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Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.

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Schlechte Zeiten für den Verkehrsminister: Die Baustellen des Peter Ramsauer

Er könnte ein ganz Großer sein. Immerhin verwaltet der Verkehrsminister den größten Investitionsetat. Ob BER, S21 oder Toll Collect - qua Amt ist er an allen großen Infrastrukturprojekten beteiligt. Peter Ramsauer gilt trotzdem als politisches Leichtgewicht. Warum ist das so?

Gerade in Wahlkampfzeiten ist jeder Wahlkreisabgeordneter froh über einen Besuch von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), weil dann in der Regel ein Rotes Band zur Eröffnung einer neuen Ortsumgehung durchgeschnitten wird. Und doch sprechen sie in der Koalition von einem „Leichtgewicht“. Von einem, der die großen Projekte wie Stuttgart 21, den Flughafen BER und das Mautsystem Toll-Collect nicht wirklich im Griff hat. Er suche lieber nach Schlagzeilen statt nach Lösungen, heißt es. Und der Minister macht es seinen Kritikern leicht: So hat er in den vergangenen Tagen mehrfach Zweifel am Eröffnungstermin des neuen BER-Flughafens in Schönefeld geäußert, ohne dabei konkret zu werden.

Wie agiert Ramsauer beim Flughafen BER?

Zunächst schenkte Ramsauer dem Thema BER nicht viel Aufmerksamkeit. Er gründete zwar unmittelbar nach der ersten Terminverschiebung im Mai dieses Jahres öffentlichkeitswirksam eine Sonderkommission in seinem Haus, aber er selbst schwieg lange. Jetzt hat er einen Weg gefunden, sich dem Thema zu nähern, ohne, dass er großen politischen Schaden fürchten muss: Er greift, zuletzt beinahe täglich, den BER-Geschäftsführer Rainer Schwarz an und fordert dessen Rauswurf.

Das Problem ist nur, er selbst hat es nicht geschafft, sich mit dieser Forderung durchzusetzen. Der Bund ist mit einem Anteil von 26 Prozent gegenüber Berlin und Brandenburg nur Minderheitsgesellschafter. Vor der Aufsichtsratssitzung im November versuchte der Bund seine Forderung nach einem Rauswurf von Schwarz durchzudrücken. Ohne Erfolg. Ramsauer vermag keine Allianzen zu bilden. Taktische Kärrnerarbeit ist seine Sache nicht. Er musste sich damit begnügen, dass Anwälte nun prüfen, ob Schwarz persönlich in Haftung genommen werden kann für die Verzögerungen beim BER. Mehr war nicht zu holen. Trotzdem geht Ramsauer weiter mit der Forderung hausieren.

Warum macht er das?

Zum einen will er Handlungsfähigkeit und politische Stärke demonstrieren. Das kostet nichts, weil die Vorgehensweise in Sachen Schwarz mit dem Gutachten längst klar ist, aber die Forderung ist leicht zu verstehen und kommt an. Zum anderen tut er seinem Koalitionspartner einen Gefallen. Denn die FDP ist mit dieser Forderung sehr früh auf den Markt gegangen und kann nun sagen: Schaut her, der Minister unterstützt unsere Forderung. Ob er damit auch gezielt den beiden SPD-Fürsten Klaus Wowereit in Berlin und Matthias Platzeck in Brandenburg schaden will, ist zweifelhaft. Dies würde eine Strategie voraussetzen, heißt es in seiner Umgebung. Und davon sei nichts zu spüren.

Wem vertraut der Minister?

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.

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Hat Ramsauer sein Haus im Griff?

