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Berufspendler am Hauptbahnhof Hamburg

© dpa

Berlin-Hamburg im 30-Minuten-Takt: Bahn drängt Berufspendler zum Zusammenrücken

Die Bahn will doppelt so viele ICEs wie bisher von Berlin nach Hamburg schicken. Ein guter Plan? Nicht für alle. Das Nachsehen haben die Pendler im Berufsverkehr.

Derzeit ist es noch eine Notlösung: Weil die Schnellfahrstrecke nach Hannover wegen des Hochwasserschadens gesperrt ist, leitet die Bahn Züge des Fernverkehrs auch über die Verbindung Richtung Hamburg um. Die Folge: Auf der ohnehin schon sehr belasteten Strecke gerät der Fahrplan durcheinander; fast die Hälfte der Regionalzüge ist nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) zeitweise unpünktlich. Der dichte Zugverkehr mit weiteren Fernzügen soll aber bald die Regel werden. Die Bahn will in Zukunft tagsüber alle 30 Minuten einen ICE zwischen Berlin und Hamburg fahren lassen. Derzeit verkehren die Züge stündlich. Bei einem 30-Minuten-Takt wird es aber eng für den Regionalverkehr.

Seit die Züge die 286 Kilometer lange Strecke in gut 90 Minuten schaffen, der Ausbau für Tempo 230 war Ende 2004 abgeschlossen worden, ist die Nachfrage rasant gestiegen. 10 000 bis 12 000 Fahrgäste zählt die Bahn jetzt täglich. Die Verbindung gehört damit zu den nachfragestärksten Linien im gesamten Netz. In den Zügen gibt es oft kaum noch freie Plätze. Deshalb will die Bahn nach Angaben eines Planers mit dem 30-Minuten-Takt die Zahl der ICE-Fahrten verdoppeln. 2017 soll es so weit sein. Mit der für jenes Jahr vorgesehenen Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Berlin–Erfurt–Nürnberg–München organisiert die Bahn den Fernverkehr von und nach Berlin ohnehin grundlegend um.

Extrem belastet wäre vor allem der Abschnitt zwischen Berlin und Nauen. Fern- und Regionalbahnen sowie der Güterverkehr müssen sich hier die beiden Gleise teilen. Mit der RE 2 (Wismar–Cottbus), RB 10 (Nauen-Hauptbahnhof) und RB 14 (Nauen–Senftenberg) gibt es hier drei Regionalbahnlinien, wobei ab Finkenkrug auch noch die RE 6 (Wittenberge–Spandau) hinzukommt.

Auch die Regionalbahnen sind heute vor allem in den Hauptverkehrszeiten extrem voll. Das Angebot müsste hier deshalb eigentlich erweitert werden. Doch daran sei nicht zu denken, wenn halbstündlich ein ICE anrausche, heißt es bei der Bahn. Im Gegenteil: Wahrscheinlicher sei sogar, dass die Zahl der Fahrten verringert werden müsse. Planmäßig sollen irgendwann die Züge der RE 6 die Gleise dort räumen und von Hennigsdorf statt nach Spandau direkt bis Gesundbrunnen fahren. Aber auch dann bleibt die Strecke ein Nadelöhr.

Pläne, den Abschnitt durch den Bau eines weiteren Gleises für die S-Bahn zu entlasten, sind gescheitert. Die Brandenburger Landesregierung setzt hier ausschließlich auf den Regionalverkehr und lehnt es ab, die S-Bahn von Spandau bis Falkensee oder vielleicht sogar bis Finkenkrug zu verlängern – wie es sich der Senat wünscht.

Von den Plänen der Bahn, den Fernverkehr nach Hamburg zu erweitern, habe man noch nichts gehört, sagte der Sprecher des Infrastrukturministeriums in Potsdam, Lothar Wiegand. Deshalb könne er auch nicht sagen, ob man nun umdenken und doch den Weg für eine S-Bahn-Verbindung frei machen müsse.

Möglich wäre es auch, ein drittes Gleis für den Regionalverkehr zu bauen. Dann gäbe es allerdings im erst 1997/98 eröffneten Bahnhof Spandau kein Durchkommen mehr. Die Kapazität dort reicht nach Angaben von Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb nicht aus, um noch Züge von einem weiteren Gleis in den Bahnhof einfädeln zu lassen. Erforderlich wäre dann ein weiterer Bahnsteig. Auch die Igeb setze sich deshalb für den Weiterbau der S-Bahn ein. Nur mit ihr sei ein stabiler Verkehr im Abstand von 20 Minuten möglich.

Im Havelland stehen sich zwei Lager gegenüber. Das eine setzt ebenfalls auf die S-Bahn, das andere auf den Regionalverkehr, mit dessen Zügen die Berliner Innenstadt schneller zu erreichen ist. Doch das gilt nur bisher.

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