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Berlin: Berlin hat seine Chancen nicht genutzt. Die Region bleibt hinter dem Durchschnitt zurück, SPD-nahe Unternehmer kritisieren den Senat

Die Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg wird sich auch in den kommenden zehn Jahren weniger positiv entwickeln als der Bundesdurchschnitt. Zu diesem pessimistischen Urteil kommt der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung, dessen Vorsitzender, der Empirica-Chef Ulrich Pfeiffer, am Mittwoch in Berlin ein Thesenpapier zur Zukunft der Hauptstadtregion vorgestellt hat.

Die Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg wird sich auch in den kommenden zehn Jahren weniger positiv entwickeln als der Bundesdurchschnitt. Zu diesem pessimistischen Urteil kommt der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung, dessen Vorsitzender, der Empirica-Chef Ulrich Pfeiffer, am Mittwoch in Berlin ein Thesenpapier zur Zukunft der Hauptstadtregion vorgestellt hat. Darin stellt der Kreis, dem deutschlandweit rund 1000 SPD-nahe Unternehmer und Führungskräfte angehören, fest, dass es, den Berlinern, gemessen an der Ausgangssituation 1990, heute wirtschaftlich schon weit besser gehen könnte, wenn es Politiker und Verbände der Region in den vergangenen zehn Jahren vermocht hätten, die Chancen der Region zu nutzen.

Zehn Jahre nach dem Mauerfall, so das Urteil der Unternehmer, sei Berlin noch immer eine Stadt ohne großstädtische Wirtschaftsstruktur. Vergleiche man die Wirtschaftskraft typischer Branchen in deutschen Ballungszentren, so hinke Berlin Städten wie Hamburg und Frankfurt (Main) fast überall hinterher. Nummer eins, so die Experten, sei Berlin nur beim Umfang des öffentlichen Dienstes. Auch die Qualität der Ausbildung, von der Schule bis hin zur Universität, mache Berlin noch immer zu einer Stadt, die sich mit anderen deutschen Großstädten nicht messen kann.

Schuld an der Misere, das ließen sowohl Pfeiffer als auch der Chef der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft, Thilo Sarrazin, durchblicken, sei in erster Linie das Verhalten der Berliner und Brandenburger Politiker. Die große Berliner Koalition habe es "infolge Kompetenzzersplitterung" nicht verstanden, die Aufbruchstimmung der frühen neunziger Jahre zu nutzen, resümierten die Manager. Heute schrecke "jeder Unternehmer, der sich in Berlin ansiedeln will, vor der umständlichen Berliner Verwaltung zurück".

Aber auch den Wirtschaftsvereinigungen und Branchenverbänden in Berlin stellten die Manager schlechte Zeugnisse aus. Deren Handeln sei in jeder Region wichtig für die Ausstrahlung und damit für die Anwerbung von Investoren. In Berlin, so Thilo Sarrazin, verharre das "Verbandswesen oft noch in den Strukturen von vor 1989".

Die Verantwortlichen der Region ermahnten die Manager denn auch, in erster Linie am Erscheinungsbild der Wirtschaftsregion zu feilen. Nur, wenn der Senat seine wirtschaftsfördernden Aufgaben "künftig beherzt" erledige, werde Berlin im Wettbewerb mit anderen Regionen mithalten können. Dazu zählte die Konzentration der Förderung auf wesentliche Branchen, die Verbesserung des Bildungs- und Qualifizierungsangebotes und die professionellere Außendarstellung. Das alles, sagte Sarrazin, "kostet kein zusätzliches Geld, es ist eine Mentalitätsfrage".

Auch der Verband der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg beurteilte am Mittwoch die Zukunft Berlins mit "gedämpftem Optimismus". Zwar habe es in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Neugründungen gegeben, wie etwa den Ch.-Links-Verlag, Rowohlt Berlin oder Schwarzkopf & Schwarzkopf, sagte der Verbandsvorsitzende Dietrich Simon. Zugleich sei aber diese verlegerische Präsenz nicht durch Kapitalzufluss gedeckt. Die Verlage hätten ihren Sitz meist außerhalb Berlins. Dies sei ein großes Problem. Simon ist Chef des Verlags Volk & Welt, dessen Sitz jetzt nach München verlegt wird.

Rainer Nitsche vom Transit Buchverlag machte vor allem die Banken in der Hauptstadt für die derzeitige Situation verantwortlich. Seitdem über die Abschaffung der Buchpreisbindung diskutiert werde, hätten die Banken offenbar registriert, dass viele kleine und mittlere Unternehmen der Branche bedroht seien. Die Berliner Banken seien jetzt "kontrollwütig" und überhaupt nicht risikofreudig. Den Verlegern und Buchhändlern würden "Knüppel zwischen die Beine geworfen". "Das derzeitige Klima ist nicht geeignet, in Berlin etwas zu riskieren", sagte Nitsche.

asi

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