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Das neue Hotel Orania am Oranienplatz in Berlin Kreuzberg stößt nicht bei allen Anwohnern auf Gegenliebe.

© Mike Wolff

Berlin-Kreuzberg: Ein Plan gegen die Touristifizierung

Nicht das einzelne Hotel „Orania“ ist schuld an steigenden Mieten, aber unbedeutend ist das Projekt trotzdem nicht. Ein Gastbeitrag von Kreuzbergs Baustadtrat.

„Aktivist im Amt“ – unter diesem Titel hatte Tagesspiegel-Redakteur Bernd Matthies am Dienstag den Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), kritisiert. Ausgangspunkt war Schmidts Twitter-Kommentar zum neuen Hotel „Orania“ am Oranienplatz: „Berlin braucht einen Hotelentwicklungsplan – leider zu spät für den O-Platz“. Nun antwortet der Stadtrat.

Wer anlässlich des kleinen Luxushotels am Oranienplatz einen Hotelentwicklungsplan fordert, ist ein Sozialneider und meint, die Aufwertung von Wohnquartieren durch das Unterdrücken von Lebensqualität zu verhindern. Diese bornierte Einstellung wird als die eines Aktivisten und politischen Quereinsteigers im Amt des Baustadtrats identifiziert. Besonders plausibel klingt das, zumal die langgediente grüne Bürgermeisterin das mit dem Orania-Hotel positiv zu sehen scheint.

Die kleine Abrechnung speist sich einzig aus zwei Tweets. Antworten möchte ich darauf nicht mit Kontrarhetorik, denn es geht mir um die Sache. Was mein proklamiertes Aktivistentum betrifft: Um neuen Wind in die Politik zu bringen, braucht es Quereinsteiger, die eine politische Gestaltungskraft antreibt und die andere Engagierte mitnehmen. Dass der Kampf um bezahlbare Räume in Friedrichshain-Kreuzberg als reiner Abwehrkampf wahrgenommen wird, hängt auch damit zusammen, dass viele Bauprojekte neuen Typs zurzeit sorgfältig vorbereitet werden.

Luxus und soziale Vielfalt

Das Orania ist nicht eine Hotelkette, ist nicht 0815, sondern von Engagement getragen. Das ist positiv. Auch ist es gut, dass es von ausgeprägtem Geschmack innen und außen getragen ist. Und doch ist es Teil einer Stadtraumproduktion, die die Bodenpreise nach oben treibt, die eine sehr zahlungskräftige Klientel weiter an Kreuzberg heranführt und die abstrahlt auf die Gewerbe- und Mietenstruktur in der Umgebung, um die in den letzten Monaten mit herzzerreißendem Engagement erfolgreich gekämpft wurde, damit kleine Familienbetriebe bleiben konnten. Die Betreiberin eines geretteten Spätis hat am Eröffnungstag gleich Kontakt zum Hotelbetreiber gefunden. Wenn dieser andauert – wunderbar. Bei der nächsten Kampagne für einen von Verdrängung bedrohten Gewerberaum ist das Orania vielleicht dabei. Denn die soziale Vielfalt mache den Kiez aus, das bejahte mir gegenüber auch der Hotelbetreiber.

Um eine Touristifizierung in den Griff zu bekommen, könnte ein Hotelentwicklungsplan Abhilfe schaffen, wie er in Hamburg und Barcelona beschlossen ist. Der Bezirk hätte dann die Wahl gehabt, ob er ein Hotel am Oranienplatz möchte oder nicht. Dem einzelnen Projekt ist die Gentrifizierung nie vorzuwerfen. Aber so zu tun, als wäre der Einzelfall unbedeutend, geht auch nicht.

Florian Schmidt

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