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Berlin: Berlin hat den Dreh raus

Von „Rosenstraße“ bis „Baltic Storm“: Koordinierungsstelle soll noch mehr Filmproduktionen in die Stadt holen

Von

Von Sabine Beikler

und Andreas Conrad

Zumindest in einem hat Berlin als Filmstadt der Konkurrenz den Rang abgelaufen: In keiner anderen deutschen Stadt gibt es so viele Filmdienstleister wie hier. Die dichte Firmenpräsenz bedeutet aber nicht automatisch, dass Berlin auch bei Produktionen vorn liegt. Um weitere Filmprojekte in die Stadt zu ziehen, plant die Senatswirtschaftsverwaltung eine schon oft geforderte „Anlauf- und Koordinierungsstelle“. Sie soll den oft mühevollen Weg zur Drehgenehmigung erleichtern.

Nach einer Befragung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) von 2000 waren in Berlin 76, in München 56, in Hamburg 41, in Köln 39 und in Frankfurt am Main elf Filmdienstleister ansässig, von Tierdressur über Synchronisation und Casting bis Pyrotechnik. Der Filmwirtschaft geht es zwar seither schlechter, doch am Gesamtbild dürfte sich nichts geändert haben.

Laut DIW spielt für die Firmen bei ihren örtlichen Präferenzen neben der Nähe zu Kunden und Lieferanten und dem Reservoir möglicher Mitarbeiter auch die öffentliche Förderung eine wichtige Rolle – in der Gesamtbewertung liegt Berlin hier im Vergleich mit Abstand vorn. Auch hat das Land seinen Anteil für die gemeinsame Förderanstalt Filmboard Berlin-Brandenburg im Haushalt 2003 von 7,5 Millionen auf zehn Millionen Euro aufgestockt, und Berlins Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch hofft, dass Brandenburg seinen Anteil gleichfalls erhöht.

Das dürfte den Abstand zu den Spitzenreitern Nordrhein-Westfalen und Bayern aber nur unwesentlich verringern. Die NRW-Filmstiftung liegt nach wie vor vorn: 2001 betrug ihr Etat 35 Millionen Euro.

Dennoch ist Berlin als Drehort ungemein populär, wie ein kurzer Blick auf die wichtigsten aktuellen Produktionen zeigt. Seit Monatsanfang dreht Margarethe von Trotta in Mitte den Spielfilm „Rosenstraße“, mit Katja Riemann, Maria Schrader und Jürgen Vogel in den Hauptrollen. Der Film schildert die erfolgreichen Proteste nichtjüdischer Frauen gegen die Deportation ihrer Männer im Februar 1943 vor dem Sammellager in der Rosenstraße. Die historischen Szenen werden in Babelsberg gedreht – in den Kulissen von Leander Haußmanns „Sonnenallee“.

Der ist schon wieder bei seinem neuen Film „Herr Lehmann“, mit MTV-Moderator Christian Ulmen in der Titelrolle, eine Art personifiziertes Kreuzberg vor der Wende. Weiter spielen Detlev Buck, Tim Fischer und Katja Danowski mit. Begonnen haben auch Dreharbeiten zu „Baltic Storm“, einem Spielfilm um den Untergang der Fähre „Estonia“, mit dem alten U-Boot-Kommandanten Jürgen Prochnow, diesmal als Anwalt. Bis Anfang Dezember dauern noch in Babelsberg die Dreharbeiten zu „Die Nacht singt ihre Lieder“ von Romuald Karmakar, eine Verfilmung des erfolgreichen Theaterstücks von Jon Fosse.

Doch obwohl man ständig auf Kamerateams stößt – im Ranking der Jahresumsätze des Jahres 2000 bei den TV-Produzenten liegt die Stadt mit rund 388 Millionen Euro nur auf Platz vier – hinter München (577 Millionen), Hamburg (495 Millionen) und Köln (460 Millionen). Um auch hier gegenzuwirken und das Filmgeschäft weiter zu beflügeln, will Wirtschafts-Staatssekretär Strauch nun Berlin zu einem noch „freundlicheren Standort für Filmproduzenten“ machen. Schon im ersten Quartal 2003 soll eine „Anlauf- und Koordinierungsstelle“ in der geplanten One-StopAgency, die der Senat demnächst beschließen wird, ihren Betrieb aufnehmen. „Dort werden dann Dreh- und Sondergenehmigungen für die Filmteams koordiniert“, sagte Strauch dem Tagesspiegel. Bisher mussten Produktionen bis zum ersten Drehtag häufig mühsame Behördengänge unternehmen.

Auch will der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der am Montag anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft nach Los Angeles fliegt, in Hollywood Filmproduzenten treffen und Kontakte für Berlin knüpfen. Ein besonders symbolkräftiger Akt steht dabei auf seinem Programm: die Einweihung des Billy Wilder Square am Sunset Boulevard. (Siehe Stadtleben)

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