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Ein Passagierflugzeug rollt am 13.02.2013 vor dem Terminal des neuen Flughafens Berlin Brandenburg Airport Willy Brandt (BER) in Schönefeld (Brandenburg).

© dpa

Mehdorn will BER-Architekten zurückholen: Die alten Flughafenplaner könnten die neuen sein

BER-Chef Hartmut Mehdorn will angeblich die Flughafenplaner GMP wieder ins Team holen. Klaus Wowereit hatte ihnen vor einem Jahr gekündigt. Was bedeutet das?

Noch Mitte Januar warf die Flughafengesellschaft dem Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP) vor, ihre „unzureichende Planungsarbeit“ sei der Hauptgrund „für das Chaos“ auf der Baustelle des künftigen Großflughafens BER in Schönefeld gewesen. Doch nun, unter dem neuen Flughafenchef Hartmut Mehdorn, gehen beide heftig zerstrittenen Seiten offenbar wieder aufeinander zu. Mehdorn erwägt, die im Mai 2012 von der Flughafengesellschaft gekündigten Generalplaner des BER wieder zurückzuholen, um so ihre Fachkenntnis im Interesse eines beschleunigten Baufortschritts zu nutzen.

Welche Aufgaben erfüllte das GMP-Büro und warum kam der Rauswurf?

Das renommierte Architekturbüro des Berliner Stararchitekten Meinhard von Gerkan hat den neuen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg (BER) als „Generalplaner“ entworfen. Zusätzlich hatten die Architekten auch die Generalüberwachung der Bauausführung übernommen. Doch im Mai vergangenen Jahres machte die Flughafengesellschaft die GMP-Planer für die geplatzten Eröffnungstermine des BER verantwortlich und kündigte sie von einem Tag auf den anderen. Die „Generalplanerleistung“ sei eine der „entscheidenden Schwachstellen“ am Flughafenbau, erklärte der Aufsichtsrat unter seinem damaligen Vorsitzenden, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Die Architekten hätten zu spät darauf hingewiesen, dass der geplante Eröffnungstermin am 3. Juni nicht mehr zu halten sei.

Zugleich reichte die Flughafengesellschaft eine Klage gegen Gerkan, Marg und Partner ein, das Büro soll entstandene Schäden in Höhe von 80 Millionen Euro ersetzen. Seither verkehrten beide Seiten nurmehr auf juristischer Ebene miteinander. Anfang dieses Jahres erhob das Büro Gerkan dann seinerseits heftige Vorwürfe gegen die frühere Chefetage der Flughafengesellschaft unter dem inzwischen gekündigten Geschäftsführer Rainer Schwarz. Mit zahlreichen Änderungswünschen habe die Gesellschaft den Bauablauf „regelrecht zerschossen“, beantworten Gerkans Anwälte die Klage der Flughafengesellschaft. Bis Mai 2012 hätten insgesamt 286 Änderungsanträge die Baustelle „fortdauernd behindert“.

Wie realistisch ist eine Rückkehr der gekündigten Generalplaner?

Hartmut Mehdorn und Meinhard von Gerkan sind alte Bekannte. Sie haben schon den vom GMP-Büro geplanten Bau des Berliner Hauptbahnhofs mit allen Höhen und Tiefen gemeinsam durchgestanden – und sind dort auch heftig aneinandergeraten. Dabei ging es um eine Gewölbekonstruktion im Untergeschoss, die entgegen Gerkans Entwurf als Flachdecke ausgeführt wurde. Und es ging um das um 100 Meter verkürzte Glasdach über den obersten Bahnsteigen. Doch schließlich einigte man sich auf Kompromisse und Mehdorn lobte zur Eröffnung: „An den großen Leistungen von Herrn Gerkan hatte ich nie Zweifel.“

Damals war alles noch gut. Meinhard von Gerkan mit Klaus Wowereit und Matthias Platzeck im Juni 2011. (v.l.)
Damals war alles noch gut. Meinhard von Gerkan mit Klaus Wowereit und Matthias Platzeck im Juni 2011. (v.l.)

