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Steiles Gehäuse. Im Rathaus Köpenick will man es nicht zu bunt treiben. Deshalb soll jetzt das Fotoklub Forum Berlin nach mehr als 20 Jahren nicht mehr dort stattfinden.

© Imago/Imagebroker

Berlin-Köpenick: Keine Aktfotos mehr im Rathaus

In Treptow-Köpenick gibt es wieder Diskussionen um die Grenzen von Kunst. Der Bezirk will keine Aktfotos im Rathaus zeigen. Die Gesellschaft für Fotografie spricht von Zensur.

Was künstlerische Freiheit ist, darüber wird in Treptow-Köpenick derzeit heftig gestritten. Erstmals nach mehr als 20 Jahren werden die Werke des Fotoklubs Forum Berlin nicht im Rathaus Köpenick ausgestellt. Die Bezirkskulturstadträtin Cornelia Flader (CDU) erklärte in einer Mitteilung vom vergangenen Freitag, das Haus vor „Aktfotos, Gewaltdarstellungen und Schockwerbung“ schützen zu wollen – woraufhin die Organisatoren von der Gesellschaft für Fotografie (GfF) die Zusammenarbeit mit dem Bezirk beendet hätten. GfF-Präsident Hans-Jürgen Horn begründete diesen Schritt mit neuen Bedingungen des Bezirksamtes für das Fotoklub Forum.

Die GfF richtet das Forum jedes Jahr aus, viele Berliner Vereine reichen Arbeiten ein. Die GfF nimmt selbst keine weitere Auswahl vor.

Keine Nackten wegen "religiöser Gefühle"

Im vergangenen Jahr geriet das Rathaus Köpenick in die Kritik, als Mitarbeiter Aktfotos abhängten, die Teil des 22. Fotoklub Forums waren. Damals erklärte Kulturamtsleiterin Annette Indetzki, dass die Bilder die religiösen Gefühle von Menschen mit Migrationshintergrund verletzen würden. Solche Beschwerden hatte es aber gar nicht gegeben, wie sich kurz darauf herausstellte. Bei der Bezirksverordnetenversammlung im September vor der Wahl entschuldigte sich der damalige Bezirksstadtrat Michael Vogel (CDU) öffentlich dafür. „Wir dachten, alles wäre wieder in Ordnung“, erinnert sich Horn. „Kunst soll schließlich auch streitbar sein.“

Ein Zensurdiktat für die Ausstellung?

Am 2. März hätte das nächste Fotoklub Forum stattfinden sollen. Vor rund drei Wochen erhielt die GfF einen Brief der neuen Bezirksstadträtin Flader. In dem mit „Vereinbarung“ übertitelten Schreiben werden laut Hans-Jürgen Horn Bedingungen gestellt, die fortan für das Fotoklub Forum im Rathaus gelten sollen – und zwar per Vertrag. Stadträtin Flader begründete das mit dem Kinder-, Jugend und Arbeitnehmerschutz, der Vorrang hätte. Nach Auffassung des Kulturamtes sollte zeitgenössische Kunst „auf jeden Fall kuratiert werden“. Die Beiträge des Fotoklubs wären am kommenden Wochenende eingegangen.

Laut Horn sollten sie vor dem Beginn des Forums geprüft werden. Was nicht zu den Vorstellungen des Bezirksamts passt, würde abgehängt. „Das ist keine Vereinbarung. Das ist ein Diktat und wir lehnen es ab“, sagt Horn. Die GfF teilte dem Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) am 12. Februar mit, dass sie einen solchen Vertrag nicht unterschreiben werde – für das Bezirksamt ist das eine Absage an kommende Ausgaben des Fotoklub Forums.

Eine jahrelange Zusammenarbeit geht zu Ende

In ihrer Stellungnahme zu dem Eklat spricht Bezirksstadträtin Flader von „zahlreichen Auseinandersetzungen“ mit der GfF. Hans-Jürgen Horn ärgert es, dass die Bezirkspolitik „Aktfotos und Gewaltdarstellungen in einen Topf“ werfe. „Das ist ziemlich mutig von einer Bezirksstadträtin für Kultur.“ Er könne nicht verstehen, wie mit Menschen umgegangen werde, die sich dem Projekt seit Jahren ehrenamtlich widmen. Ein Anwalt der GfF überprüfe nun das „Vereinbarungsschreiben“.

Die Gesellschaft sucht derweil nach einem alternativen Ausstellungsort und einem neuen Termin für das 23. Fotoklub Forum. Cornelia Flader bietet schon mal die kommunale Galerie des Bezirks an.

Lotta-Clara Löwener

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