Sein Haus hat Ramsauer wohl im Griff. Mitarbeiter begegnen ihm mit großem Respekt. Schwer zu sagen, ob damit das Amt oder der Mensch gewürdigt wird. Dafür verblüfft Ramsauer seine Mitarbeiter des Öfteren. So haben sie vor kurzem gemeinsam mit ihm festgelegt, mit Journalisten ein so genanntes Hintergrundgespräch zu führen, bei dem die Informationen nicht weitergeben werden sollen. Ramsauer wetterte schon damals gegen den Flughafenchef Rainer Schwarz, dessen Rausschmiss er forderte. Wenige Tage später sprudelte Ramsauer seine Meinung dann jedoch selbst vor laufender Kamera aus. Auch enge Mitarbeiter waren, wie sie sagen, vorher nicht eingeweiht. Aber so sei er eben: ein bisschen sprunghaft und nicht immer berechenbar.

Wer sind seine Vertrauten?

Zu seinen engen Vertrauten zählt vor allem Staatssekretär Michael Odenwald. Der ist seit 22. Oktober neu im Amt und Nachfolger von Klaus-Dieter Scheurle. Auch der war mal ein Vertrauter Ramsauers, nur wechselt er zum 1. Januar zur Deutschen Flugsicherung. Odenwald sitzt für den Bund im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn und er leitet die Sonderkommission BER im Verkehrsministerium. Ein kundiger, sachlicher und erfahrener Mann. Die Stärke des einen bedeutet aber oft die Schwäche des anderen.

In dem Fall ist das Rainer Bomba. Auch der ist verbeamteter Staatssekretär und gehört dem Vernehmen nach nicht unbedingt zu Ramsauers Lieblingen. Wohl auch deshalb sollte Bomba vor allem solche Aufgaben übernehmen, die nicht weiter auffallen würden. 2009 zu Ramsauers und damit auch Bombas Amtsantritt fiel der Flughafen BER noch in diese Kategorie. Ein regionaler Flughafen, an dem der Bund zwar beteiligt ist, der aber für den Bayern Ramsauer keine große Strahlkraft besaß. Also sollte Bomba dort für den Bund in den Aufsichtsrat gehen. Doch es kam anders. Seit der kurzfristigen Verschiebung der Eröffnung im Mai diesen Jahres ist der BER in aller Munde und bundesweit ein skandalträchtiges Infrastrukturprojekt. Dass Ramsauer eine Sonderkommission eingerichtet hat und die auch noch von Odenwald und nicht von Bomba geleitet wird, gilt als Affront gegenüber Bomba. Der Staatssekretär selbst pflegt vor allem zu Aufsichtsratschef Klaus Wowereit und auch dessen Vize, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), ein gutes Verhältnis. Ramsauer gilt da eher als Störenfried, der nicht tiefer im Thema und nur auf populäre Forderungen aus sei.

Wie verhält sich Ramsauer bei anderen Großprojekten?

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.

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Wie verhält er sich bei anderen Großprojekten wie Stuttgart 21?

Die großen Themen lässt Ramsauer lieber liegen. Die politische Verbrühungsgefahr ist zu groß. Die Notwendigkeit, im Detail zu wissen, um was es geht, ebenfalls. Ramsauer beschäftigt sich mit Themen, die schlagzeilenträchtig sind: Wohnungsnot bei Studenten, weniger Anglizismen bei der Bahn oder einem neuen Punktekatalog für Autofahrer. Aber die infrastrukturellen Großprojekte lässt er lieber links liegen. Beispiel Stuttgart 21: Der Bund ist Hauptaktionär der Bahn. Es ist, wenn man so will, das Hauptunternehmen mit dem sich Ramsauer von Amtswegen beschäftigen müsste. Doch zu den Mehrkosten, die beim Bauprojekt Stuttgart 21 entstehen könnten, gibt es von ihm nicht viel zu hören, geradeso, als würde man ihn nach einem Bundeswehreinsatz befragen, der auch nicht in seine Ressortzuständigkeit fällt. Er betont lediglich, der Bund werde kein weiteres Geld zuschießen. Dass auch die Bahn, die die Mehrkosten selbst stemmen soll, vom Bundesgeld lebt, sagt Ramsauer lieber nicht.

