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Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

© Reuters

Bundestag zum BER-Debakel: FDP: "Wowereit muss als Aufsichtratschef zurücktreten"

90 Minuten hat der Bundestag über das BER-Desaster debattiert. Aufgeladen und emotional war die Stimmung zwischenzeitlich und ein Mann stand besonders im Mittelpunkt, obwohl er gar nicht da war. Unser Live-Ticker zum Nachlesen.

Die Debatte um das BER-Debakel ist beendet. Am Schluss wurde der Entschließungsantrag der Linken und ein Gesetzentwurf zum Fluglärm vom Plenum abgelehnt. Es war eine zeitweise hitzige Debatte, in der es vor allem um die Frage ging, welche Verantwortung der Aufsichtsrat an der Verschiebung der BER-Eröffnung trägt. Besonders emotional wurde es als Martin Lindner den Rücktritt von Klaus Wowereit als Aufsichtsratschef gefordert hat. Liebe Leserinnen und Leser, wir danken Ihnen für Ihr Interesse an unserem Live-Ticker zu Bundestags-Debatte. Sie können am Ende des Textes mit Hilfe der Kommentarfunktion gerne weiter diskutieren und kommentieren.

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Jens Koeppen, Unionsabgeordneter, vergleicht den Flughafen BER mit Hertha BSC. "Auch bei der Hertha hieß es immer, wir schaffen das noch und dann kam der Abstieg." Das sei nicht nur arm, sexy, sondern auch unfähig. Er ist der letzte Redner der Debatte.

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Johannes Kahrs von der SPD hat keine Lust mehr auf die Debatte. Die ist für ihn nicht zielführend. "Solche Debatten braucht der Bundestag nicht und schon gar nicht über 1,5 Stunden." Er kritisiert, dass Peter Ramsauer nichts gesagt habe. Und dass die Linken den Antrag gestellt habe, versteht er nicht. "Im Aufsichtsrat sitzen auch Mitglieder der Linken, das hätten Sie sich vielleicht vorher mal anschauen sollen Herr Gysi". Insgesamt sei viel geredet und nichts gesagt worden.

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Der unfertige BER in Bildern:

Die CSU-Abgeordnete Daniela Ludwig geht vor allem auf die Kosten ein und fordert Nachvollziehbarkeit. Sie kritisiert, dass Klaus Wowereit statt in den Verkehrsausschuss zu kommen lieber einen Staatsgast aus Costa Rica empfangen habe. "Hier hätte man sich eine andere Prioritätensetzung vorstellen können." Und auch Flughafenchef Rainer Schwarz steht bei Ludwig in der Kritik: "Er muss mehr Antworten liefern, um den Anschein der Glaubwürdigkeit noch etwas zu wahren."

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Stephan Kühn, Abgeordneter und Verkehrspolitiker der Grünen, fordert einen Entschädigungsfonds für die Betroffenen. Darin müssten Überbrückungskredite enthalten sein und auch Entschädigungszahlungen schnell ausgezahlt werden. Allerdings ist die Frage nach Schadenersatz schwierig.

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Herbert Behrens von der Linksfraktion, der nun spricht, bringt einen Untersuchungsausschuss ins Spiel. "Das ist überlegenswert", sagt er.

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Nun meldet sich die Berliner FDP zu Wort - in Gestalt von Martin Lindner. Und er packt die große Keule aus und fordert den Rücktritt von Klaus Wowereit vom Aufsichtratsposten. "Klaus Wowereit hat beim neuen Flughafen BER versagt. Der Regierende Bürgermeister hat sicher seine Verdienste um Berlin. So kann man sich während der Berlinale kaum einen besseren Repräsentanten vorstellen. Aber da muss der rote Teppich bereits ausgerollt sein", sagt er. Für große Projekte, wie den Hauptbahnhof oder den Flughafen, fehle es dem Regierenden an Interesse und Kompetenz. "Deswegen fordere ich Herrn Wowereit auf, unverzüglich vom Vorsitz des Aufsichtsrates zurückzutreten und seinen Platz im Aufsichtsrat für einen geeigneteren Senatskollegen freizumachen." Den Vorsitz im Aufsichtsrat solle ein Vertreter des Bundes einnehmen und der solle erstmal eine Sondergenehmigung vornehmen. Wowereit habe mehr Energie in die Schließung Tempelhofs gesteckt als in die Eröffnung des neuen. Die Ausführungen Lindners führen zu großem Gelächter bei der SPD. Bartol ruft rein "Das ist doch ein Witz". In der ersten Reihe der SPD-Fraktion schlagen sie sich auf die Schenkel. Und Renate Künast fragt: "Was hielten sie denn davon jemanden mit Ahnung in den Aufsichtsrat zu schicken und nicht noch einen, der keine Ahnung hat aus dem Ministerium Ramsauers." Und auch der Berliner Linken-Abgeordnete Stefan Liebich fragt nach, weil Lindner den Linken vorgeworfen hat, dass es mit ihnen maximal ein Nachtflugverbot ab 13 Uhr gebe. Liebich will wissen,. was er den den Bürgern in Pankow, wo er ja auch kandidiert habe, sage.

