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Berlin bellt (5): Der Kläffer von nebenan

Juristen raten: Wer sich im Mehrparteienhaus einen Hund anschafft, sollte das vorher vertraglich mit dem Vermieter regeln Danach bleibt nur noch die Frage: Wie schaffe ich es, dass mein tierischer Freund der Liebling aller Nachbarn wird?

Schließlich wurde es knapp. Sylvia Zaucker wollte umziehen, die alte Wohnung war gekündigt. Drei Monate Zeit hatte sie also, eine neue Bleibe zu finden. "Aber in den meisten Anzeigen stand schon drin, dass Hundehaltung nicht infrage kommt", sagt die 44-Jährige. Dabei brauchte doch auch Pelle eine neue Wohnung. Der vierjährige massige Mischling "aus allem Möglichen" war damals ein Jahr alt. Endlich, kurz vor Ablauf der drei Monate, fand sich für Frau und Hund dann doch noch eine Wohnung, im zweiten Stock in Kreuzberg, in der Nähe des Parks am Gleisdreieck. "Das war nicht unbedingt die Ecke, in die ich wollte, aber immerhin ist es dicht am Park." Jetzt musste sich nur noch eine der neuen Nachbarinnen an den großen Pelle mit dem dicken Kopf und den leicht blutunterlaufenen Augen gewöhnen. "Sie hatte erst ein bisschen Angst, wenn Pelle im Treppenhaus ohne Leine rumgesprungen ist. Aber dann hat sie mitgekriegt, dass er ein ganz Lieber ist, da war alles ok."

Wer mit einem Hund in einer Mietwohnung lebt, und das auch noch mitten in einer großen Stadt wie Berlin, muss so einiges bedenken. Und in so manchem Fall sieht der Alltag mit Hund mehr Tücken vor als in einem Einfamilienhaus am Stadtrand. "Hundehaltung in Mietwohnungen ist nur dann möglich, wenn man sie vertraglich vereinbart hat. Denn Hunde sind anders als Zierfische für das Zusammenleben im Haus bedeutsam. Die Nachbarn sind betroffen", sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Er hatte schon unangenehme Erlebnisse in einem Treppenhaus mit einem Schäferhund, der sich den Nachbarn regelmäßig in den Weg stellte. Genau deshalb hält die Berliner Hundeverordnung für Hunde in Mehrfamilienhäusern einen wichtigen Absatz bereit: In Treppenhäusern und "sonstigen der Hausgemeinschaft zugänglichen Räumen" müssen sie angeleint sein - an einer Leine nicht länger als einen Meter. "Das weiß ich ja eigentlich ", sagt Sylvia Zaucker etwas schuldbewusst. Aber im Alltag werden die Regeln doch nicht immer richtig befolgt. Und dann gibt es Ärger - mit Nachbarn und Hausbesitzern. Einmal hat Sylvia Zaucker Pelle abends länger allein gelassen. "Da hat er Terror gemacht und die ganze Zeit gebellt."

Zum Glück sagten die Nachbarn ihr einfach nur nett Bescheid und beschwerten sich nicht - anders als bei Anna Höfner von der Landesgeschäftsstelle Berlin/Brandenburg des Internationalen Hundeverbands: Als sie ihren Jagdhundmischling Lizzy mal tagsüber allein ließ, bellte die Hündin immer wieder - und einer der Nachbarn beschwerte sich gleich bei der Wohnungsgesellschaft. Sie wüssten gar nichts von Lizzy, teilte eine Mitarbeiterin der Firma im anschließenden unangenehmen Telefonat Anna Höfner mit. "Ich habe sie dann darauf hingewiesen, dass im Mietvertrag ausdrücklich Hundehaltung erlaubt war. Damit war die Sache erledigt." Schließlich war Lizzy schon beim Einzug dabei. Hinterher fand Höfner noch heraus, welcher Nachbar sich beschwert hatte und sprach ihn freundlich auf die Sache an. "Ich hab’ ihm erklärt, dass ich nicht wusste, dass sie bellt, wenn ich nicht da bin. Jetzt frage ich regelmäßig nach, ob es wieder vorgekommen ist." Für den Fall, dass Lizzy doch mal wieder zu laut sein sollte, haben mehrere Nachbarn jetzt ihre Telefonnummer und sagen ihr direkt Bescheid. "Am besten sollte man so etwas schon vorsorglich beim Einzug mit den Nachbarn klären, oder wenn man sich den Hund anschafft", rät Anna Höfner. Und es sei wichtig, einem Hund, der in einer Mietwohnung lebt, beizubringen, dass er nicht bei jeder Gelegenheit bellt, etwa wenn es an der Tür klingelt oder der Nachbar im Treppenhaus vorbeigeht. Bellt ein Hund zu oft, kann der Vermieter verlangen, dass er abgeschafft wird. Dazu gibt es sogar ein Gerichtsurteil. In einem weiteren Urteil geht es darum, dass Nachbarn in so einem Fall die Miete mindern können. Gebell ist vor allem in Berlin ein ziemlich häufiges Problem: "An uns wenden sich viele Mieter, wenn sie sich von Hunden in Nachbarwohnungen gestört fühlen", sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein: "Andererseits kann man nicht erwarten, dass ein Hund nie bellt."

Ein weiterer wichtiger Streitpunkt ist die Frage, ob ein Mieter überhaupt einen Hund halten darf - und wenn ja, welchen. "Ich habe nicht groß den Vermieter gefragt, bevor ich Fumbi gekauft und ihn zu mir in meine Wohnung im fünften Stock in Mitte geholt habe", sagt Hundehalter Xaver von Treyer. Der Rhodesian Ridgeback-Weimaraner ist so groß, dass er den Kopf problemlos auf den Esstisch legen kann. Ein Problem gab es nie.

"Ich würde keinem Mieter empfehlen, ohne eine vertragliche Regelung einen Hund anzuschaffen", sagt jedoch Reiner Wild vom Mieterverein. "Wenn der Mietvertrag die Tierhaltung nicht regelt, ist das Risiko sonst hoch, eine Vertragsverletzung zu begehen. Ich würde aber nicht um Erlaubnis bitten, sondern es einfach mitteilen." Schafft man sich unerlaubter- weise einen Hund an, kann das sogar eine Kündigung zur Folge haben. Wichtig sei es aber auch, mit dem Vermieter zu besprechen, welche Rasse gehalten werden darf, sagt Wild. Es gibt Gerichtsurteile, dass ein Vermieter einem Rottweiler oder Bullterrier nicht zustimmen muss. Dass man mit einem Yorkshire-Terrier auf der sicheren Seite ist, sei aber nicht gesagt, meint Reiner Wild. Es gibt zwar zwei Gerichtsurteile aus Kassel und Düsseldorf, die besagen, dass "Kleintiere" immer erlaubt sind, egal, was im Mietvertrag steht, weil sie Nachbarn nicht belästigen. Wild wendet aber ein: "Ich würde nicht darauf setzen,dass man sich hier in Berlin darauf berufen kann. Schließlich kläffen kleine Hunde auch."

Xaver von Treyer wohnt mit dem großem Fumbi inzwischen nicht mehr in Mitte, sondern in einem Einfamilienhaus in Frohnau und sagt: "Ich würde mir nicht noch mal einen solchen Hund in so einer Mietwohnung anschaffen."

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