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Bus statt Boeing. Irgendwann darf man hier an den Masten der Billigflieger nahe dem Tower nicht mehr einfach so bei Besichtigungstouren langspazieren.

© DAVIDS/Brunner

"Tag der Luftfahrt" in Schönefeld: Auf Tour im neuen BER

Am BER starten keine Flieger, aber immerhin Busse. Geändert hat sich vieles auf der Baustelle, nur nicht die Proteste. Eine Rundfahrt.

Kristina Tietz schaut wehmütig aus dem Busfenster. Sie ist Flughafenfan, doch bei der BER-Rundfahrt am ersten „Tag der Luftfahrt“ in Schönefeld sieht sie an diesem Sonnabend keine Flugzeuge, sondern durch die Scheiben an den Gates hindurch nur auf verhangene Sitzecken, das ist Schutz vor Staub. Kein Fluggast hockt da und spielt an seinem Handy herum. „Schade“, sagt die 23-jährige Tietz, die in Wildau Luftfahrttechnik und -logistik studiert, „ich bin im Juli fertig, und dachte, dann könnte ich hier arbeiten.“

Rund 20 000 Mitarbeiter sollten bereits den „Berlin Brandenburg Airport Willy Brandt“ als drittgrößten Flughafen Deutschlands am Laufen halten. Immerhin hat Joseph Dolezal gut zu tun. Der 64-jährige Historiker ist bei dem vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft organisierten Airportfest einer der Tourenführer. „Heute fahren wir ausnahmsweise immer da lang, wo die Verbotsschilder stehen“, freut er sich. Heiß ist es im Doppeldecker, der in Schönefeld-Alt startet. Also das Gebläse anstellen überm Kopf, wie im Flugzeug.

Es geht die Ausweichstrecke entlang der Autobahn. Und auch die Fluggäste fahren ungewohnte Wege: Zum Fest veranstalten Fluglärmgegner am Samstagnachmittag einen Protestmarsch von der Schönefelder Kirchstraße bis zum SXF-Terminal. Die B96a wird gesperrt, Umwege sind ausgeschildert, viele Angehörige müssen Leute mit Koffern vorher rauslassen. Da haben die Planespotter heute mal ungewöhnliche Motive: Die Demonstranten singen auf der Wiese Protestlieder, halten ihre Plakate auf der B 96 a hoch. Alles verläuft friedlich.

Auf den Feldern ringsum arbeiten Bauern auf Traktoren. Auf dem 2000 Fußballfelder großen Flughafengelände sei so gut wie kein Arbeiter zu sehen, klagen Teilnehmer der Sightseeingtour. „Der BER ist ja so gut wie fertig“, sagt Joseph Dolezal ins Mikro. Wenn da nur diese Entrauchungsanlage nicht wäre, die der neue Airportchef Hartmut Mehdorn jetzt prüfe, in drei unabhängig voneinander arbeitende Bereiche zu unterteilen, damit es endlich losgehen kann. Beim BER-Probebetrieb gab es im Terminal mal ungeordnetes Gewusel an den Check-In-Inseln, mal vor den Security-Eingängen.

Es sieht fertiger aus als bei der Tour vor einem Jahr

Laut Flughafensprecher Lars Wagner sind werktags „einige hundert Menschen“ auf dem BER mit der Bestandsaufnahme beschäftigt. Es sieht hier auch alles fertiger aus und es stehen viel weniger Lagercontainer herum als noch im Mai 2012. Da wurden Besucher an zwei Publikumstagen zur Feier der angeblichen Eröffnung eingelassen. Damals durfte man sogar dicht am Terminal durch den Bau hindurch hinter die Kulissen laufen – und bekam eine erste ungute Ahnung davon, dass hier zwischen all den Baugruben und Schutthügeln und gähnend leeren Geschossen etwas nicht stimmen kann.

Beim Flughafen-Baustellenfest ein gutes Jahr später dürfen alle nur einmal kurz zum Fotostopp auf dem Vorfeld des Hauptterminals aussteigen. Da hinten! Der alte zu DDR-Zeiten „Generalshotel“ genannte Bau, von der Bundespolizei genutzt, soll abgerissen werden. Dort! Die vielen Lufthansa-Maschinen, was machen die denn hier? Die Lufthansa fliegt BER noch gar nicht an, aber sie lässt Maschinen schon hier warten. Über dem besonders hoch stehenden Pier B15 hängt etwas Ungewöhnliches, eine riesige Kette mit eckigen weißen Gliedern. „Kunst am Bau“, erklärt Dolezal. Hier werden mal die Großflugzeuge eingewunken, irgendwann mal. Und daneben, an Pier B16, auch der blinkt schon rot, unter besonderem Schutz, die Hochrisikomaschinen, etwa die der israelischen Fluggesellschaft El Al. In einem der niedrigeren Gate-Gebäude nebenan hat man an Passagierlaufbändern und Zugangsbrücken gespart, das ist der Trakt mit den Billigfluglinien, den Mehdorn früher eröffnen will. Da läuft man halt zu Fuß zu den Maschinen, die an riesigen Laternenmasten parken.

Das Wunderfahrzeug der Feuerwehr

Darüber würden sich auch die Feuerwehrleute freuen, die auf der Feiermeile vor dem Eventterminal C am alten Flughafen Schönefeld ihren Stolz geparkt haben: den Panther 7. Dieses riesige rote Fahrzeug kann seinen Rüssel 20 Meter hoch und 18 Meter weit ausfahren, um Feuer zu löschen. Der Panther kann sogar, keine wirklich schöne Vorstellung, mit seiner Lanze einen Flugzeugbauch durchbohren, um Löschflüssigkeit hineinzuschießen. „Drei Wachen gibt es später für den BER, in 90 Sekunden soll die Feuerwehr da sein“, erklärt Führer Dolezal. Er weist auch auf die alten Werkstätten der Henschel Flugzeug-Werke hin, in denen während der Nazizeit Kriegsflugzeuge gebaut wurden. Heute wird einem beim Anblick der freistehenden überirdischen Kerosintanks unwohl. 27 Millionen Fluggäste jedes Jahr soll der Treibstoff mobil machen. Wenn man mit "modularen Bauten", erweitert, wie Airport-Sprecher Lars Wagner erklärt, kommt man auf bis zu 45 Millionen. Atlanta, größter Airport der Welt, bewältigt 95 Millionen Fluggäste im Jahr. „Hier könnten noch Zusatzbauten entstehen“, zeigt der Gruppenguide übers weite Gelände.

Zurück vorm Hauptterminal in Schönefeld: In diesem mit Stacheldraht umwickelten Container rechts vom Easyjet-Terminal A wird später das Personal des künftigen Regierungsflughafens kontrolliert. Das könnte dann ja nochmal so eine Baupleiten-Geschichte werden, der SXF-Regierungsflughafen, wird geunkt. Kun Qian, gebürtiger Chinese, der in Magdeburg seinen Doktor in Computerwissenschaften macht und dessen Kamera jetzt voll ist von BER-Fotos, hat einen Trost parat. „In China wären wir auf den Tag pünktlich fertig geworden – aber eher nicht mit der Qualität wie hier.“

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