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Berlin: Beredt

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Wenn Politiker reden, dann drücken sie sich manchmal um klare Worte. Wie Politiker sprechen, und was sie wirklich meinen – das lesen Sie hier alle zwei Wochen von Brigitte Grunert.

Die Einsparungen, die „auf den Senat zukommen“, ließen sich „nach außen hin nur schwer mit Überzeugung vertreten“, bekundete neulich ein führender SPDMann. Oft sei „das Sarrazinsche Erklärungsmuster nicht nachvollziehbar“. Die „Transparenz“ fehle. Als ich diese Sätze las, dachte ich als Erstes: Ein Glück für den Herrn, der sich so verkorkst ausdrückte, dass sein Name ungenannt blieb. Offenbar wollte er Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) kritisieren, aber vorsichtshalber aus der Deckung. Doch lassen wir das beiseite. Zerpflücken wir das beredte Nichts.

Wem laufen denn die Einsparungen davon, dass sie auf den Senat zukommen? In Wahrheit müssen sich die Bürger auf Einsparungen einrichten. Diese will und muss die Regierung durchsetzen. Wer sonst? Und wieso sind Einsparungen „nach außen hin“ so schwer zu vertreten? Weil sie nicht jedem passen. Sie passen auch vielen in der SPD und in der PDS nicht. Der Sparkurs wäre vor den Bürgern gewiss leichter zu vertreten, würde er im Innern der Koalition ohne größere Maulerei akzeptiert. Der „führende“ SPD-Schlaukopf sagte also „nach außen“ und meinte „nach innen“.

Klar, dass sich der Finanzsenator unbeliebt macht. Das geht jedem Finanzminister so und muss auch so sein. Sonst hätte er bald keinen Cent mehr. Nicht alle Sparvorschläge Sarrazins mögen plausibel sein. Aber was heißt „Erklärungsmuster“? Das Wort soll bedeutsam klingen. Dabei ist es bloß ordentlich nüscht, wie der Berliner sagt. Und die fehlende „Transparenz“ ist eine beliebte Ausrede dafür, dass einem die ganze Richtung nicht passt.

Verständlich, dass SPD-Fraktionschef Michael Müller Konflikte bei der Haushaltsplanung 2004/2005 herunterspielen will. Viele Parteimitglieder würden die Notwendigkeit des Sparens erst allmählich erkennen, sprach er. Donnerwetter, das ist gut. Wie lange soll das Volk noch vor dem Berg stehen und warten?

Dem Koalitionspartner fallen auch nur Binsenweisheiten ein. „Es ist schwierig, sozial gerechte Politik zu gestalten“, ließ sich PDS-Fraktionschef Stefan Liebich vernehmen. Und Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) bescheinigte Sarrazin das „große Verdienst“, dass er „als Sachwalter der Landesfinanzen agiert, befördert er damit doch die Rückkehr der Politik“. Wie bitte? Wäre Sarrazin kein Sachwalter der Finanzen, wäre er fehl am Platze.

SPD-Chef und Senator Peter Strieder ist nicht bereit, „Buchhaltung mit Politik zu verwechseln“. Wenigstens hat er den Finanzsenator nicht buchhalterisch genannt. Das tun die Finanzexperten im Parlament gern, um ihn zu ärgern. Warum sie immerfort mit der falschen Betonung auf dem e „buchhaltérisch“ sagen, bleibt das Geheimnis ihrer Kunst. Sie halten es ja auch mit dem Unwort „haushaltérisch“, ungebeugt und falsch betont. Sie sollen doch kein Haus halten, sondern gute Haushälter sein, die das liebe Geld zusammenhalten. Nur will es ihnen einfach nicht gelingen.

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