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Berlin: „Bereitschaft zur Gewalt könnte stärker werden“

Herr Körting, in der vergangenen Woche hat das Bundeskriminalamt mit einer Razzia rund um die AlNur-Moschee in Neukölln Anschlagsplanungen in Berlin aufgedeckt. Wie hoch ist die Gefahr von Anschlägen in der Stadt wirklich?

Herr Körting, in der vergangenen Woche hat das Bundeskriminalamt mit einer Razzia rund um die AlNur-Moschee in Neukölln Anschlagsplanungen in Berlin aufgedeckt. Wie hoch ist die Gefahr von Anschlägen in der Stadt wirklich?

Wir haben derzeit keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen. Ich schätze die Gefahr von Anschlägen in der Dimension vom 11. September 2001 als sehr gering ein. Aber Einzeltaten, ich wiederhole es seit langem, können wir nicht ausschließen. Auf mögliche Einzeltaten haben wir, auch in der vergangenen Woche, immer wieder Hinweise bekommen, denen wir auch nachgegangen sind. Diese Hinweise haben sich jedoch glücklicherweise nicht bestätigt, und ich hoffe, dass das so bleibt.

Standen die in der vergangenen Woche Festgenommenen kurz vor einer Tat und wie ist diese Gruppierung einzuschätzen?

Dieses ist ein Verfahren, dass vom Generalbundesanwalt geführt wird. Der Generalbundesanwalt hat mitgeteilt, dass wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung ermittelt werde. Deshalb möchte ich mich dazu nicht weiter äußern.

Gibt es noch mehrere solche Gruppierungen in der Stadt?

Kenntnisse über terroristische Vereinigungen haben wir nicht. Aber wir beobachten mit Sorge islamistische und damit extremistische Vereinigungen.

Prüfen Sie auch Verbote solcher Vereinigungen, wie etwa der Islamischen Gemeinschaft, die mit der Al-Nur-Moschee verbunden ist?

Im Moment möchte ich mich nicht zu einzelnen Moscheevereinen äußern. Sie können sicher sein, dass wir alle möglicherweise in Frage kommenden Vereine ständig in der Prüfung haben.

Gehen Sie also gegen den Verein vor?

Eine Verbotsfrage stellt sich erst, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen; insofern kann ich mich nicht im Einzelnen dazu äußern.

Bisher sind die Demonstrationen in Berlin sehr friedlich verlaufen. Sie hatten auch mit Ausschreitungen gerechnet. Haben Sie das falsch eingeschätzt, oder können Ausschreitungen noch bevorstehen?

Ich hatte damit gerechnet, dass die Demonstrationen weitgehend friedlich verlaufen. Das hat uns also nicht überrascht. Kleinere Auseinandersetzungen mit 12 Festnahmen gab es nur bei einer Demonstration in Kreuzberg. Mit stärkerer Emotionalisierung könnte jedoch insbesondere bei jungen Demonstranten die Bereitschaft zu Gewalttätigkeiten noch steigen.

Was könnte Ihrer Meinung zufolge die Stimmung und damit die Sicherheitslage in Berlin doch noch umkippen lassen?

Das wird wesentlich davon abhängen, was die Medien über diesen Krieg transportieren. Bislang erschien mir die Berichterstattung doch recht technisch. Jetzt, so allmählich, kommen Bilder, die zeigen, wie schrecklich ein Krieg ist. Das kann die Stimmungslage verändern.

Schon am Wochenende gab es erste Meldungen, die Türkei sei in den Nordirak einmarschiert. Was passiert hier, wenn dies tatsächlich geschieht – angesichts der großen kurdischen Gemeinde in der Stadt?

Wenn die Türkei tatsächlich in den Nordirak einmarschiert, dann hätten wir eine zusätzliche Anspannungssituation in Berlin. Es leben immerhin etwa 30 000 Kurden in der Stadt. Aber auch dann gilt: Diese Auseinandersetzung findet nicht hier statt, sondern dort an der Grenze zwischen der Türkei und dem Irak. Ich kann an die Kurden nur appellieren, die Auseinandersetzung – wie bisher – nicht nach Berlin zu tragen.

Die Sicherheitsvorkehrungen haben Sie dementsprechend jetzt schon erhöht?

Ja. Wir haben zunächst einmal eine Vorsorge getroffen. Für das türkische Generalkonsulat und die türkische Botschaft gelten schon seit dem Wochenende besondere Schutzmaßnahmen.

Das Gespräch führte Barbara Junge .

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