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Urbankrankenhaus

© Kai-Uwe Heinrich

Berlin-Kreuzberg: Tolle Adresse

Der Altbau des Urbankrankenhauses in Kreuzberg wird verkauft. Anwohner haben eine Bietergemeinschaft gegründet und wollen in den denkmalgeschützten Bauten Wohnungen errichten.

Hohe Bäume rauschen, Wege schlängeln sich durchs parkähnliche Gelände zwischen alten zwei- und dreistöckigen Häusern aus Ziegelstein. Es gibt einen Turnsaal im Hof, ein Kesselhaus mit Schornstein und ringsum schöne, alte Fassaden mit zuweilen sehr hohen Fenstern, hinter denen sich aber wenig tut. Ein kleines Idyll, das verschlafen, fast verlassen wirkt. Der Verkehrslärm ist – mitten in Kreuzberg – kaum zu hören. Häufiger das Sirenengeheul der Notarztwagen.

Das Altbau-Ensemble an der Urban-, Grimm- und Dieffenbachstraße soll verkauft werden. Es gehört zum Urbankrankenhaus des Klinikkonzerns Vivantes. Hier war unter anderem die Psychiatrische Tagesklinik untergebracht, hier arbeitet auch noch die Psychiatrische Klinik sowie die Personalbetreuung von Vivantes, aber die Häuser leeren sich bis spätestens zum Frühjahr 2009. Zum denkmalgeschützten Altbautrakt gehören 19 Gebäude, um die sich die private Bietergemeinschaft „Am Urban“ beworben hat. Sie setzt sich nach eigenen Angaben vor allem aus Anwohnern der Nachbarschaft zusammen, vielen jungen Familien. Aber entschieden ist nach Auskunft von Vivantes noch nichts. Dem Vernehmen nach ist an dem Gelände auch ein „Großinvestor“ interessiert.

Die Bietergemeinschaft will für das rund 26 000 Quadratmeter große Gelände einen „zweistelligen Millionenbetrag“ zahlen. Banken wollten bei der Finanzierung helfen. Jeder Bieter der Gemeinschaft sei verpflichtet, 120 Prozent seines Kaufpreisanteils nachzuweisen, die Mehrzahlung werde mit den Sanierungskosten für die Häuser verrechnet. Die rund 50-köpfige Bietergemeinschaft will das gesamte Areal für verschiedene Baugruppen aufteilen. Aus den alten Krankenhausbauten sollen, abgestimmt mit dem Denkmalschutz, Eigenheime verschiedener Art geschaffen werden, etwa Townhouses oder normale Etagenwohnungen. Es werde – wenn es dazu kommen sollte – für alle Altersgruppen und barrierefrei gebaut, Platz für betreutes Wohnen und für Jugendwohnprojekte sei ebenfalls geplant.

Das Gelände würde als autofreie Anlage für Wohnen und für „verträgliches Gewerbe“ umgebaut, die Architektur- und Planungsbüros Graetz und Meibohm haben Entwürfe mit Grundrissen ausgearbeitet. Mary-France Jallard-Graetz, Mitglied der Bietergemeinschaft, rechnet mit rund 140 Wohnungen, die hier entstehen könnten. Die Fassaden und die Grundrisse der Gebäude sollen grundsätzlich erhalten bleiben, ein Bunker im mittleren Geländebereich könnte weichen, um Platz für eine Grünanlage und einen Spielplatz zu schaffen. Rund 500 Anfragen habe es schon gegeben, das Interesse sei groß, sagen die Initiatoren. Neben der „soziokulturellen Nutzung“ wolle man vor allem Einzelparteien den Erwerb einer 100-Quadratmeter-Wohnung für bis zu 220 000 Euro ermöglichen „und entsprechend viele Einwohner aus dem Stadtteil und aus Kreuzberg ansprechen.“ Das Potenzial sei vorhanden, versichert die Bietergemeinschaft. Mit dem Projekt sollten die Gegend stabilisiert und junge Familien in Kreuzberg gehalten werden, auch vor dem Hintergrund problematischer Schulstandort-Entwicklungen.

Vivantes habe beim Verkauf des Geländes „erheblichen Einfluss auf die zukünftige soziale Entwicklung des Graefekiezes“, heißt es bei den Bietern. Astrid Zawodniak vom Klinikkonzern will sich zum aktuellen Stand des Bieterverfahrens aber nicht äußern. Mit einem Verkauf des Areals wird in absehbarer Zeit gerechnet. So könnten die alten Klinikgebäude, zwischen 1887 und 1890 errichtet, schon im nächsten Jahr – schrittweise – zu neuem Leben erweckt werden.

Weiteres im Internet: www.am-urban.de.

Christian van Lessen

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