© dpa

Widerstand gegen die Rückkehr des Architekturbüros GMP dürfte allerdings aus dem Senat, besonders vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit kommen, da dieser den Architekten mehrfach mangelhafte Arbeit vorgeworfen hat. Sollten sie nun künftig wieder am BER mitarbeiten, käme dies einem Eingeständnis gleich. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der BER-Aufsichtsrat unter Wowereit bei der Kündigung angesichts der peinlichen Terminverschiebungen vorschnell ein Bauernopfer gesucht hat, um politisch handlungsfähig zu erscheinen.

Das Büro Gerkan war am Montag nicht zu erreichen. Bereits im Februar hatten aber die verantwortlichen Architekten des Büros für den Hauptstadtflughafen, Hubert Nienhoff und Hans Joachim Paap, gegenüber dem Tagesspiegel erklärt, man könne sich eine Zusammenarbeit mit der Flughafengesellschaft nur vorstellen, wenn das Schwarze-Peter-Spiel ein Ende habe.

Die Fachwelt hält die Kündigung für einen schweren Fehler

Lässt sich die Schadensersatzklage problemlos zurückziehen?

Eine erneute Kooperation beider Seiten setzt den Rückzug der Klage voraus. Diese ist ohnehin offenbar nicht allzu vielversprechend. So heißt es in Fachkreisen, Schadensersatz sei in der Regel nur üblich, wenn Baufirmen entgegen ihrer Vertragszusage nicht termingerecht fertig werden. Ob dies auch für unzureichende Ingenieurleistungen bei der Bauüberwachung gelte, sei äußerst fraglich.

Warum wird die Kündigung der GMP-Architekten von vielen Experten kritisiert?

In der Fachwelt wird der Rauswurf heute überwiegend als „schwerer Fehler“ angesehen. Kein anderes Team der Baustelle habe diese so gut bis in alle Einzelheiten gekannt wie die Generalplaner. Durch die Trennung in einer „Nacht- und Nebelaktion“ seien wichtige Kenntnisse verloren gegangen, was den weiteren Baufortschritt harsch abgebremst habe.

Die Kritiker ziehen Vergleiche zur Medizin. Bei einer schwierigen Operation wäre es auch verheerend, den Chefoperateur wegzuschicken und den Strom abzuschalten.

Wie berechtigt ist die Kritik der Flughafengesellschaft am Büro Gerkan?

Die GMP-Planer sind architektonische Global Player. Sie entwarfen weltweit zahlreiche Großprojekte, gewannen erst kürzlich den Realisierungswettbewerb für das Nationale Messe- und Kongresszentrum in der chinesischen Stadt Tianjin. Nach Meinhard Gerkans Planungen wurde in Berlin bereits 1974 das sechseckige Tegeler Flughafengebäude gebaut. Später kamen andere Berliner Projekte wie das Tempodrom und die Rekonstruktion des Olympiastadions für die WM 2006 hinzu. Trotz all dieser Leistungen warnen Kritiker jedoch davor, das Büro „zu verherrlichen“. Meinhard von Gerkan und sein Team seien dafür bekannt, dass sich die Kosten ihrer Berliner Projekte in der Bauphase kräftig erhöhen würden. Am 2001 eröffneten Tempodrom hatten sie sich mit 33 Millionen Euro fast verdoppelt. Auch der von GMP entworfene Hauptbahnhof wurde erheblich teurer und kostete am Ende eine Milliarde Euro.

Dass GMP offenbar auch in Schönefeld nicht den Überblick behielt, bestätigen zumindest auch die Aussagen am Bau beteiligter Firmen vor dem Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus. „Da haben wir von manchem Durcheinander erfahren“, sagt Ausschussmitglied Ole Kreins (SPD). In manchen Fällen seien doppelte Aufträge erteilt worden, beispielsweise für Kabelkanäle. Kreins: „Als das eine beauftragte Unternehmen anrückte, waren die Kabelschächte schon fertig. Diese Arbeiten hatte offensichtlich niemand in der Checkliste abgehakt.“

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