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Berlin: Busfahrer verklagt Geiselnehmer Wurm

Der verurteilte Häftling soll 25.000 Euro zahlen - Prozess beginnt am Mittwoch im Landgericht

Dieter Wurm steht wieder vor Gericht. Der Mann, der im Jahr 2003 einen Bus der BVG entführt hatte, soll jetzt zahlen: Schmerzensgeld an den Fahrer des Busses, den der Entführer damals vier Stunden in seiner Gewalt hatte. Und so wie Dieter Wurm alias „Der Skorpion“ zu den prominentesten Kriminellen der vergangenen Jahre gehört, ist auch der Anwalt des Busfahrers ein Medienstar: Gregor Gysi. Der PDS-Politiker will vom 49-jährigen Wurm 25 000 Euro Schmerzensgeld einklagen. Dies bestätigte Gysi am Sonntag. Begründung: Sein Mandant Mario G. leide bis heute an den Folgen der Geiselnahme, sei berufsunfähig. Dies habe erst jetzt ein Gutachten ergeben, begründete Gysi die späte Klage. G. könne seit dem Überfall bei der BVG nicht mehr als Fahrer eingesetzt werden.

Am 11. April 2003 hatte Mario G. am Steuer des 185ers in der Schloßstraße in Steglitz gesessen, in den Wurm nach einem Banküberfall sprang. Mit einem Komplizen hatte er 5000 Euro in der Commerzbank erbeutet. Während der Komplize spurlos im Gewühl der Schloßstraße verschwand, ließ sich Wurm eine Stunde lang durch die Stadt fahren. An roten Ampeln durften die meisten Fahrgäste aussteigen. Am Sachsendamm stoppte dann das SEK den Bus, in der Verwirrung gelang Mario G. die Flucht aus dem Fenster. Nach dreistündigen Verhandlungen wurde Wurm durch zwei Schüsse in die Schulter kampfunfähig gemacht und vom SEK überwältigt. Die übrigen Geiseln wurden unverletzt befreit. 2004 wurde Wurm zu elf Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Reichtümer dürften bei Wurm, der den größten Teil seines Lebens hinter Gittern verbracht hat, kaum zu holen sein. Doch das stört Rechtsanwalt Gysi nicht. Die Klage auf Schmerzensgeld sei für ihn „selbstverständlich“, sagte Gysi, verhandelt wird am Mittwoch vor dem Landgericht. Justizexperten vermuten, dass der Anwalt sich den Schadensersatz letztlich vom Land holen will. Eine Justizsprecherin wollte dazu gestern keine Stellungnahme abgeben.

Eine Tätowierung hat Wurm den Spitznamen „Skorpion“ eingebracht. Mehrfach ist er wegen Bankraubes und räuberischer Erpressung verurteilt worden. Als Motiv hatte er immer Geldmangel angegeben – ungeschoren kam er nie davon. 1988 hatte er einen eintägigen Hafturlaub genutzt, um mit einer Maschinenpistole in die nächste Bank zu marschieren. 25 000 Euro – die konnte sich Wurm in den letzten Jahrzehnten im Knast wohl kaum verdienen.

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