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Heute fängt in Berlin wieder der Unterricht an - doch viele Schulen stehen vor erheblichen Problemen.

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Update

Berlin hat Probleme zum Schulanfang: Zu viele Baustellen, zu wenig Lehrer - und auch noch Ratten

In Berlin hat heute für 300.000 Schüler, 30.000 Lehrer und 300 Seiteneinsteiger der Unterricht begonnen. Die Liste der Herausforderungen ist lang. Aber den Ratten in Britz wird jetzt schnell zuleibe gerückt.

Es wurde geschwommen, gesonnt, gefaulenzt, gespielt oder durch die halbe Welt gereist, aber an diesem Montag werden wieder andere Seiten aufgezogen: Büffeln ist angesagt, denn die großen Ferien sind vorbei. Nur die 30 000 Erstklässler dürfen noch bis Sonnabend von ihren Schultüten träumen, und die meisten der 90 000 Berufsschüler haben auch noch etwas Zeit – genau wie einige internationale Schulen, die einen eigenen Ferienrhythmus haben. Ansonsten aber beginnt jetzt der Schulalltag, und dazu gehören dann auch ziemlich viele größere und kleinere Probleme unterschiedlicher Art. Hier eine – unvollständige – Übersicht:

Baustellen

Einige Schulen gleichen Baustellen. Am Neuköllner Albert-Einstein-Gymnasium etwa wurde erst jetzt eine Toilettensanierung begonnen – als die Grundreinigung des Gebäudes bereits abgeschlossen war, berichtet die GEW. Jetzt dürfte der Baustaub vieles ruinieren. An der Steglitzer Goethe-Schule gab es einen Brandschaden, der erst 2015 beseitigt werden kann. Der Baustadtrat rechtfertigt dies mit Versicherungsfragen und einem „jetzt eingetretenen Personalengpass“. Um nur zwei von Dutzenden Beispielen zu nennen.

Lehrermangel

Die tiefere Bedeutung der Bezeichnung „Mangelfach“ wird deutlich, wenn man sich die Liste des „fachfremd“ erteilten Unterrichts ansieht. Zum Beispiel Informatik: An den Sekundarschulen werden zwei von drei Informatikstunden von Lehrkräften erteilt, die das Fach nicht studiert haben. An den Grundschulen konnte man dem Lehrermangel jetzt damit abhelfen, dass 300 Gymnasiallehrer angeworben wurden. Sie haben aber keine Erfahrungen mit kleinen Kindern. Noch schwerer ist es für die Quereinsteiger: Sie unterrichten ab sofort, haben aber meist kaum Ahnung von Didaktik und Pädagogik. Sie brauchen viel Hilfe von den Kollegen, weil sie ihr Handwerkszeug erst allmählich in Seminaren lernen.

Sekundarschulen

Die Angst vor neuen Restschulen unter den Integrierten Sekundarschulen (ISS) geht weiterhin um – besonders unter den ISS ohne gymnasiale Oberstufe. Einige fordern daher eine eigene Oberstufe, um attraktiver für bildungsnahe Familien zu werden. In Kreuzberg hat sich jetzt eine „Elterninitiative für Schulentwicklung SO 36“ gegründet, mit dem Ziel, dass der Senat eine Oberstufe an der Refik-Veseli- Schule bewilligt. Auch an der Humboldt-Schule in Pankow gibt es eine Initiative. Der Direktor der Schöneberger Sophie-Scholl-Schule, Klaus Brunswicker, schlägt vor, allen Sekundarschulen zumindest eine elfte Klasse zu genehmigen, damit es Familien leichter fällt, sich für eine ISS ohne Oberstufe zu entscheiden. Die Schüler könnten dann nach der elften Klasse auf ein Gymnasium wechseln.

Vakante Schulleiterstellen

Grundschullehrer verdienen weniger als ihre Kollegen an Oberschulen. Das führt nicht nur zu einem besonders großen Mangel an Grundschullehrern, sondern auch zu vielen vakanten Stellen an der Spitze der Grundschulen: Es fehlen nicht nur Rektoren, sondern auch ihre Stellvertreter, die für die Stundenpläne unersetzlich sind. Noch ist nicht klar, wie die Bildungsverwaltung dieses Problem lösen kann. Ignorieren kann sie es nicht, weil es kaum noch Studenten im Studiengang für Grundschullehrer gibt.

Technische Aufrüstung

Zu den besonders teuren Baustellen der Stadt gehört das IT-Projekt „eGovernment@school“: Entbürokratisierung, automatisierte Schülerdatei, elektronische Klassenbuchführung – alles sollte möglich werden. Es gibt aber massive Probleme, die der Rechnungshof in einem internen Prüfbericht anprangerte. Die Bildungsverwaltung darf dazu offiziell Stellung nehmen, hat aber um Aufschub gebeten. In den Ferien wurden weiterhin an etlichen Schulen Kabel für die Vernetzung verlegt, aber die Schulen verlieren das Zutrauen in diesen „Fortschritt“.

Förderkinder

Das Wort „Inklusion“ entwickelt sich bei vielen Betroffenen zum Reizwort. Da die konsequente Eingliederung der Schüler mit Förderbedarf aus finanziellen Gründen auf sich warten lässt, wird weiterhin mit knappen Mitteln improvisiert. Das führt dazu, dass über 5000 Kinder mit Lern-, Sprach- und Verhaltensproblemen kaum Zusatzförderung erhalten. Änderung ist 2014/15 nicht in Sicht, wie die Bildungsverwaltung jüngst in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der grünen Abgeordneten Stefanie Remlinger zugab.

Schulessen

Das Schulessen wird seit Februar besser finanziert, aber die geplante Prüfstelle, die die Caterer kontrollieren soll, gibt es noch nicht. Zuletzt war die Finanzierung der Mitarbeiter, die in Pankow angesiedelt sein werden, noch strittig.

Ungeziefer, Tröten und noch mehr Baustellen

An der Britzer Karsen-Schule haben sich die Ratten vermehrt: Sie bewohnen die Hohlräume unter kleinen Hügeln auf dem Schulhof. „Unserem Hausmeister ist eines der Tiere auf die Schulter gesprungen“, erzählt GEW-Sprecher Tom Erdmann, der an der Schule unterrichtet. Er spricht von einem „massiven Rattenbefall“. Jetzt kommen die Kammerjäger und ein Bauzaun wurde auch schon erreichtet. Als nächstes sollen die Hügel verschwinden. Zwar ist das Geld knapp, aber das Hygieneamt sieht keine Alternative und hat das jetzt auch dem Schulamt mitgeteilt. "Die Hügel müssen definitiv abgetragen werden", stellte das Schulamt am Montag klar. Angeblich kommt die Rattenplage aus der Nachbarschaft, wo ein Schuppen abgerissen wurde, in dem die Ratten hausten.

Auch mit der Alarmanlage hat die Karsen-Schule Pech. Der TÜV hat festgestellt, dass die Anlage zu leise ist. Bis die neue Anlage eingebaut ist, sollen „Stadiontröten“ für Notfälle herhalten. Der Auftrag für die neue Anlage sei aber schon erteilt, berichtet Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD).

Die Schule hat überhaupt Pech: Weil mit den neuen Gasleitungen etwas nicht stimmt, gibt es kein warmes Wasser und keine Heizung, und das Dach ist auch undicht, heißt es aus der Schule. Andererseits wurden aber schon zehn Millionen investiert - zuletzt 40000 Euro für die Beschulung eines schwerstbehinderten Kindes, das u.a. einen eigenen Ruheraum braucht.

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