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Ein Graffiti am Kottbusser Tor in Kreuzberg fordert bezahlbare Mieten.

© dpa

Berlin besonders betroffen: Bund schlägt Alarm wegen fehlender Sozialwohnungen

Das Angebot an günstigen geförderten Wohnungen schrumpft. In Berlin ist die Lage besonders prekär. Staatssekretär Pronold sagt, die "brutale Veränderung am Wohnungsmarkt" belaste auch die Mittelschicht.

Obwohl der Bund rund 1,5 Milliarden Euro für den Sozialen Wohnungsbau an die Länder überweist, schrumpft das Angebot an diesen besonders günstigen geförderten Mietobjekten weiter. Die Koalition ist alarmiert, zumal der starke Zuzug von Geflüchteten die Nachfrage nach günstigem Wohnraum zusätzlich erhöht. Von einer "brutalen Veränderung auf dem Wohnungsmarkt" sprach der Staatssekretär aus dem Bundesbauministerium, Florian Pronold (SPD), am Mittwoch. Besonders in Ballungsräumen sei die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum nicht länger eine Frage "der Armutsbekämpfung", das Problem reiche "bis hinein in die Mittelschicht".

Besonders prekär ist die Lage in Berlin: Zwei Drittel der Sozialwohnungen verloren seit 1989 ihre Bindung, knapp 117.000 gibt es noch. Zuletzt wurden gut 1000 neue Sozialwohnungen im Jahr fertig, aber 2800 verlieren dieses Jahr ihren Sozialstatus. Hinzu kommt: Viele geförderte Sozialwohnungen stehen Menschen mit geringen Einkünften überhaupt nicht zur Verfügung – jede dritte Sozialwohnung ist "fehlbelegt" von Berlinern, die eigentlich zu viel verdienen. Im Jahr 2014 stieg der Senat wieder in den Sozialen Wohnungsbau ein und bewilligte seitdem 3500 Sozialwohnungen, 200 Millionen Euro fließen dafür in diesem Jahr, hieß es aus dem Senat.

Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) sagte: "Diese Koalition ist angetreten, um die soziale Wohnraumversorgung zu verbessern und den öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbestand zu vergrößern." Der Neubau gleiche die Verluste an "mietpreisgebundenen" Wohnungen nicht aus. Der Senat werde "die Quote für sozialgebundene Wohnungen erhöhen". Auch bei privaten Siedlungsprojekten müssten künftig 30 Prozent der geplanten Wohnfläche als Sozialwohnungen errichtet werden.

Bund schlägt Ländern gemeinsame Gespräche vor

Der Aufschrei aus dem Bundesbauministerium ist auch die Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken an die Bundesregierung zur Lage des Sozialen Wohnungsbaus. Dazu hatte der Bund die Länder um Angaben zum Bestand subventionierter Wohnungen gebeten. Das Ergebnis: "In den vergangenen zwölf Jahren hat sich die Zahl der Sozialwohnungen halbiert", sagte Pronold. Der Stadtstaat Hamburg baue mehr Sozialwohnungen als der ganze Freistaat Bayern. Wie viel die Länder von den 1,5 Milliarden Euro des Bundes für den Sozialen Wohnungsbau wirklich einsetzten, sei nicht zu erfahren. Die Länder seien seit der Föderalismusreform allein zuständig, die Bundesmittel eine "pauschale Zuweisung".

Weil sich die Lage an den Wohnungsmärkten der Metropolen so verschärft hat, schlägt der Bund den Ländern gemeinsame Gespräche zum Sozialen Wohnungsbau vor. Vorsorglich riet Pronold den Ländern dringend, auslaufende "Sozialbindungen zu verlängern und Hauseigentümer dafür zu entschädigen". Das sei immer noch günstiger, als neu zu bauen. Die jährlich rund 14600 neu gebauten Wohnungen in der Republik "reichen auf gar keinen Fall", um die Nachfrage zu decken. Nicht nur die Zuwanderung von Geflüchteten, sondern auch "die massive Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien" erfordere neue Strategien, damit nicht ganze Stadtteile kippten, sagte Pronold.

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