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BERLIN Bücher: Die Stadt vor der Wende

Vor den neunziger Jahren kommen die achtziger. Das ist eine Banalität, nur für das vergangene Jahrhundert beschreibt es ein Dilemma.

Vor den neunziger Jahren kommen die achtziger. Das ist eine Banalität, nur für das vergangene Jahrhundert beschreibt es ein Dilemma. Denn angesichts des gewaltigen Wandels, den die Welt seit 1989/90 erlebte, nimmt sich das Jahrzehnt davor aus, als habe es auf einem anderen Planeten stattgefunden. Dementsprechend ist es im öffentlichen Bewusstsein fast verschwunden. Das ist nicht ganz gerecht, weil es seinen eigenen Rang hat. Das gilt gerade für Berlin, wo dieses Jahrzehnt mit der Ära Weizsäcker begann und überhaupt besser war als sein Ruf. Das Buch von Detlef Stronk, der diese Zeit an exponierter Stelle miterlebt hat, ruft dies ins Gedächtnis zurück. 1981 mit Weizsäcker nach Berlin gekommen, wurde er in dessen Kabinett der jüngste Staatssekretär, stieg unter dessen Nachfolger Eberhard Diepgen zum Chef der Senatskanzlei auf, um nach der überraschenden Wahlniederlage der CDU im Januar 1989 als Deutschlands jüngster Polit-Pensionär in die Wirtschaft zu wechseln. Vor allem dank seiner Zuständigkeit für die komplizierte, fintenreiche Besuchsdiplomatie zur 750-Jahr-Feier bewegte er sich mitten in dem verminten Terrain der damaligen Doppelstadt: Wie sollte bewerkstelligt werden, dass Honecker nach West-Berlin, Diepgen nach Ost-Berlin kommen konnte – was damals, wäre es gelungen, als ungeheurer politischer Fortschritt gegolten hätte. Aber auch sonst ist das Achtziger-Jahre-Berlin eine ergiebige Zeit. Dazu gehören die Anstrengungen, die Wirtschaft der Stadt anzuschieben, die Besuche der Großen der Welt, auch West-Berliner Spezialitäten wie der Kampf ums Lenné-Dreieck und die Antes-Affäre – und, beispielsweise, auch der Beginn der sommerlichen Philharmoniker-Konzerte in der Waldbühne. Stronk beschreibt diese Jahre der geteilten Stadt, die – nur wusste es noch keiner – ein Ende und ein Vorspiel waren, unprätentiös, durchaus mit dem Stolz dessen, der nahe an den Ereignissen und oft auch mittendrin war – als eine Zeit, in der „die Politik mehr Lust als Last“ war. Und von welchen politischen Perioden lässt sich das schon sagen? Hermann Rudolph

Detlef Stronk: Berlin in den achtziger Jahren. Im Brennpunkt der deutsch-deutschen Geschichte. Berlin Story Verlag, 174 Seiten, 19,80 Euro

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