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Wer am künftigen Flughafen BER wohnt, soll schnell Schalldämmung einbauen. Das Geld gibt es zurück.

© dpa

BER-Schallschutzkompromiss: Anwohner werden entschädigt

Der Streit zwischen Anwohnern und Airport dauert schon Jahre. Nun wurde ein Schallschutzkompromiss erzielt. Matthias Platzeck lobt den Beschluss für Zahlungen an die BER-Anwohner – und ein bisschen auch sich selbst.

Ein bisschen klopft sich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) selbst auf die Schulter. Denn die Flughafengesellschaft und die Bürgermeister der vom Fluglärm besonders betroffenen Gemeinden haben sich auf einen Schallschutzkompromiss geeinigt. „Ich fühle mich in meinem Eintreten als brandenburgischer Ministerpräsident für einen exzellenten Schallschutz im Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner bestätigt“, sagte Platzeck, der Vorsitzender Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft ist.

Denn diese akzeptiert nun, dass nicht einmal am Tag die Zimmerlautstärke durch Fluglärm in den betroffenen 14 000 Haushalten überschritten werden darf. Genau das sieht der Planfeststellungsbeschluss vor, aber die Flughafengesellschaft hatte lange versucht, dies zu umgehen. Wo es baulich möglich ist, will der Flughafen nun „ohne Wenn und Aber“ die Vorgaben erfüllen, erklärte die Flughafengesellschaft. Sie will sich schnellstens mit einem Schreiben an die Anwohner wenden, in dem die Vorgehensweise erläutert werde. Sind die Häuser aber nicht so umzurüsten, dass es lauter als Zimmerlautstärke wird, so sieht der Planfeststellungsbeschluss vor, dass die Eigentümer mit 30 Prozent des Verkehrswertes ihrer Häuser entschädigt werden. Sie können das Geld aber auch für andere Dinge als Schalldämmung ausgeben. Genau das wollte die Flughafengesellschaft nicht.

Der Kompromiss sieht vor, dass die Flughafengesellschaft Baumaßnahmen priorisiert. Die Flughafengesellschaft fordert die Hauseigentümer auf, auf jeden Fall Schallschutzmaßnahmen einzubauen. Die Kosten will die Flughafengesellschaft übernehmen, selbst wenn diese die Kappungsgrenze, also den Verkehrswert von 30 Prozent, überschreiten. „Lieber baulichen Schallschutz statt dicke Autos“, sagt der Bürgermeister von Blankenfelde-Mahlow, Ortwin Baier (SPD). Allerdings gibt es bei denen, die es selbst mit Umbauten nicht schaffen, den Fluglärm in Haus oder Wohnung auf Zimmerlautstärke runterzudämmen, keine Pflicht, Baumaßnahmen vorzunehmen. Sie können auf die Auszahlung des 30 Prozent Verkehrswertes bestehen.

Der Streit zwischen Airport und Anwohnern dauert schon Jahre. Zunächst wollte der Flughafen eine Billigvariante installieren, nach der pro Tag sechs Überschreitungen des Zimmerlautstärkepegels in den Wohnungen zugelassen wurden. Laut Planfeststellungsbeschluss ist aber keine Überschreitung erlaubt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg stellte daher systematische Verstöße gegen die Vorgaben fest. Der Auslegungsversuch des Flughafens, eine 0,5-Grenze durchzubekommen, wurde ebenfalls vom OVG gekippt, eine Revision ließ es nicht zu. Dagegen legte die Flughafengesellschaft Beschwerde ein. Dabei bleibt es trotz des Kompromisses – aus haftungsrechtlichen Gründen. Die Vorgaben würden trotzdem „vollumfänglich“ erfüllt und der schalldämmende Umbau in den Häusern solle sofort beginnen, hieß es. Beide Seiten wollen aber die Kappungsgrenze für Entschädigungen ändern. Baier fordert eine höhere Kappungsgrenze von 50 bis 60 Prozent. Mehdorn will die Schwelle senken.

Flughafengegner kritisierten am Donnerstag das Vorgehen des Flughafens als Trickserei und die 30-Prozent-Kappungsgrenze als willkürlich. Nur 1300 Wohnungen erhielten volle Schutzmaßnahmen, bei 10 000 sei dies fraglich. 2700 Wohnungen fielen heraus. Ursprünglich hatte der Flughafen die Kosten für das Schallschutzprogramm mit knapp 140 Millionen Euro veranschlagt. Durch das OVG-Urteil könnten die Kosten nach Berechnungen des Aufsichtsrates auf 730 Millionen Euro steigen. (mit axf)

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