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Am Flughafen Tegel knirscht es an allen Ecken und Enden.

© dapd

BER-Desaster: Flughafen Tegel muss noch länger durchhalten

Mit der erneuten Verschiebung der BER-Eröffnung wird Berlins letzter Innenstadtflughafen länger in Betrieb bleiben. Offenbar gibt es bereits Überlegungen, Tegel über 2014 hinaus offen zu halten. Allerdings knirscht es hier an allen Ecken und Enden.

Je weiter sich die Fertigstellung des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) verzögert, desto wahrscheinlicher wird der neue Hauptstadtairport bei der Eröffnung bereits seine Kapazitätsgrenze erreicht haben. Klar ist auch, dass mit der erneuten Verschiebung des BER-Eröffnungstermins Berlins letzter Innenstadtflughafen Tegel länger in Betrieb bleiben wird. Laut Planfeststellungsbeschluss soll die Erlaubnis für den Flugbetrieb spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens erlöschen. Im Bundesverkehrsministerium geht man offiziell davon aus, dass alles planmäßig läuft. Doch offenbar gibt es bereits Überlegungen, wie man diesen Zeitrahmen möglicherweise ausdehnen könnte. Theoretisch gilt eine Änderung des Schließungsbeschlusses als möglich, wäre aber wiederum gerichtlich anfechtbar. Insider halten die Regelung dennoch für dehnbar.

Die Schließung der innerstädtischen Flughäfen Tempelhof und Tegel war Voraussetzung für die Genehmigung zum Bau der neuen Südbahn für den BER in Schönefeld. Sechs Monate nach deren Inbetriebnahme erlischt laut Verfügung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Tegel. Die Behörde könnte diesen Bescheid ändern und eine längere Frist festlegen. An einem solchen Verfahren müsste das Land Brandenburg beteiligt werden.

Eine Fristverlängerung aus zwingenden Gründen würde den Planfeststellungsbeschluss für den BER nicht aufheben, hieß es aus Kreisen der Brandenburger Landesregierung. Zwar wird dort ebenso wie im bestätigenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitrahmen erwähnt, doch sind auch die Flugrouten nachträglich verändert und gerichtlich bestätigt worden. Als entscheidend gilt, dass an der grundsätzlichen Schließung Tegels festgehalten wird. „Ich denke, dass es möglich wäre, die Schließungsverfügung aufzuheben und durch eine neue, passende zu ersetzen“, sagte der Berliner Luftverkehrsrechtsexperte Elmar Giemulla dem Tagesspiegel. Die Frage sei, ob die Gerichte bei einer solchen Entscheidung mitziehen würden.

Bildergalerie: Konzepte für den Flughafen Tegel

Bisher sei diesbezüglich niemand an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herangetreten, so deren Sprecherin Petra Rohland. Einen solchen Antrag könne auch nur die Betreibergesellschaft des Flughafens stellen. Diese hatte sich in der Vergangenheit vergeblich sogar gegen die sechsmonatige Betriebspflicht nach der BER-Eröffnung gewehrt.

Tatsächlich droht es am Flughafen BER angesichts der steigenden Besucherzahlen in der Hauptstadtregion schnell eng zu werden. 2011 stieg das Passagieraufkommen an den Berliner Flughäfen um 7,7 Prozent auf 24 Millionen Reisende. Bis Ende Juli dieses Jahres wurden bereits 14,27 Millionen Reisende gezählt, was einem Zuwachs um 5,3 Prozent entspricht. Danach wäre die Kapazität des neuen Airports von 27 Millionen Passagieren bereits um die Jahreswende 2013/14 erreicht.

Der Flughafen Tegel im Porträt:

Ein Ausbau des BER müsste demnach bereits jetzt beginnen, scheint jedoch kaum finanzierbar. Denn die Betreibergesellschaft hat bereits erhebliche Probleme, die Mehrkosten von 1,17 Milliarden Euro für die vorhandenen Anlagen zu stemmen. Vorgesehen ist eine modulare Erweiterung nach Westen durch den Bau von zwei Satellitenflugsteigen. Der erste soll vor dem Kontrollturm entstehen. Die Anbindung an das Hauptgebäude und die dort im Keller befindliche Gepäckförderanlage ist ebenfalls problematisch. Auf den vorsorglichen Bau eines Tunnels hat man verzichtet, um 80 Millionen Euro zu sparen. Die Realisierungsmöglichkeit einer Fußgängerbrücke, die hoch genug sein müsste, um Großraumjets darunter hindurchrollen zu lassen, gilt als fraglich. Was bliebe, wäre, Passagiere und Koffer mit Fahrzeugen über das Vorfeld zu transportieren. Das würde aber zu ständigen Konflikten mit dem Rollverkehr der Flugzeuge und damit nach Meinung von Experten zum Chaos führen.

Zunächst könnte man versuchen, ein paar Millionen Passagiere mehr durch den vorhandenen Terminal zu schleusen, heißt es in Luftfahrtkreisen. Sie verweisen auf den Flughafen Tegel, der seine Kapazitätsgrenzen längst überschritten hat und auch noch funktioniert. Allerdings knirscht es hier an allen Ecken und Enden. So seien viele technische Anlagen im Hinblick auf die geplante Schließung nicht mehr erneuert worden, heißt es aus informierten Kreisen. Bereits im vergangenen Jahr habe es Probleme mit der Klimaanlage gegeben und für die Gepäckbänder gebe es kaum noch Ersatzteile. Auch bei der Abfertigung kommt es zu Engpässen. Vor nur teilweise besetzten Sicherheitsschleusen entstehen lange Schlangen von Reisenden. Flugzeuge müssen oft an den Passagierbrücken auf Bedienpersonal warten und Fluggäste beklagen häufige Verzögerungen bei der Gepäckausgabe. So gab es dem Vernehmen nach bereits ein Krisengespräch zwischen der Flughafengesellschaft und dem Dienstleistungsunternehmen GlobeGround Berlin. Man sei dabei, personelle und infrastrukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Situation umzusetzen, so Geschäftsführer Bernhard Alvensleben. Angst haben alle Beteiligten vor einem strengen Winter. Dann, so sagen Insider, droht in Tegel das totale Chaos.

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