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Berlin: Berlin fällt noch weiter zurück

Schlechte Werte für den Standort – und wenig Hoffnung. Bertelsmann-Studie: Nur eine Fusion hilft

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin und Brandenburg können, jeder für sich allein, als Wirtschaftsstandort keinen Blumentopf gewinnen. Im bundesweiten Vergleich wird die Hauptstadt – in Bezug auf Beschäftigung, Einkommen, soziale und innere Sicherheit – bis 2004 auf den vorletzten Platz abrutschen, sagt die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie voraus. Brandenburg steht in der Länderwertung, die gestern veröffentlicht wurde, nur einen Platz besser da. Hinter beiden Ländern kommt nur noch Mecklenburg-Vorpommern. Die Stiftung rät deshalb dringend zur Fusion. „Nach wie vor hemmen die Landesgrenzen die Entwicklung der Region Berlin-Brandenburg.“

Sollte die Ländervereinigung scheitern, könnte dies nach Einschätzung der Bertelsmann-Studie zu einer Diskussion, „um dritte Lösungen für den Status der Hauptstadt im föderalen System“ führen. Den Brandenburgern wird geraten, sich „aus eigener Kraft für eine gemeinsame Zukunft“ zu entscheiden und nicht zu warten, bis sich die wirtschaftliche und finanzielle Situation beider Länder derart verschlechtert, „dass eine Länderfusion unausweichlich wird“. Geeint hätten Berlin und Brandenburg bessere Chancen, sich im Wettbewerb der Regionen zu behaupten.

Untersucht wurde von der Stiftung, wie die 16 Bundesländer im Standortvergleich dastehen. Berücksichtigt wurden dabei die Arbeitslosigkeit, das Bruttoinlandsprodukt, der Anteil der Sozialhilfeempfänger und die Zahl der nicht aufgeklärten Straftaten. Die Wissenschaftler interessierten sich außerdem dafür, „in welchem Bundesland die Politik besonders aktiv ist, um die Lebensverhältnisse für ihre Bürger positiv zu beeinflussen.“ Die Studie konzentriert sich auf die Jahre 1999 bis 2001 und liefert einen Ausblick bis 2004. Ein erstes „Standort-Ranking“ für 1996 bis 1998 liegt seit längerem vor.

Auf der Woge des Erfolgs schwimmt unangefochten Hamburg; es folgen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen; dann die „Finanznotstands-Länder“ Bremen und Saarland. Inzwischen rücken die Südländer den Hamburgern allerdings auf die Pelle. Berlin liegt im Untersuchungszeitraum 1999 bis 2001 nur auf dem 13. Platz und wird im nächsten Jahr noch hinter Brandenburg und Sachsen-Anhalt zurückfallen. Die miserable Beschäftigungslage in der Hauptstadt wird in der Studie auf die „ehemalige Insellage und die immer noch unzureichende Verflechtung mit dem Umland“ zurückgeführt. Nur mit dem Beschäftigtenanteil in der öffentlichen Verwaltung liegt Berlin weit vorn.

Lobende Worte finden die Wissenschaftler immerhin für das starke Engagement des Senats für die Ausbildungsförderung. Und gleich hinter Hamburg habe Berlin den größten Anteil an Selbstständigen, die auch unterstützt und finanziell gefördert würden. Zukünftigen Entwicklungen komme auch zu- gute, dass Berlin trotz seiner Haushaltsprobleme im bundesweiten Vergleich die höchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung leiste. Die Stadt habe außerdem eine gute Schüler-Lehrer-Relation, einen relativ hohen Anteil an Hochschul- und Fachhochschulabsolventen und eine beachtliche Quote von Studienanfängern. Trotzdem: Nicht nur die öffentliche Hand ist pleite, auch die Berliner haben wenig Geld: Das Einkommensniveau ist mit 23 000 Euro pro Einwohner „klar unterdurchschnittlich“.

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