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Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion ist nun an der Reihe und er spricht von "Pannen" und "Imageschaden". "Das sollte bei Großprojekten in Deutschland nicht so häufig vorkommen, das können wir uns nicht leisten." Er habe den Eindruck, dieser Flughafen war einfach nicht fertig. IT, Brandschutz, Abfertigung, Lounges - das was fertig war und was nicht klaffe riesen Lücke. "Finde es gut, dass sich Platzeck und Wowereit vor den Landtagen entschuldigt haben. Controlling-Berichte dafür da, um nachvollziehen zu können, was gut und was nicht gut gelaufen ist." "Bund und Länder müssen dafür sorgen, dass aus diesem Pannenflughafen endlich eine Erfolgsstory wird"

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Peter Ramsauer (CSU), Verkehrsminister, sitzt etwas verlassen auf der Regierungsbank, den Kopf auf die Hände gestützt. Immer wieder verzieht er das Gesicht. Eingreifen in die Debatte wird er wohl nicht.

Renate Künast glaubt nicht, dass der Aufsichtsrat nichts gewusst habe

Jan-Marco Luczak, CDU-Abgeordneter aus Tempelhof-Schöneberg, sagt, dass man Kritiker eines solchen Großprojekts wie dem BER auch Ernst nehmen müsse. Und statt nach hinten zu blicken, was war, sei es jetzt wichtig nach vorne zu blicken.

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Renate Künast, die Fraktionschefin der Grünen, ist dran und sie fordert "tabulose Aufklärung. Wir werden uns nicht mit Bauernopfer Körtgen zufrieden geben." Das ist Ghana. Der Brandschutz kann nicht der einzige Grund sein. Sie lasse sich nicht unterschieben, dass der Aufsichtsrat erst am 20. April das gewusst habe "No way" Man begegnet sich hier doch ständig, und da sollen die Aufsichtsratsmitglieder und Herr Schwarz nicht miteinander reden? "No way" Da soll es eine Taskforce Brandschutz geben und die Aufsichtsratsmitglieder hätten nichts gewusst? "No way". "Alles auf den Tisch, nichts in Geheimschutzräume und Vorrausetzung schaffen, dass persönlicher Regress genommen wird"

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So entsteht der Flughafen:

Patrick Döring, nicht nur FDP-Generalsekretär, sondern auch Verkehrspolitiker der FDP-Fraktion, geht erstmal auf Bartol los. "Was ich in ihrer Rede vermisst habe, war ein Wort zur Verantwortung der Sozialdemokratie zum Desaster des Flughafens." Wieder großes Raunen und Schreien aus dem Plenum. Es gehe um die Frage, wer hat wann was gewusst. "Man hat bis zum Schluss geglaubt, dass auf Druck des Landes Brandenburg die Behörde dem Wahnsinn, die Brandschutzanlage per Hand oder halbautomatisch zu betreiben, schon genehmigen wird. Die Bauordnungsbehörde hatte zum Glück den Mut, dagegen zu halten." Klar sei, "Deutschland hat sich bis auf die Knochen blamiert." Er sei der festen Überzeugung, dass es hier ein Transparenzproblem gebe - vor allem dass es keine externes Controlling gegeben habe, "war ein Fehler".

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Sören Bartol, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, ist nun am Zug und er sagt erstmal, dass die beste Debatte gerade zwischen den Reihen stattfindet. Er wirft erstmal Gysi vor, immer zu flüchten, wenn es um das Gestalten geht. "Fahnenflucht ist keine Lösung". Wieder gibt es eine Zwischenbemerkung. Diesmal von der Linken-Abgeordneten Dagmar Enkelmann, die darauf verweist, dass der Flughafen BER nicht von den Linken, damals noch PDS, beschlossen worden sei, sondern von SPD und CDU. Antwort Bartol: "Wollen Sie jetzt immer darauf verweisen, dass sie nichts damit zu tun hätten? Das ist eben die Art der Fundamentalopposition." Nochmal eine Zwischenfrage, diesmal von Gysi: Warum man nicht trotz eines kleinen Umwegs und etwas mehr Geld nicht etwas weiter raus gegangen sei. Bartol antwortet auch darauf: "Wir müssen in Zukunft überlegen, wie wir genau mit An- und Abflügen umgehen." Auch er kritisiert die mangelhafte Beteiligung der Anwohner. Grundvoraussetzung für Lärmschutz sei die frühzeitige Einbindung der Anwohner. Es sei ja gut, dass Lärmschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interesse haben soll. Aber ist das umweltfreundlicher, wenn die Wege länger werden. Und auch ist sich Bartol nicht sicher, ob ein prinzipielles Nachtflugverbot mit dem Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland vereinbar ist.

