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Lärmgeschützt. Ein Ehepaar in Waltersdorf im Landkreis Dahme-Spreewald hat sich bereits Schallschutzfenster einbauen lassen. Foto: dpa

© dpa

BER-Lärmschutzurteil: Keine Entschuldigung wird laut

Nach dem Urteil für besseren Lärmschutz am BER sieht das Land keine Fehler – nun drohen neue Konflikte.

Das Schallschutz-Urteil zum Pannen- Flughafen setzt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) unter Druck. Am Freitag übten die Oppositionsparteien CDU und Grüne, aber auch der Blankenfelder Bürgermeister Ortwin Baier (SPD) scharfe Kritik: Brandenburg habe nach dem bereits eindeutigen Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vom Juni 2012 zum rechtswidrigen Billig-Schallschutzprogramm des BER versucht, den dort bekräftigten Standard des Planfeststellungsbeschlusses noch mit dem Standard der „krummen Null“ zu entschärfen. Damit habe sich das Land, so die Grünen, zulasten von rund 25 000 Anwohnern eines „Rechtsstaates unwürdig“ verhalten.

Dagegen wies Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) erneut Versäumnisse seines Ministeriums beim Schallschutz des BER zurück. Die Konsequenzen des Urteils sind noch nicht absehbar.

Es waren Vogelsänger und Platzecks Flughafen-Staatssekretär Rainer Bretschneider, die am Freitag kurzfristig vor die Presse traten. Platzeck hat nach dem OVG-Urteil bislang lediglich eine zügige und kurzfristige Prüfung zugesagt. Allerdings hatte er öffentlich im letzten Jahr den Kurs Brandenburgs verteidigt, mit dem das von 2004 bis 2014 mit 139 Millionen Euro nie ausfinanzierte, rechtswidrige BER-Schallschutzprogramm – er war Vizeaufsichtsratschef – lediglich um 305 Millionen Euro nachgebessert worden wäre. Nun sind, wenn die früheren Zahlen der Flughafengesellschaft stimmen, 591 Millionen Euro fällig.

Offiziell hat der Flughafenaufsichtsrat bislang erklärt, dass diese Gesamtsumme in den von den Gesellschaftern Ende 2012 bewilligten 1,2 Milliarden Mehrkosten bereits enthalten ist. Es gab aber bereits Hinweise, dass der Puffer von 285 Millionen Euro für andere Zwecke verplant wird. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erwartet inzwischen offenbar einen Mehrbetrag in Höhe einer dreistelligen Millionensumme.

Das höchste Verwaltungsgericht der Region hatte bekräftigt, dass der vom Flughafen in der Frage „Keine Überschreitung des Gesprächslautstärke-Pegels von 55 Dezibel“ exakt so beantragte, vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte Planfeststellungsbeschluss „eindeutig“ sei. Dagegen erklärte Flughafenchef Hartmut Mehdorn, dass diese Forderung „in weiten Teilen aus lärmphysikalischer Sicht nicht umsetzbar“ sei: „Es hat zur Folge, dass für viele Anwohner gar keine Schutzmaßnahmen realisiert werden können, sondern sie mit Entschädigungen vorlieb nehmen müssen.“ Das birgt neue Konflikte.

Das Problem war nach Unterlagen dem Flughafen bereits vor dem Start des Schallschutzprogramms 2009 bekannt, das bis 2012 trotz Hinweisen der Behörden mit rechtswidrigem Billigstandard und sechs Pegel-Überschreitungen täglich praktiziert wurde. Linken-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi begrüßte das Urteil. Der Bund, Berlin und Brandenburg hätten „zulasten der vom Lärm betroffenen Bürger sparen“ wollen. Diese „Dreistigkeit“ sei unterbunden worden.

Leitartikel, Seite 1

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