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Die letzte Kugel. Das berühmte „Mövenpick" war fast 30 Jahre lang eine der bekanntesten Adressen im Haus, schloss aber im Januar 2014.

© Imago

Berlin-Charlottenburg: Das Mövenpick schließt

Am heutigen Sonntag schließt das alte Mövenpick im Europa-Center. Die Tische sind voll, Berlin nimmt Abschied. Lust noch mal vorbeizuschauen? "Bis 18 Uhr haben wir geöffnet", sagt die Kellnerin. Dann wird umgebaut. Und der Nachmieter steht wohl schon fest.

SALAT ALS TREND

Natürlich war es nie originell, Besucher in ein Kettenrestaurant zu führen. Ganz besonders nicht in der Stadt, die schon lange vor den Sternen berühmt war für ihre vielen Kneipen und Lokale. Das Mövenpick war eine Ausnahme im alten West-Berlin. Die Aussicht war so bestechend, dass man gern Gäste dorthin führte. Hier war schließlich ein Zentrum des Westens der geteilten Stadt. Außerdem war das Speisenangebot damals sehr modern. Die große Salatauswahl war noch nicht so selbstverständlich, das Brunchbuffet beliebt. Starbucks war noch nicht erfunden, an Vapiano noch nicht zu denken. Die Pasta-Kette soll dem Vernehmen nach Nachmieter des Mövenpicks werden.

FÜNF LOKALE IN EINEM

Gut fünf Jahre vor dem Mauerfall wurde das Mövenpick am Freitag, dem 13. August 1984 eröffnet. Aus Zürich reiste der oberste Chef Ueli Prager an, der damalige Wirtschaftssenator Elmar Pieroth dankte allen Beteiligten, dass sie der City neue Impulse gaben, als Prominente vom Dienst waren Bernhard Wicki und Friedrich Schönfelder erschienen. Eigentlich wurden an jenem Freitag fünf Lokale eröffnet, das „Weinrestaurant Caveau“, die „Backstube“, das „Café des Artistes“ mit Galerie und kunstvoller Küche, die „Confiserie“ mit Schweizer Sahnetrüffeln und weiteren Leckerlis für den Außer-Haus-Verkauf und das eigentliche Restaurant mit der Essbar rund um den Koch am Herd.

EWIG NICHT DAGEWESEN

Warum eigentlich nicht? Die Frage kam schon auf, als nach fast 25 Jahren gegenüber von Karstadt am Kurfürstendamm das Marché schloss. In den Anfangszeiten war das Selbstbedienungslokal mit den frisch gepressten Säften und der großen Gemüseauswahl ein Lieblingsrestaurant für die schnelle Alltagsmahlzeit. Irgendwann hörte das auf. Im östlichen Teil der Stadt kitzelten über die Jahre so viele preiswerte Restaurants die Entdeckerlust. Die neue Mitte der Stadt wurde in den 90er Jahren populär. Der Ku’damm und seine Umgebung verloren ihren Star-Status sogar bei manchen eigentlich lokalpatriotischen alten West-Berlinern. Der Horizont hatte sich geweitet, auch kulinarisch.

COMEBACK DES KU’DAMMS

Die Renaissance des alten Westens wurde unter anderem mit der Eröffnung des Waldorf Astoria eingeläutet, das sich ebenfalls in Sichtweite der berühmten Fensterfront des Mövenpicks befindet. Und nach Jahren gab es plötzlich Anlass, das alte Haus mal zu erkunden, um zu sehen, ob es immer noch den Familienbrunch gab, der einst so perfekt war für Mehr-Generationen-Besuch. Und wäre das nicht die perfekte Destination für die alte Dame aus Sachsen, um ihr einen Eindruck von West-Berlin zu vermitteln? „Mütter mögen Mövenpick“, pflegte der sonst so kritische Gourmet-Kollege immer zu sagen. Und das klang durchaus wie ein echtes Kompliment. Elisabeth Binder

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