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Update

Projektleiter in der Kritik: BER-Aufsichtsrat störte sich nicht an Promotion Körtgens

Für Verwunderung hat am Donnerstag die Nachricht gesorgt, dass der Chefplaner des Flughafens am Rande seiner Tätigkeit noch die Zeit hatte, zu promovieren. Die Verantwortlichen sahen darin aber offenbar kein Problem.

Alle für den neuen Flughafen BER Verantwortlichen wussten von Anfang an, dass Manfred Körtgen, der für den Bau zuständige Geschäftsführer und Chefplaner, nebenbei an seiner Doktorarbeit schrieb. Das hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitagabend dem Tagesspiegel bestätigt. Wie berichtet, hatte Körtgen seine Doktorarbeit im Frühsommer 2010 fertiggestellt, als die Planer die Airport-Eröffnung, damals für Oktober 2011 vorgesehen, zum ersten Mal verschieben mussten. Ehe Körtgen 2004 angeheuert wurde, hatten Berlin, Brandenburg und der Bund als Gesellschafter des vorher ins Trudeln geratenen 2,4-Milliarden–Projektes lange vergeblich nach einem Baumanager gesucht. Dies könnte der Grund sein, dass man die Nebenbeschäftigung Körtgens (Jahresgehalt 230 000 Euro, Tantieme 45 000 Euro) in Kauf nahm.

In seiner schriftlichen Stellungnahme auf eine Reihe von Fragen verwies Platzeck darauf, dass der Aufsichtsrat nicht darüber informiert worden ist, dass der Tüv Rheinland für die abschließende Prüfung der Brandschutzanlage noch keinen Termin erhalten hatte. Auch habe es im März diesen Jahres keine Hinweise darauf gegeben, dass der Eröffnungstermin nicht zu halten sein werde. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), handhabt das anders: er schweigt. Fragen zur Promotion Körtgens bleiben genauso unbeantwortet wie andere Detailfragen zum BER-Desaster. Die Senatskanzlei verwies bei Anfragen an Wowereit, die seine Funktion als Aufsichtsratsmitglied betreffen, an die Flughafengesellschaft, aber auch dort gab es bis Redaktionsschluss keine Antworten.

So reagierten die Berliner und Brandenburger auf die Hiobsbotschaft:

Auch beim dritten Gesellschafter des Flughafens, dem Bund, herrscht vornehme Zurückhaltung zu all den Fragen um die Promotion, den Brandschutz und mögliche Verzögerungen. Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Mitglied im Aufsichtsrat, will sich zu Sitzungsinterna nicht äußern. Ein Sprecher sagte dem Tagesspiegel: „Natürlich gab es Hinweise auf zeitkritische Aspekte und Risiken. Es wurde den Anteilseignern seitens der Flughafengeschäftsführung jedoch stets versichert, dass diese rechtzeitig in den Griff zu bekommen sind und der Flughafen pünktlich am 3. Juni 2012 eröffnet werden kann.“ Staatssekretär Bomba habe in den Sitzungen, auch in der bisher letzten am 20. April 2012, ausdrücklich nachgefragt, ob der Starttermin 3. Juni 2012 zu halten sei. Der Bund sieht nun den Flughafen in der Pflicht. „Jetzt geht es darum zu klären: Warum und auf welcher Sachlage wurde die Entscheidung für eine Verschiebung des Starttermins getroffen und warum so spät? Wer trägt dafür die Verantwortung? Welcher Schaden entsteht dadurch? Wann kann eröffnet werden? Auf diese Fragen muss die Geschäftsführung des Flughafens Antworten liefern“, sagte der Ministeriumssprecher.

Immer mehr Details über das Planungschaos werden bekannt.

Derweil werden immer weitere Details bekannt. So akzeptierte der Aufsichtsrat am 20. April, dass der Flughafen in den ersten Wochen mit einer „teilmanuellen“ Begleitung – hunderten Hilfskräften, die im Brandfall die Türen öffnen sollten – starten sollte. Und der Landesrechnungshof Brandenburg hat im vergangenen Jahresbericht, veröffentlicht im November 2011, das Finanzministerium des Landes gerügt, dass es beim BER-Bau Versäumnisse und Lücken im Controlling gebe.

Probleme an Flughäfen sind ein globales Phänomen. Hier die größten Pannen:

Es ging um die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WBPG, die im Auftrag der Gesellschafter den Baufortschritt kontrolliert – zur Überwachung der öffentlichen Bürgschaften für den 1,4-Milliarden-Kredit. Und die war laut Rechnungshof zu lax, die Informationskette nicht klar. Dabei ermögliche erst „die Festlegung bestimmter Vortragspflichten“, dass „die Entscheidungsträger rechtzeitig über Entwicklungen unterrichtet werden und Entscheidungen treffen können, um Nachteile für das Land zu vermeiden“. Ausdrücklich wurde auf den damals geplatzten BER-Eröffnungstermin hingewiesen. „Die Umstände, die hierzu geführt haben, waren von der WPBG bereits Monate vor der Entscheidung an das Finanzministerium berichtet worden.“ Hinweise gab es auch diesmal. So meldete die WPBG im April, dass sich Bereiche der Gebäudeausstattung wie die Entrauchungsanlage „auf einem kritischen Weg“ befänden. Die Prüfer hätten aber angemerkt, so das Finanzministerium, dass der Eröffnungstermin „nicht angezweifelt“ werde.

Unterdessen hat der CDU-Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel die Entscheidung, BER erst später zu eröffnen, verteidigt. „Die Verschiebung ist sachlich richtig. Solange es Sicherheitsbedenken gibt, darf der Flughafen nicht eröffnet werden“, sagte Henkel am Freitagabend auf dem Landesparteitag der CDU. Zugleich forderte er, dass die für die „Riesenblamage“ verantwortlichen Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden. „Die, die die Suppe eingebrockt haben, müssen sie auch auslöffeln.“

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