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Berlin: Hundeattacke gegen Siebjährigen

Boxermischling verletzte Jungen zu Hause schwer. Grüne: Führerschein für Halter überfällig.

Ein siebenjähriger Junge ist am Sonntagnachmittag in der Lichtenberger Wohnung seiner Eltern von einem Hund angegriffen und gebissen worden. Das Kind erlitt schwere Verletzungen im Gesicht und an den Armen und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand der Polizei saß der Junge mit dem Lebensgefährten seiner Mutter auf der Couch und schaute fern, als der Hund offenbar ohne ersichtlichen Grund auf den Jungen zusprang und diesen mit Bissen attackierte.

Der Hund wurde von der Polizei ins Tierheim gebracht. Halter des Boxermischlings ist der 32-jährige Lebensgefährte der Mutter, der noch versucht haben soll, das Kind vor den Bissen des Tieres zu schützen. Trotzdem wurde der Junge schwer verletzt und musste notoperiert werden. Akute Lebensgefahr bestand aber nicht, sagte ein Polizeisprecher. Dem Jungen steht nun ein längerer Klinikaufenthalt bevor. Durch die Bisse wird der Siebenjährige nach Angaben der Ärzte dauerhaft große Narben im Gesicht zurückbehalten. Zudem besteht bei Wunden durch Hundebisse ein hohes Infektionsrisiko.

Alexander Hermann, tierschutzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, ist schockiert über den Vorfall. „Der Fall zeigt auf tragische Weise, dass die derzeitigen Regelungen durch eine starre Rasseliste nicht ausreichen, um die Bürger und insbesondere Kinder wirksam zu schützen“, sagte Hermann. Vor einer Woche hatte die rot-schwarze Koalition angekündigt, dass die umstrittene Rasseliste mit gefährlichen Hundearten abgeschafft werden soll. Zudem wird über die Einführung eines Hundführerscheins nachgedacht. Ein konkreter Termin steht allerdings ebenso wenig fest wie ein konkreter Plan für die Neuregelung des Hundegesetzes.

Claudia Hämmerling geht das alles nicht schnell genug. Die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen fordert seit Jahren die Abschaffung der Kampfhundeliste und sieht sich durch den aktuellen Fall erneut bestätigt. Es sei bekannt, dass gerade einmal fünf Prozent der Bissvorfälle auf gelistete Rassen zurückgeht, sagte die Politikerin. Auch der Junge aus Lichtenberg konnte durch die Liste nicht geschützt werden, kritisiert die Hundeliebhaberin. Ihr persönlicher Fall zeige, wie willkürlich die Bestimmungen seien. Sie selbst besitzt eine drei Jahre alte Amstaff-Bullterrier-Hündin aus dem Tierheim. Weil die Rassenlisten zwischen den einzelnen Bundesländern variieren, müsse ihr Hund in Brandenburg einen Maulkorb tragen, in Berlin dagegen nicht. „Das ist doch absurd“, ärgert sich Hämmerling. Deshalb stellte sie am Montag einen eigenen Gesetzesentwurf für den neuen Hundeführerschein vor. Die Grünen wollen die Regierungskoalition damit unter Druck setzen. Die Einführung einer Führerscheinpflicht für Hundehalter würde das Risiko für Vorfälle wie den traurigen Fall aus Lichtenberg erheblich vermindern, meint Hämmerling.

Tatsächlich bestätigen Statistiken, dass sich zwei Drittel aller Beißattacken im häuslichen Bereich ereignen. Einen Maulkorbzwang für Kampfhunde gebe es dort nicht. „Häufig sind es hektische Bewegungen oder ignorierte Warnsignale, die zu Übergriffen führen“, erklärte Lars Thiemann, zertifizierter Hundetrainer aus Berlin. Seit 1994 erstellt er Gutachten zur Gefährlichkeit von Hunden. „Aggressivität ist ein normales Sozialverhalten bei Hunden. Wenn es allerdings zu Übergriffen wie in Lichtenberg kommt, müssen gravierende Fehler im Umgang mit dem Tier gemacht worden sein“, meint der Hundeexperte. Halter sollten sich beraten lassen, wenn es Anzeichen für aggressives Verhalten gebe. Auch deshalb fordert er den Hundeführerschein.

In Lichtenberg kamen diese Hinweise zu spät. Jetzt muss der Amtstierarzt entscheiden, ob der Boxermischling eingeschläfert wird. Gegen die Mutter und ihren Lebensgefährten wird wegen des Verdachts auf Verletzung der Fürsorgepflicht und der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt.

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