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Ein Buch für den interessierten Laien, reich an Anekdoten und wenig bekannten Details aus Berlins Geschichte.

© promo

Berlin-Bücher: Zwei Bücher über Berlins Menschen- und Erdzeitalter

In einem reich illustrierte Band erzählt Henry Werner die Geschichte Berlins. Und Norbert W. F. Meier gräbt sich durch den Untergrund der Stadt.

Auf so ziemlich allen Weltmeeren gab es berühmte Seeschlachten, im Mittelmeer (Salamis, Lepanto, Abukir), in der Nordsee (Skagerrak), im Atlantik (Trafalgar, Falklandinseln) oder im Pazifik (Midway, Tsushima). Aber auf der Havel? In dieser Pfütze? Und doch, es hat diese Seeschlacht gegeben, im August 1567. Die kriegsführenden Parteien: hier die Doppelstadt Berlin/Cölln, dort Spandau. Eine von oben befohlene Auseinandersetzung, Kurfürst Joachim II. wünschte es so, sich selbst und dem Hofe zum Pläsier, ausgetragen nordöstlich der im Bau befindlichen Zitadelle.

Ein Gefecht ohne Tote, mehr ein Schauspiel, jeder, der von den Booten ins Wasser gestoßen wurde, konnte auf umgehende Rettung zählen. Aber doch nicht so ganz ohne, wie sich tags darauf bei Fortführung des „Kriegs“ zu Lande zeigte. Den Spandauern behagte der ungleiche Kampf, in dem ihnen die Rolle des Verlierers zugewiesen war, überhaupt nicht, so langten sie mit ihren Knüppeln heftiger als abgesprochen zu, selbst Joachim kam in Not und ließ Spandaus Bürgermeister zur Strafe einige Monate im Kerker schmachten.

Später haben Chronisten sich dieses Scharmützels angenommen, Fontane hat es in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ ausgemalt, und nun ist der sogenannte „Knüppelkrieg“ auch noch in dem von Henry Werner im Elsengold-Verlag veröffentlichten Band „Berlin. 1000 Jahre Geschichte“ erzählt worden. In aller Kürze, versteht sich. Wie sich Berliner und Spandauer verkloppt haben, hatte ja für die Entwicklung der Stadt weiter keine Bedeutung, ist nur eine historische Fußnote, aber eine unterhaltsame, und zudem aufschlussreich für den Alltag im 16. Jahrhundert, über das Verhältnis von Fürst und Volk.

Zudem ist die Episode typisch für das Buch. Es richtet sich nicht an die Gemeinde der Historiker, liefert keine neuen Erkenntnisse über den Weg von der winzigen Doppelstadt des Mittelalters zur aktuellen Weltmetropole, stellt aber deren Geschichte dem interessierten Laien solide erzählt dar, entsprechend den großen Entwicklungsschritten in zehn Großkapitel zerlegt, denen leserfreundlich jeweils einige zusammenfassende Seiten vorangestellt sind. Eingeflochten wurden Anekdoten wie die vom Knüppelkrieg, häufig verbinden sie sich mit Hinweisen zu Orten, die heute noch besichtigt werden können, und selbstverständlich gibt es zum Schluss eine ausführliche Zeittafel, die von der slawischen Vorgeschichte der Region bis zum Baubeginn des Humboldt-Forums reicht.

Das Buch entstand in Kooperation mit dem Berliner Stadtmuseum, ihr verdankt es eine üppige Illustrierung. Die Abbildung des Dokuments von 1237, das einen „Symeon, Pfarrer zu Cöln“ erwähnt und als Geburtsurkunde der Stadt gilt, ist selbstverständlich darunter, ebenso die Grabplatte des 1308 gestorbenen Ratsherren Conrad von Belitz, die erste überlieferte Darstellung eines Berliners. Auch der an der Stadtgeschichte Interessierte wird so auf manches ihm zuvor unbekannte Detail stoßen, auch muss man den Band keineswegs von hinten nach vorn durchlesen. Ebenso bietet er sich zum Blättern an, mal diese, mal jene Epoche, bis man irgendwo hängen bleibt, sich festliest, vielleicht sogar Lust bekommt, sich über eine Episode, eine Epoche näher zu informieren, als es in solch einem Übersichtsband naturgemäß nur möglich ist.

So gehört es kaum noch zum Allgemeinwissen, dass die Stadt neben ihrer Hasenheide einst auch einen Kaninchenwerder besaß. Erstere verdankt ihren Namen einem Hasengehege, angelegt 1678 unter dem Großen Kurfürsten, der sich dort gern an der Jagd ergötzte. Die einst auch ohne menschliche Hilfe zahlreich herumhoppelnden Karnickel gaben dagegen der heutigen Pfaueninsel ihren ursprünglichen Namen. Als Kaninchenwerder hatte noch Friedrich Wilhelm II. die Insel 1793 übernommen und zum Liebesrefugium für sich und seine Mätresse Wilhelmine Encke umgewandelt, samt künstlicher Schlossruine. Die wurde leider erst in seinem Todesjahr 1797 fertig. Sein Sohn Friedrich Wilhelm III. hatte mit dem von seinem Vater entdeckten Eiland ganz andere Pläne, siedelte die Pfauen an, dazu allerlei anderes exotisches Getier. Es wurde später zum Grundstock für den Zoo, nur die Pfauen blieben der Insel erhalten. Und die Karnickel.

Henry Werner: Berlin. 1000 Jahre Geschichte. Elsengold Verlag, Berlin. 216 Seiten, rund 150 Abbildungen, 29,95 Euro

1000 Jahre Berliner Geschichte? Ein Klacks gegenüber den 30 000 Jahren, vor denen ein Wollnashorn durchs spätere Neukölln trabte. Es ist nicht sehr alt geworden, der geborgene Unterkiefer zeigt noch Milchzähne. Wer den Band „Berlin Geologie“ von Norbert W. F. Meier zur Hand nimmt, muss sich an Zeitspannen im XXL-Format gewöhnen – und an die Terminologie der Geologen. Der Autor hat sich vorgenommen, die Rolle Berlins innerhalb der Erdgeschichte zu beschreiben, die er erst im Überblick umreißt, bevor er sich Schicht für Schicht durch Berlins Untergrund gräbt.

Ein sehr spezielles Interesse ist hier angesprochen, doch findet der Autor daneben einen zugänglicheren Weg zum Thema, der auch Menschen interessieren könnte, deren letzte geologische Studien in der Buddelkiste stattfanden: Wo kommen eigentlich die Steine her, aus denen Berlin erbaut wurde? Mal daher, mal dorther. Die Granitschale im Lustgarten etwa war ein Findling nahe Finsterwalde, der sich in der Eiszeit aus Südschweden dorthin verirrt hatte.

Norbert W. F. Meier: Berlin Geologie. Über und unter dem Pflaster der Großstadt. Berlin Story Verlag,126 Seiten, 180 Abbildungen, 16,95 Euro

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