Wo steht Ramsauer im Toll-Collect-Streit?

Beim Thema Toll Collect ist es schwerer zu sagen, weil das ganze Verfahren noch intransparenter ist. Aber auch da deutet sich dasselbe Muster an. Positive Schlagzeilen wird das kaum bringen. Denn der Vertrag mit dem Betreiber der Lkw-Maut läuft 2015 aus. Seit Jahren gibt es Streit um Schadenersatzforderungen und Strafzahlungsansprüche seitens des Bundes an das Toll-Collect-Konsortium in Milliardenhöhe. Im Haus Ramsauer ist man einer Einigung mit Daimler, Telekom und Cofiroute, dem Konsortium von Toll Collect, sehr nah. Nur der Minister will lieber nicht viel damit zu tun haben, sonst müsste er erklären, warum der Bund möglicherweise auf Milliarden verzichtet. Das, so macht es den Anschein, ist ihm zu heikel. Außerdem deutet sich an, dass das Bundesfinanzministerium und wohl auch das Kanzleramt ein Wörtchen mitreden wollen. Eine Hoheit, so zeichnet es sich ab, hat Ramsauer über das Thema nicht – und vermutlich will er das auch gar nicht, weil es nicht viel zu gewinnen gibt.

Und wie steht er zu Gebäudesanierungen?

Ein zentrales Thema, das auch in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, ist die energetische Gebäudesanierung. Im Kontext des Großprojekts Energiewende ein wichtiger Bestandteil. Schwarz-Gelb wollte steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen. Doch auch da ist das politische Klein-Klein nichts für Ramsauer. Er zeigte sich in dem bereits beschrieben „Hintergrund“ erleichtert, dass dieses Thema nun nach vielen Querelen zwischen Bund und Ländern vom Vermittlungsausschuss gekippt wurde. Lieber feierte er eine ausgedünnte Variante, die der Bund alleine beschließen konnte, als wichtigen Schritt in der Energiewende.

Wie faktensicher ist Ramsauer?

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist seit 2009 im Amt.

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Wie sehen ihn die Koalitionspartner?

Als „Leichtgewicht im Kabinett“ wird er beschrieben. Als einer, der lieber über den Dingen steht, statt sich um die Dinge zu kümmern. Selbst sein Parteivorsitzender, Horst Seehofer, hatte ihn jüngst als „Zar Peter“ beschrieben. Einige Koalitionäre sagen, dass er mit seiner Macht zu wenig anfängt. Selbst für den hohen Verkehrsetat und die vielen zusätzlichen Millionen habe nicht er selbst gesorgt, sondern Seehofer. Als Typ wird der Klavierspieler Ramsauer geachtet und geschätzt. Einige Koalitionäre werfen ihm aber vor, dass er sich zu sehr auf die Administration in seinem Haus verlässt und zu wenig Eigeninitiative zeigt.

Kennt er die Fakten?

Der Minister kann eloquent erzählen und viel zu einem Thema sagen, ohne dass die Zuhörer hinterher viel schlauer sind. Aber für ein Späßchen zwischendurch ist Ramsauer immer gut und hat dann die Lacher auf seiner Seite. Geht’s in die Tiefe, weiß er nicht einmal in Bayern richtig Bescheid. Der staunenden Öffentlichkeit hat er vor wenigen Tagen weismachen wollen, dass der Münchener Flughafen seinerzeit pünktlich fertig geworden und im Kostenrahmen geblieben sei. Tatsächlich hatten die Planungen 1960 begonnen und erst mit großer Verspätung, bedingt auch durch einen mehrjährigen Baustopp, ging der Flughafen 1992 in Betrieb. Die Kosten stiegen von 1,8 Milliarden Euro auf stolze 4,35 Milliarden Euro. Aber vielleicht redet Ramsauer eines Tages ja auch den BER so schön.

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