle den Rechtsausschuss abwarten, bevor man eine Bewertung vornehme, heißt es. Deutlicher dagegen wird der SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz. Sollten sich die Vorwürfe gegen den CDU-Justizsenator bewahrheiten, „muss er unverzüglich zurücktreten. Selbst wenn das notarielle Beurkunden von Geschäften mit Schrottimmobilien nicht justiziabel ist, ist es moralisch unanständig und nicht tragbar“, sagte Schulz dem Tagesspiegel. Im Senat hat man am Dienstag offiziell nicht über die Vorwürfe gegen den CDU-Senator Braun gesprochen. „Das ist keine Sache der Senatspolitik. Es gibt zuständige Stellen, die das, was sich aus der Tätigkeit von Michael Braun als Notar ergibt, dienst- und standesrechtlich bewerten“, sagte Senatssprecher Richard Meng auf Anfrage.

Die Opposition fordert eine rückhaltlose Aufklärung. Braun müsse erläutern, „ob er seine Position aufrecht erhalten kann, dass er nichts von den Schrottimmobilien wusste“, sagte Grünen-Rechtspolitiker und Jurist Dirk Behrendt. Es sei „zweifelhaft, dass es sich um ein paar Einzelfälle handelt“. Als Verbraucherschutzsenator könne er nicht das Vertrauen der Verbraucher gewinnen, wenn er die Vorwürfe nicht aus der Welt räumen könne.

Der Abgeordnete und Parteichef der Linken, Klaus Lederer, ist ebenfalls Jurist. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Notar nicht um die windigen Geschäftspraktiken der Vermittler von Schrottimmobilien weiß“, sagte Lederer. Jenseits der juristischen Fragen gebe es die „ethische Frage, wie ein Verbraucherschutzsenator sich mit Nichtwissen hinausreden kann angesichts der bekannten Vermittlungspraxis“. Lederer wundert sich, dass die Berliner Notarkammer „aus dem Blauen heraus Braun komplett entlastet hat. Das ist mir schleierhaft angesichts der Massivität der Vorwürfe“. Der Rechtspolitiker der Piraten, Simon Weiß, sagte, die Justizverwaltung habe eine Kontrollfunktion über die Kammer. Braun habe als Senator eine Vorbildfunktion und genieße „keinen Welpenschutz“.

Das Geschäft mit Immobilien, die weit über Wert verkauft werden, ist ein Milliardengeschäft. Die Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger betreut und begleitet nach Auskunft von Vorstand Jürgen Blache rund 100 000 Betroffene in Deutschland, davon etwa ein Drittel in Berlin. „Es gibt immer wieder Anwälte und Notare, die in dem Geschäft mitspielen. Die sind bekannt, und die wissen genau, wer hinter den Firmen steckt“, sagt Blache. Täglich würde er Anrufe von weiteren Betroffenen erhalten, die auf die Vermittler von Schrottimmobilien hereingefallen sind.

Der Anleger-Schutzanwalt Jochen Resch bearbeitet jährlich rund 1500 Fälle bundesweit, darunter 700 Fälle in Berlin. Er sagt, dass er etwa 50 Fälle kenne, bei denen Immobilienverträge in der Kanzlei von Uwe Lehmann-Brauns (CDU) und Michael Braun notariell beurkundet worden seien. „Als Verbraucherschutzsenator ist Braun nicht tragbar. Das Vertrauen der Bürger kann er nicht gewinnen“, sagt Resch, der auch Vorstand der Verbraucherzentrale Brandenburg ist.

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