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Übernimmt die Führung des Großflughafens BER: Der ehemalige Air-Berlin-Chef Chef Hartmut Mehdorn.

© Reuters

Update

Mehdorn neuer BER-Chef: "An Einfallslosigkeit kaum zu überbieten"

"An Einfallslosigkeit kaum zu überbieten" - so wertet Martin Delius von der Piratenpartei die Ernennung Mehdorns zum neuen BER-Chef. Auch für Renate Künast ist der Ex-Bahnchef das nächste Flughafen-Desaster. Es gibt aber auch positive Reaktionen, etwa von Klaus Wowereit und CDU-Generalsekretär Kai Wegner.

Hartmut Mehdorn wird neuer Geschäftsführer des Flughafens BER. Dies bestätigte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer am Freitagvormittag. Seit 12:00 läuft eine Pressekonferenz. Alle Meldungen und Stellungnahmen zum neuen Flughafenchef lesen Sie hier im Ticker.

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"Die Einsetzung von Hartmut Mehdorn zeigt vor allem eines: Die Gesellschafter Bund, Brandenburg und Berlin sind nach wie vor tief zerstritten und sich über das weitere Vorgehen uneinig", sagt Martin Delius, Sprecher der Piratenfraktion im Untersuchungsausschuss zum BER. "Abgesehen davon, dass diese Personalie an Einfallslosigkeit kaum zu überbieten ist, bleibt fraglich, wie sich ein Flughafenchef von Ramsauers Gnaden mit zerstrittenen Gesellschaftern und einem völlig überforderten Aufsichtsrat bewähren soll. Anstatt die Probleme ergebnisoffen anzugehen, fahren die Gesellschafter das Projekt BER aus kleinkarierten Eigeninteressen sehenden Auges gegen die Wand. Mehdorn muss nun einen unbedingten Transparenz- und Konsolidierungskurs fahren." +++

Der Generalsekretär der CDU Berlin, Kai Wegner, erklärt: "Dass Hartmut Mehdorn Geschäftsführer der Flughafengesellschaft wird, ist eine gute Nachricht. Die unsägliche Hängepartie hat damit endlich ein Ende. Ob Deutsche Bahn oder Air Berlin, Hartmut Mehdorn ist ein gestandener Manager, der vor großen Herausforderungen nicht zurückschreckt. Außerdem kennt der ehemalige Air Berlin-Chef die Belange der Fluggesellschaften."

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"Ich freue mich über diese gute Entscheidung. Mit Hartmut Mehdorn wird ein erfahrener Manager mit Durchsetzungskraft an die Spitze der Flughafengesellschaft treten. Das ist ein guter Schritt nach vorne", sagt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit zum neuen Flughafenchef.

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"Wenn man denkt, schlimmer geht es nicht, überzeugt einen der Aufsichtsrat zuverlässig vom Gegenteil. Gebraucht wird ein erfahrener Manager von Großprojekten, doch stattdessen wählen sie den, der zehn Jahre als Bahnchef das Milliardengrab S21 betrieben hat. Matthias Platzecks erste wichtige Handlung als Chefaufseher ist vollkommen schiefgegangen. Damit setzt sich die Flughafengesellschaft endgültig dem Gespött aus", sagt Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen, zur Entscheidung.

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Mehdorn will das Management "revitalisieren". Wie, das lässt er offen. Aber er macht sehr deutlich, wie er gedenkt vorzugehen und was er erwartet. "Ich habe zugesichert bekommen, dass ich die Unterstützung aller drei Gesellschafter habe", betont er, was vor allem nach den Streitigkeiten zwischen Berlin und Brandenburg zuletzt sinnvoll erscheint. "Ich bin bekannt dafür, dass ich geradeaus gehe und die Gesellschafter haben mich geholt, jetzt müssen sie mich auch aushalten." Er baue auf die Unterstützung Tag und Nacht. "Ich will hier ein kleines Powerhouse aufbauen", sagt er und schiebt hinterher: "Mal sehen, wie das klappt."

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Wer hat nun wann mit Mehdorn gesprochen? Hat der Bund die entscheidende Rolle gespielt? Auf diese Frage wirft Klaus Wowereit nur süffisant ein: "Bloß weil sich Herr Ramsauer heute früh mal geäußert hat?". In der Sache geben sich die Beteiligten zugeknöpft. "Lassen Sie uns unsere kleinen Geheimnisse", sagt Platzeck. Vor einigen Tage habe man sich getroffen. Unilateral, betont er. Und am Mittwoch sei im Prinzip soweit alles klar gewesen.

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Hartmut Mehdorn bedankt sich "artig" beim Aufsichtsrat für das ihm ausgesprochene Vertrauen. Er wolle, dass "ein bisschen demolierte Vertrauen der Öffentlichkeit in den BER" wiederherstellen.