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Gregor Gysi: "Das ist eine Blamage"

Peter Wichtel spricht nun für die Unionsfraktion und folgt damit Gregor Gysi. Dem wirft er vor, dass es ihm nur um Polemik gehe. Wichtel, CDU-Abgeordneter aus Hessen, weist darauf hin, dass im Laufe einer Projektumsetzung Probleme auftreten können, die im Planfeststellungsverfahren noch nicht absehbar waren. Den Vorwurf, dass Bürger nicht beteiligt gewesen seien, weist er zurück, schließlich saßen in den Gremien auch Vertreter der Städte und Gemeinden. "Niemand will Flugrouten, die Menschen stark belasten." Geschäftsführung hat ein Informationsproblem nicht nur gegenüber Aufsichtsrat und Bevölkerung auch gegen eigenen Kontrollorganen. Abnahme und Genehmigung erfolgt in Ländern. Wowereit, von Wichtel kurz zum Oberbürgermeister gemacht, und Platzeck wirft vor, schon früher etwas gewusst haben müssen. Er verweist auf internen Schriftverkehr "sogenannte Emails". Er verlangt lückenlose und transparente Aufarbeitung und will Controllingbericht "ungeschwärzt und ungekürzt" und "dass Wowereit die dritte Einladung endlich annimmt".

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Den Anfang macht der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi. Doch vorrangig geht es erstmal nicht um die Verschiebung, sondern um die Flugrouten und den Fluglärm. Die Linke hat eine Große Anfrage der Linksfraktion zum Thema "Flughafen Berlin Brandenburg: Flugrouten, Lärmauswirkungen".an die Bundesregierung gestellt. "Es ist noch nie gelungen Bevölkerung bei Großprojekten richtig einzuziehen, immer werden Auseinandersetzungen in Kauf genommen", sagt Gysi. Der Berliner CDU-Abgeordnete Wellmann darf eine Zwischenfrage stellen und erinnert Gysi daran, dass seine Partei zehn Jahr in Regierungsverantwortung in Berlin stand. Gysi darauf: "Die besten Maßnahmen kamen von uns und dass Klaus Wowereit so versagt hat, beim Termin liegt nur daran, dass er jetzt mit CDU regiert nicht mit Linken." Die Aufregung im Plenum ist doch recht groß - und aus dem Redebeitrag von Gysi entwickelt sich eher ein Wortgefecht zwischen Wellmann und ihm. Aber auch Jürgen Trittin wird jetzt angegriffen. "Sie wohnen doch nicht dort, wo die Leute vom Fluglärm betroffen sind, da kann man den Mund auch so aufreißen, wie sie", ruft er dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen zu. Zum Schluss kommt Gysi zur Verschiebung und er sagt. "Das ist eine Blamage und hat Provinzniveau"

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90 Minuten nimmt sich der Bundestag an diesem Freitag Zeit, um über die Verschiebung der BER-Eröffnung zu debattieren. Um etwa 11:30 Uhr soll es los gehen. Wer trägt die Verantwortung? Welche Fehler wurden gemacht? Und welche Folgekosten entstehen? Das sind die zentralen Fragen. Zustande gekommen ist die Debatte aber nicht nur aufgrund der aktuellen Ereignisse. Sondern es geht auch um eine Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Linksfraktion zum Thema "Flughafen Berlin Brandenburg: Flugrouten, Lärmauswirkungen".

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Die Grünen wiederum haben einen Antrag vorgelegt, in dem sie eine "lückenlose Aufklärung des BER-Debakels" fordern. Am Ende wird es auch Abstimmungen zum Thema geben. Zum einen über eine Empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, einen Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes abzulehnen. Auch ein Entschließungsantrag der Linken, die Verantwortlichen für die Verschiebung der Flughafeneröffnung zur Rechenschaft zu ziehen, wird abgestimmt.

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In der Antwort der Bundesregierung zum Thema Fluglärm und Entwicklung der Passagierzahlen am neuen Flughafen heißt es, dass ihr keine Prognose zu den erwarteten Flugbewegungen vorliege. Eine Prognose für das Jahr 2020 der Intraplan Consult GmbH in München gehe von 33,2 Millionen Passagieren und 368.760 Starts und Landungen aller Verkehrsarten aus. Über 2020 hinaus werde derzeit mit einem jährlichen Wachstum von 2,6 Prozent gerecht.

Ziel des Gesetzentwurfs der Linken war es, dass bei der Festlegung von Verfahren zur Abwicklung des Luftverkehrs nach der Sicherheit dem nächtlichen Lärmschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen eingeräumt wird. Doch im Bundestags-Verkehrsausschuss hatten nur die Grünen mit der Linken dafür gestimmt, die SPD hatte sich enthalten. Union und FDP stimmten dagegen.

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