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Für jeden haben die Macher zehn Tipps parat. Ob Imbiss, Kneipe oder Museum, bis hin zu den besten Bars – wie das Luzia in der Oranienstraße.

© Thilo Rückeis

Berlin City Guide: Die Top Ten der Stadt

Berlin's Best: Die britische Tageszeitung "Guardian" hat einen Berlin City Guide veröffentlicht. So manche Überraschung ist dabei.

Komisch, Karstadt am Hermannplatz ist gar nicht drin. Dabei ist das doch der angesagte Einkaufshotspot für Menschen aus gleich drei Stadtteilen. Neukölln, Kreuzberg und Kreuzkölln. Hat sich offensichtlich noch nicht bis London herumgesprochen. Dort hat das Zentralorgan linksliberaler Intellektueller, die angesehene Tageszeitung „The Guardian“, jetzt online einen Berlin City Guide veröffentlicht. In beliebten Ranking-Kategorien wie Schlafen, Essen, Einkaufen, Nachtleben, Kunst und Draußen, Bücher, Filme sind jeweils „zehn der besten“ Bars, Clubs, Restaurants, Museen, Cafés, Läden und und und aufgeführt. Mit Stadtplanmarkierung, freundlichem Erklärtext und Foto.

Vorher hat der „Guardian“, der bis zum Jahresende pro Monat einen dieser City Guides herausbringt, auch schon London, New York, Paris, Barcelona, Amsterdam und Rom touristenfreundlich aufbereitet. Und jetzt ist endlich auch Berlin dran. Immerhin noch vor Istanbul, Las Vegas und Edinburgh, die folgen sollen.

Bettina Homann, die beim Stadtmagazin „Zitty“ den Überblick über Berlins ganze Angebotsvielfalt hat, findet an der eher gediegen als superneu und aufregend wirkenden Berlin-Auswahl des „Guardian“ nichts zu meckern. Die Auswahl an Tipps – unterm Stichwort „Cheap Eats“ von Klassikern wie der Kreuzberger Hähnchenbratereien „Hühnerhaus“ und „Henne“ bis zum Szenecafé „The Barn“ in Mitte – sei aktuell und vielseitig und böte Touris einen guten Überblick, ohne sie auf komplett ausgelatschte Pfade zu schicken. „Die haben genau die richtigen Berliner Autoren ausgesucht, die in der Szene hier zu Hause sind.“ Beispielsweise Mary Scherpe und Dario Natale vom Blog „Stil in Berlin“.

Dafür spricht, dass sich auch einer in den „Brotgarten“ nach Charlottenburg verirrt hat, wo seit 1978 Berlins erste Vollkornbäckerei residiert. Anette Sipp, eine der sechs Chefs des Ladens, hat allerdings vom internationalen Ruhm, unter Berlins Beste geraten zu sein, noch nichts mitbekommen. „Ist nett“, sagt sie. Und dass neulich auch ein Koreaner im Laden gestanden hätte, der die Bäckerei in einem Reiseführer erwähnen möchte. „Sonst haben wir Stammkunden, nur ab und zu verirrt sich ein Tourist hierher.“ Angst, dass zukünftig marodierende Easyjetter bei ihr „Sourdoughbread“ – also Sauerteigbrot – aus den Regalen reißen, hat sie absolut keine.

Marc Young dagegen fuhr schon ein bisschen der Schreck ins Gebein, als der auf die „Guardian“-Seite guckte. Er ist Chef der Onlinezeitung „The Local“, die Nachrichten aus Deutschland für Englischsprachler aufbereitet. „Ich hab’ mich geärgert, dass die ,Henne‘ drinsteht“, sagt er und fürchtet um seine Ruhe beim Hähnchenessen. Andererseits: „Diese Seite lesen keine Leute, die in Schwärmen auftauchen und Onlinetipps lesen.“ Allerdings strahle ein Tipp des angesehenen und vertrauenswürdigen „Guardian“ auch in die USA oder nach Japan aus.

Modemäßig sind die Macher des City Guides bestens informiert, findet Jessica Weiß, Betreiberin des Modeblogs „Les Mads“. Die Auswahl an Boutiquen und Vintage-Shops sei gut, sie spreche ein jüngeres, trendaffines Publikum an. Genannt werden unter anderem der „Happy Shop“ in der Torstraße in Mitte, „Chelsea Farmer’s Club“ in der Schlüterstraße in Charlottenburg oder „Das neue Schwarz“ in der Mulackstraße in Mitte. Klassiker wie The Corner an der Französischen Straße in Mitte, der Departmenstore im Quartier 206 in der Friedrichstraße? Fehlanzeige. Und das sei auch gut so, sagt Weiß, denn die fände man in jedem konventionellen Reiseführer. Zudem gebe es in diesen Läden Sachen, die ohnehin überall auf der Welt erhältlich sind, auch in Großbritannien.

Ganz anders verhält es sich mit den Clubs, hier stehen die üblichen Verdächtigen auf der Liste: Weekend, Watergate, Cookies und – natürlich – Berghain. Große Namen, an denen kein Berlin-Besucher vorbeikommt, der abends ausgehen will. „Klar ehrt es mich, vom Guardian gelistet zu werden, aber für mich ändert sich dadurch nichts“, sagt Cookies-Betreiber Heinz Gindullis. Die Leute fänden auch so zu ihm. Horden betrunkener Pubcrawler befürchtet er künftig jedenfalls nicht. Ähnlich sieht es das Team vom Berghain. „Wir sind auch so immer voll – auch mit Touristen“, sagt einer der Türsteher. Ständige Aufmerksamkeit sind sie sowieso gewohnt, in aller Regelmäßigkeit landen sie in den unterschiedlichsten Hitlisten, unter anderem im britischen „DJ Mag“, das einmal jährlich die besten Clubs der Welt kürt. Problematisch seien derartige Nennungen nur für Underground-Clubs wie den im Berlin City Guide genannten Picknick in der Dorotheenstraße, glaubt Heinz Gindullis. Warum? „Weil die zum Teil bewusst anonym bleiben wollen und durch solche Auflistungen öffentlich gemacht werden.“

Der Berlin City Guide im Internet: www.guardian.co.uk/travel/series/berlin-city-guide

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