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Berlin: Berlin ist doch fast wie New York

Steffen Kopetzky hat das Broadway Stück „Fully Committed“ nicht nur übersetzt – er hat die Handlung nach Berlin verlegt

Er ist ein Hund, auf den alle eintreten. Sami ist arbeitsloser Schauspieler mit Diplom und verdient sich seinen Lebensunterhalt in der telefonischen Reservierungsannahme des am heißesten umkämpften Restaurants der Stadt. Er muss sich herumkommandieren lassen von seinen Chefs und anmachen lassen, wenn die Gäste der High Society oder MöchtegernHigh-Society einen Tisch – ach was, ihren Tisch – haben wollen. Das ist der Rahmen für die Handlung des Ein-Personen-Stücks „Fully Committed“, das in New York jahrelang große Erfolge feierte, zunächst in der Off-Szene, dann am Broadway. Jetzt kommt das Stück nach Berlin. Premiere ist morgen in der Bar jeder Vernunft. Es wird nicht nur in Deutsch gespielt (Neuer Titel: „Völlig ausgebucht“), die Handlung wird auch nach Deutschland verlegt. Es sieht alles sehr nach Berlin aus, auch wenn der Name der Stadt nie fällt.

Steffen Kopetzky hat das Stück nicht nur ins Deutsche übertragen, er hat auch an der Handlung gefeilt. Ein anspruchsvoller Job. Denn eine High-Society, wie sie im Original skizziert wird, gibt es in dieser Form in Berlin nicht. Und ein Restaurant, in das jeder gehen will, man aber nicht immer einen Tisch bekommt – nun ja, man muss schon lange nachdenken, ob es dafür ein Berliner Pendant gibt. „Der Ort der Handlung hat Ähnlichkeit mit dem Borchardt“, sagt Kopetzky und hat kein Problem damit, dass dieser Berliner Ort auf einer Berliner Bühne vielleicht nicht authentisch genug ist: „In New York war das Restaurant auch kein realer Ort, sondern eine Inszenierung.“ Das Gleiche passiere jetzt in Berlin.

Ein Edel-Restaurant wie in Helmut Dietls Film „Rossini“, in dem sich die Münchener Schickeria traf, das wird es nicht sein. Statt der Gäste aus dem Mittleren Westen und Kuwait kommen ins Berliner Lokal ein sächsischer Baulöwe oder „merkwürdig solvente Leute aus Bukarest“ (Kopetzky). Erkennbar sollen nur zwei Promis sein: Dieter Bohlen und Bernd Eichinger. Sie heißen im Stück zwar anders, aber jeder weiß, wer gemeint ist. Und ansonsten gebe es, sagt der Autor, doch viele Parallelen zwischen New York und Berlin. Vor allem „die hohe Dichte arbeits- und glückloser Schauspieler, die hier bleiben, weil sie denken, dass sie anderswo noch weniger Chancen haben.“ Einer von ihnen ist der Protagonist des Stücks.

Ein festes Bild der Berliner Gesellschaft, das er hätte skizzieren und übertragen können, hat er (zuletzt erschien von Kopetzky „Grand Tour“, Eichborn-Verlag) nicht. Szene-Lokale und Promis sind ihm relativ gleichgültig. „Für mich ist die wahre Prominenz ein Bürgertum, das sich für das Gemeinwohl verantwortlich fühlt.“

Doch die kommen nicht in dieses Restaurant. Die schauen sich das Stück an. oew

„Völlig ausgebucht“ bis 1. Juni in der Bar jeder Vernunft. Karten: 8891582

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