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„Es ist ein Skandal, dass man sich an gerichtliche Entscheidungen nicht gebunden sieht“, sagte Wolfgang Baumann, der Anwalt der Fluglärm-Betroffenen, am Mittwoch. Er hat das brandenburgische Infrastrukturministerium abgemahnt, weil es versuchen würde, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zu den Schallschutzauflagen für den BER aufzuweichen.

© dapd

BER-Schallschutz: Anwalt der Anwohner mahnt Ministerium ab

Wird das OVG-Urteil zum Schallschutz umgesetzt, kostet das deutlich mehr, als die Flughafengesellschaft veranschlagt hat. Darum versuche sie, den Beschluss aufzuweichen, sagt der Anwalt der Betroffenen. Zu diesem Vorwurf äußerte sich das zuständige Ministerium nur spärlich.

Die Auseinandersetzungen um den Schallschutz am BER spitzen sich zu. Der Würzburger Anwalt Wolfgang Baumann, der Betroffene vertritt, hat am Mittwoch das brandenburgische Infrastrukturministerium (MIL) abgemahnt. Das begründete das Baumann mit dem bevorstehenden Versuch, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg (OVG) aufzuweichen. Laut Urteil darf es in den rund 10.000 Wohnungen der Kernzone um den Airport entsprechend dem rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss keine einzige Überschreitung der Zimmerlautstärke von 55 Dezibel durch Fluglärm geben.

„Es ist ein Skandal, dass man sich an gerichtliche Entscheidungen nicht gebunden sieht“, sagt Baumann. Kalkül sei offenbar, die für diesen Schallschutz nötigen Kosten von 591 Millionen Euro abzuwenden. Baumann berief sich auf ein Gespräch mit Infrastruktur-Staatssekretär Rainer Bretschneider. Der habe ihm Ende Juli angekündigt, dass der Bescheid des MIL vom 2. Juli 2012, der den Flughafen zur Umsetzung des OVG- Urteils verdonnerte, abgeändert werden soll. Und zwar so, dass er keine Null-Überschreitung mehr enthalte, sagte Baumann. Parallel dazu geht der Flughafen juristisch gegen den strengen Bescheid vor.

Bretschneider sagte auf Anfrage dazu lediglich, man bereite derzeit einen weiteren „Bescheid in der Hauptsache“ vor, setze das OVG-Urteil aber um. Details nannte er nicht.

Zum Hintergrund: Die Flughafengesellschaft (FBB) hatte einst im Planfeststellungsverfahren selbst einen Schallschutz beantragt, der jedwede Überschreitung des Spitzenpegels von 55 Dezibel in den Wohnungen strikt ausschloss. Doch nachdem Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig geworden war, hielt sich die FBB im realisierten Schallschutzprogramm nicht daran. Stattdessen bewilligte man Vorrichtungen, die täglich sechs Pegelüberschreitungen zuließen, billiger und geringer dimensioniert waren. Der Lärmschutz-Etat für 25.000 Wohnungen um den BER – derzeitige Gesamtkosten knapp 4 Milliarden Euro – beträgt bis zum  Tage lediglich 140 Millionen Euro, womit nie eine rechtskonforme Praxis gesichert war.

Werden Planfeststellungsbeschluss und OVG-Urteil umgesetzt wird, kostet das 591 Millionen Euro. Das brandenburgische Infrastrukturministerium hatte die erst vom OVG als „systematischen“ Verstoß gestoppte Billig-Praxis der FBB seit Mai 2011 geduldet, lediglich im Dezember 2011 längerfristig einen strengeren Standard – weniger als eine Überschreitung pro Tag – angemahnt. Dies würde 300 Millionen Euro mehr kosten, also die Hälfte des OVG-Standards. Das wird von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) weiterhin favorisiert. Im Gegenzug erwartet Platzeck von Berlin und dem Bund, dass sie eine Rücknahme des „Klarstellungsantrages“, mit dem der Flughafen den Schallschutz zu Lasten der Anwohner verschlechtern will, nicht länger blockieren. Ein entsprechendes Schreiben schickte Platzeck an alle Aufsichtsräte.

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