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© K. Kleist-Heinrich

Berlin Besucher: Freie Auswahl für Touristen

Der Alex wird für Berlin-Besucher immer wichtiger. Jetzt entstehen rund um den Platz neue Hotels.

Susanne Röttger wirkt sehr zufrieden an ihrer Rezeption, die wie ein kleiner Postschalter aussieht. Ihr Hotel „Taunus“ in einem backsteinernen, ehemaligen Fabrikgebäude direkt am Monbijouplatz steht an bester Adresse in Mitte, ein paar Schritte vom Hackeschen Markt entfernt. Mit etwa 20 Zimmern zählt es zu den kleinsten Hotels in Berlin. „Wir sind sehr gut gebucht“, sagt sie, und der volle Parkplatz vorm Haus bestätigt das.

Die Branche hat schon bessere Zeiten erlebt, dennoch entstehen rund um den Alexanderplatz neue große, teure Häuser. Dass die sich alle rechnen werden – das bezweifelt die Hotelfrau. An  Zwei- oder Drei-Sterne-Häusern gebe es wohl noch Bedarf, sagt sie. Auch das kleine „Taunus“ plant eine Erweiterung.

Es boomt auf dem Hotelmarkt in Mitte, der Alexanderplatz wird in Prospekten als einer der belebtesten Plätze Berlins gerühmt. Die Gegend rund um den unübersehbaren Platzhirschen „Park Inn“ gilt bei Hoteliers als besonders gefragt, auch wegen der Nähe zur Museumsinsel, zum Hackeschen Markt, zur Friedrichstraße, zum Scheunenviertel. An allen Ecken und Enden entstehen neue Hotels und Hostels, und die vielen – überwiegend jungen – Touristen zwischen Hackeschem Markt und Rosenthaler Platz scheinen die Baupläne nur zu beflügeln. Rund 2000 Betten sind allein in diesem Bereich in der Planung.

Der Chef der Berlin-Tourismus-Marketing-Gesellschaft, Burkhard Kieker, hält das Angebot inzwischen für ausreichend und rät Investoren zu einer Atempause. Derzeit gibt es etwa 102 000 Hotelbetten in Berlin, 30 000 mehr als in Manhattan und Brooklyn – oder in Berlin vor rund fünf Jahren. Die durchschnittliche Auslastung beträgt knapp 55 Prozent. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes, Willy Weiland („Intercontinental“), weiß nicht, wie lange das noch gut geht. In vier, fünf Jahren werde es mindestens 125 000 Betten geben. Aber die Wirtschaftskrise werde vorbeigehen, sagt Weiland, der neue Flughafen bringe Aufschwung. Und Berlin freue sich ohnehin an einem „Super-Image“.

Dazu gehört vor allem die quirlige Mitte: Das Quietschen der Straßenbahnen an der Endhaltestelle vorm „Taunus“ wird von vielen Touristen wie eine Großstadtsinfonie empfunden. Das kleine Hotel wirbt mit Preisen ab 39 Euro, das neue „Motel One“ an der Dircksenstraße fordert etwas mehr, ab 69 Euro pro Nacht. Die Preise sind oft an der Fassade ausgehängt und weithin sichtbar. Es gibt aber auch Häuser, die verraten Touristen erst bei konkreter Buchungsanfrage, wie viel Geld sie nehmen. „Bei uns wechselt dreimal täglich der Preis“, sagt ein Rezeptionist, „das hängt von der Nachfrage ab“.

Die Rosenthaler Straße, die vom Hackeschen Markt bis zum Rosenthaler Platz viele Freiflächen bot, ist ein Schwerpunkt der Hotel-Aktivitäten. Da eröffnet demnächst an der Ecke Auguststraße das Hotel „Amano“ mit 115 Zimmern und 38 Appartements. Oder das Casa Camper gegenüber der SAP-Zentrale an der Ecke Weinmeisterstraße, kaum als Hotel zu erkennen im nüchternen Geschäftshausstil. Da ist der „auf alt“ gemachte Hotelbau „The Circus“ am Rosenthaler Platz, ein mittleres Haus mit 60 Zimmern und einem Hostelbereich (Übernachtung ab 19 Euro im Achtbettzimmer) und zufriedenen Besuchern, wie das Gästebuch bestätigt. „Super, Super – nur der Straßenlärm“, schreibt eine Familie aus Essen. Der gehöre nun mal zur Großstadt, sagt der Mann an der Rezeption und freut sich über die neue Hotelmeile ringsum. Berlin könne noch viel mehr Betten verkraften.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, an der Ecke Brunnenstraße, will 2010 das „All Seasons“ eröffnen. Auf dem Bauschild ist zu lesen: „Freuen Sie sich auf ein originelles Design in 145 Zimmern.“ Noch vor drei, vier Jahren stand nördlich vom Alexanderplatz das Ibis an der Prenzlauer Allee fast allein auf weiter Flur. Dieser Tage bietet es Preise ab 56 Euro. Rund 25 größere und kleinere Projekte sind gerade in der ganzen Stadt im Bau, über 100 sollen in der längerfristigen Planung sein. Der Schwerpunkt liegt in Mitte. Und hier wird es enger: Da wird am „Soho House“ an der Torstraße gearbeitet, dem einstigen „Haus der Einheit“, da entsteht an der Ecke Otto-Braun-/ Mollstraße, wo einst das „Mehlschwalbenhaus“ stand, bis zum zweiten Quartal 2010 ein Etap-Hotel; der Zimmerpreis wird schon mit 49 Euro angegeben. An der Karl-Liebknecht-Straße ist ein Plattenbau abgerissen worden, um Platz für zwei Hotels zu schaffen, unter anderem ein Ramada. Rund 600 Zimmer wird es insgesamt geben. Die Häuser sollen 2011 eröffnen.

Schon in diesem Sommer geht das „Leonardo Royal Hotel Berlin“ an der Otto-Braun-Straße auf den Markt, von außen recht unscheinbar in ein ehemaliges Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1956 eingearbeitet, Vier-Sterne-Plus mit 345 Zimmern und Suiten. Bis Ende 2010 will sich die Hotelkette Leonardo auch in Mitte, gleich beim Berliner Ensemble, in einem Neubau einrichten. In dieser Kategorie werden in Berlin durchschnittlich 150 Euro pro Übernachtung verlangt – im Vergleich mit anderen Weltstädten ist das günstig.

Vier Sterne wird es im „Barcelona“ an der Grunerstraße geben, an der Panoramastraße in der Nähe des Fernsehturms ist ein Hotel in Planung, auch an der Alexanderstaße neben dem Einkaufzentrum „Alexa“, am Spittelmarkt wird ein weiteres „Motel One“ gebaut, das „Cosmo“ zieht in ein fertiges Haus. In Berlin sind mehr Hotelzimmer als Wohnungen in Planung. Hotels, sagt Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD), seien aus städtebaulichen Gründen „wegen ihrer urbanen, sympathischen Nutzung willkommen“. Aber wegen des großen Angebots werde es angesichts der geringen Auslastung für die Hotels wohl schwieriger werden. In Manhattan gebe es zwar weniger Hotelzimmer, aber die seien zu 90 Prozent ausgelastet. Christian van Lessen

Christian van Lessen

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