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Tragödie unter Wasser. Eine 38-Jährige erlag vergangen Woche im Potsdamer Schwimmbad ihrer Herzerkrankung.

© Andreas Klaer

Berlin-Brandenburg: Schwere Vorwürfe nach Todesfall in Potsdamer Schwimmbad

Nach dem Tod einer Frau im Potsdamer Schwimmbad blu werfen Ersthelfer dem Personal Unprofessionalität vor. Strafrechtliche Konsequenzen für die Bademeister hat der Unfall aber nicht.

Potsdam - Der tödliche Unfall im neuen Potsdamer Schwimmbad blu wird trotz massiver Kritik von zahlreichen Augenzeugen am Badpersonal wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen haben. Das sei das vorläufige Ergebnis der Ermittlungen, sagte ein Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft dieser Zeitung am Freitag.

Bei dem Unfall am Donnerstag, dem 2. November, war eine 39-jährige Frau leblos auf dem Boden des Sportbeckens entdeckt worden. Nach Angaben des kommunalen Badbetreibers Bäderlandschaft Potsdam GmbH (BLP), einer Tochter der Stadtwerke Potsdam, war die Frau ohne Hilferufe unter Wasser gegangen. Die Beamtin aus dem Polizeipräsidium Potsdam wurde noch im Bad reanimiert, starb jedoch später im Krankenhaus.

Die Obduktion der Frau habe ergeben, dass „keine Rettungschance“ bestand, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Selbst bei einer Reanimation hätte sie nicht am Leben erhalten werden können, hieß es von Ermittlern. Nach Tagesspiegel-Informationen soll die Frau, Mutter zweier Kinder aus einem Ortsteil von Werder (Havel), eine Vorerkrankung des Herzens gehabt haben und im Bad durch einen Infarkt gestorben sein. Mit dieser Erkenntnis können sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Bademeister – unabhängig von ihrem Agieren – im juristischen Sinne nicht der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht haben.

Umfassende Untersuchung eingeleitet

Unabhängig davon hat der städtische Badbetreiber nun auf die anhaltende Kritik am Agieren der Bademeister reagiert. Die Bäderlandschaft Potsdam teilte am Donnerstag – um 22.41 Uhr – mit, dass man eine „umfassende Untersuchung“ eingeleitet habe. Dafür seien externe Anwälte hinzugezogen worden. „Ziel ist es, so exakt wie möglich zu rekonstruieren, wie die Bergung der inzwischen verstorbenen Frau vonstatten ging“, heißt es in der Mitteilung. Dafür würden die Anwälte mit Zeugen sprechen und „eng mit den Behörden zusammenarbeiten“. Abhängig vom Ergebnis der Untersuchung werde die BLP über mögliche Konsequenzen entscheiden.

Man sei „tief betroffen“ und nehme die Schilderungen „sehr ernst“. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) begrüßte den Einsatz der externen Juristen: „Es ist gut, dass unabhängige Dritte das Geschehen objektiv bewerten.“ Es gehe nicht nur um die Schuldfrage – Teil der Untersuchung solle auch die Frage sein, „wo nachjustiert werden muss, um besser zu werden“, sagte Jakobs, der auch der Gesellschaftervertreter der Stadtwerke ist.

Augenzeugen erheben Vorwürfe

Zunächst hatte das kommunale Unternehmen Bäderlandschaft Potsdam das Verhalten seiner Mitarbeiter verteidigt. Augenzeugen hatten Journalisten am Montag kontaktiert und auf den bis zu diesem Zeitpunkt weder von der Polizei noch vom Badbetreiber veröffentlichten tödlichen Unfall hingewiesen. Und zwar nicht, weil es den Unfall gab – sondern weil, so drückten es zwei Badegäste aus, die sich als Ersthelfer um die Verunglückte kümmerten, das Verhalten der Schwimmmeister derart unprofessionell gewesen sei, das dies öffentlich werden müsse, „nichts beschönigt“ werden dürfe.

Die Schilderungen der Augenzeugen sind dramatisch – und es werden immer mehr. Am Freitag meldete sich mit Claudia F. die Frau zu Wort, die die leblose Schwimmerin am Beckengrund entdeckte. Sie schickte eine fünfseitige Zeugenaussage an die Staatsanwaltschaft. Darin schildert sie, deren voller Name der Redaktion bekannt ist, wie sie gegen 12.20 Uhr die leblose Frau erblickte und zusammen mit einer Freundin um Hilfe gerufen habe.

Die zwei Bademeister hätten an der Längsseite des Beckens auf Stühlen gesessen und sich unterhalten. Das mit vielen Schwimmern gefüllte Becken hätten sie nicht direkt beaufsichtigt. Nach Angaben der BLP besuchten an diesem Tag etwas mehr als 600 Schwimmer das Sportbad.

Zunächst habe ein Badegast die reglose Frau emporgezogen, während einer der Bademeister das Geschehen beobachtete, wie Claudia F. schildert: „Wir fanden es unglaublich, dass er nicht sofort ins Wasser sprang und bei der Bergung half.“ Auch an der Reanimation am Beckenrand hätten sich die Bademeister zunächst nicht beteiligt.

„Rufen Sie einen Arzt!“, hätte sie mehrmals geschrien. Erst dann habe einer der beiden reagiert. Empört hat Claudia F. auch, dass der Badebetrieb während der Rettungsaktion weiterlief, auch ein Schwimmtraining, während Rettungskräfte der Frau am Beckenrand Elektroschocks versetzten. Die Stadtwerke hatten zunächst erklärt, das Personal sei nicht überfordert gewesen.

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