Personalie Mehdorn stand schon seit Mittwoch fest

Aufsichtsratschef Matthias Platzeck betont Hartmut Mehdorns Erfahrung. Schon vor einigen Tagen hätten sie ein vertrauliches Gespräch geführt und ein Handschlagvertrag geschlossen. Mehdorn erhält einen Dreijahresvertrag.

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"Wir brauchen wieder ein Stück mehr Selbstbewusstsein beim BER. Das ist kein Puppenspiel." Aber Hartmut Mehdorn sagt auch: "Ich kann nicht zaubern."

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Hartmut Mehdorn: "Ich wünsche mir, dass wir auch ein paar Vorschusslorbeeren erhalten."

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Platzeck: "Mehdorn beginnt seinen Job am 11. März um 7 Uhr."

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Die Pressekonferenz beginnt und Matthias Platzeck hat erstmal Mühe, freie Sicht zu bekommen. Er sitzt neben Hartmut Mehdorn auf dem Podium - und was noch interessanter ist nach den Streitigkeiten der letzten Tage: er sitzt auch neben Klaus Wowereit.

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„Ich freue mich, dass wir Hartmut Mehdorn als neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung der FBB gewinnen konnten", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Freitagmorgen. Mehdorn habe in verschiedenen Funktionen bei bedeutenden deutschen Unternehmen große Erfolge zu verzeichnen, so Ramsauer weiter. "Er besitzt hervorragende Management-Fähigkeiten sowie ein Höchstmaß an wirtschaftlicher und technischer Kompetenz. Die FBB wird von seiner großen Erfahrung vor allem im Bereich Luftfahrt profitieren. Ich bin sicher, Hartmut Mehdorn folgt auch ein Stück weit einer patriotischen Berufung, eine solche Herausforderung von nationaler Tragweite anzupacken und den BER zum Erfolg zu führen - im Interesse des Wirtschaftsstandortes Deutschland."

Für den Anteilseigner Bund sei damit ein wichtiger Schritt getan, die Flughafengesellschaft (FBB) wieder auf Erfolgskurs zu führen. Jetzt müsse es darum gehen, dass Hartmut Mehdorn und Horst Amann, der Technik-Chef des BER, gemeinsam mit Hochdruck die gewaltigen Probleme auf der Baustelle lösen, weiteren finanziellen Schaden vom Unternehmen – und damit auch vom Steuerzahler - abwenden und die Mitarbeiter der FBB aufrichten und aufs Neue motivieren.

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Schon seit Mittwoch, so ist aus Gesellschafterkreisen zu hören, steht die Personalie Mehdorn fest. Da hätten sich Bund, Berlin und Brandenburg auf Mehdorn geeinigt. Dieser hat erst vor wenigen Wochen seinen Posten als Vorstandsvorsitzender bei der Fluggesellschaft Air Berlin aufgegeben. Der 70-Jährige ist derzeit entsprechend ungebunden und könnte direkt seine Arbeit beginnen. Er hat als Bahnchef mit dem Berliner Hauptbahnhof auch schon ein größeres Infrastrukturprojekt begleitet. Spannend zu beobachten wird sein, wie er mit der von ihm selbst angeschobenen Schadenersatzklage umgeht. Denn Airberlin hat die Flughafengesellschaft wegen der Eröffnungsverschiebungen verklagt.

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FDP-Generalsekretär und Verkehrsexperte der Liberalen, Patrick Döring, ist noch skeptisch, ob Mehdorn der richtige Mann ist. "Hartmut Mehdorn kann Führung und harte Hand, er kennt sich mit Fluggesellschaften aus, aber ob er das Chaos am BER wirklich richten kann, das muss man erst noch sehen. Denn es fehlt vor allem auch Führung im Detail und da kennt sich Mehdorn beim BER auch nicht aus. Sicher ist: Er allein kann das Projekt nicht retten", sagte Döring dem Tagesspiegel.

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Vor wenigen Tagen sorgte die geplatze Verpflichtung von Wilhelm Bender als Chefberater beim BER für erhebliche Aufregung. Der Ex-Fraportchef hatte den Posten Anfang der Woche abgelehnt, unter anderem weil die Höhe seines Honorars öffentlich diskutiert wurde. Wie hoch das Gehalt nun von Mehdorn sein wird, ist noch unklar. Sein entlassener Vorgänger Rainer Schwarz kassierte über 500.000 Euro jährlich.

Döring sieht den Ruf des BER durch die Diskussionen um Bender weiter geschädigt. "Das Trauerspiel um die Personalie Bender hat dem Flughafen einmal mehr geschadet und aus dem BER vor allem eine Slapstick-Nummer gemacht. Wenn man auf irgendeiner Veranstaltung in Deutschland Lacher einheimsen will, muss man nur Flughafen BER sagen. Das ist traurig."

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